Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Uniper: Warum der Staat den Gashändler Uniper mit Milliardensummen rettet

Uniper

Warum der Staat den Gashändler Uniper mit Milliardensummen rettet

    • |
    Bundeskanzler Olaf Scholz hat seinen Urlaub unterbrochen, um über den Uniper-Deal zu informieren.
    Bundeskanzler Olaf Scholz hat seinen Urlaub unterbrochen, um über den Uniper-Deal zu informieren. Foto: Bernd von Jutrczenka, dpa

    Fast auf den Tag genau vor zehn Jahren prägte der damalige Chef der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, einen Satz für die Geschichtsbücher. Der Euro stand damals auf der Kippe, nachdem mehrere Mitgliedsländer dem Staatsbankrott entgegen taumelten. Man werde die gemeinsame Währung retten, versprach Draghi und fügte mit reichlich Pathos hinzu: „Whatever it takes“ – koste es, was es wolle. Am Freitag hat Deutschland einen neuen „Whatever it takes“-Moment erlebt.

    Bundeskanzler Olaf Scholz unterbrach seinen Urlaub im Allgäu, um zu verkünden, dass der Staat den Gashändler Uniper mit bis zu 15 Milliarden Euro vor dem Kollaps retten will. Das Unternehmen ist laut Scholz von „überragender Bedeutung“ für die Energieversorgung in Deutschland. Tatsächlich beliefert es mehr als 100 Stadtwerke und Industriebetriebe mit Gas. In der Weltfinanzkrise, die schließlich in Draghis dramatischem Euro-Rettungsversprechen mündete, wurde für solche Unternehmen der Begriff „systemrelevant“ erfunden. Damals stieg der Staat bei den wankenden Finanzriesen Hypo Real Estate und Commerzbank ein, um einen Zusammenbruch des Bankensystems mit unkalkulierbaren Kettenreaktionen zu verhindern.

    Nun will sich der Bund mit rund 30 Prozent an Uniper beteiligen und über die staatliche Kfw-Bank weitere Milliarden in Form von Darlehen oder zusätzlichem Eigenkapital zur Verfügung stellen.

    Uniper machte zuletzt jeden Tag einen Millionenverlust

    Der Krieg in der Ukraine ließ das Geschäftsmodell von Uniper implodieren. Etwa die Hälfte des importierten Gases bezog die frühere Eon-Sparte, die heute mehrheitlich einem finnischen Energiekonzern gehört, bis vor kurzem aus Russland. Seit Wladimir Putin die Lieferungen massiv gedrosselt hat, muss Uniper teures Gas an der völlig überhitzten Energiebörse zukaufen, um seine Verpflichtungen gegenüber den eigenen Kunden einhalten zu können.

    Unter dem Strich steht ein riesiges Verlustgeschäft, denn in den Lieferverträgen mit Firmen oder Stadtwerken hat Uniper die Tarife meist langfristig festgeschrieben – weit unter den aktuellen Marktpreisen. Der Gashändler mit Sitz in Düsseldorf machte zuletzt nach eigenen Angaben jeden Tag ein Millionenminus – und beantragte Staatshilfe.

    Verbraucher müssen mit massiven Mehrkosten rechnen, Staat will entlasten

    Dass die Bundesregierung tatsächlich ein Rettungspaket geschnürt hat, dem die EU-Kommission übrigens noch zustimmen muss, liegt daran, dass die Probleme von Uniper zum gravierenden Problem für viele Deutsche zu werden drohten. Um ungeheizte Wohnungen und lahmgelegte Fabriken im Winter zu verhindern, springt nun also der Staat ein – und letztlich auch die Verbraucherinnen und Verbraucher

    Denn der Kanzler kündigte am Freitag nicht nur die Milliardenhilfen an, sondern auch eine neue Umlage, die es Gashändlern wie Uniper spätestens ab 1. Oktober ermöglichen soll, einen Großteil ihrer gestiegenen Kosten weiterzugeben. Am Ende der Kette stehen auch die Bürgerinnen und Bürger. Eine vierköpfige Familie muss laut Scholz mit einer zusätzlichen Belastung von etwa 200 bis 300 Euro pro Jahr rechnen.

    Das Energiepreis-Vergleichsportal Verivox rechnet damit, dass sich die Gaspreise inklusive der angekündigten Umlage unter dem Strich im Vergleich zum Vorjahr dann sogar verdreifachen. Für eine Familie mit einem Gasverbrauch von 20.000 Kilowattsunden ergeben sich demnach bereits jetzt Mehrkosten von 1.963 Euro im Vergleich zu 2021.

    „Kämen die von Kanzler Scholz angekündigten zwei Cent pro Kilowattsunde dazu, lägen wir aktuell bei Kosten von 3.599 Euro – der Anstieg läge bei 191 Prozent“, erklärte das Unternehmen. Laut Verivox müsste die Durchschnittsfamilie im Vergleich zum Vorjahr damit 2363 Euro mehr für ihren Jahresgasverbrauch bezahlen.

    Der Kanzler versprach, es solle niemand wegen der steigenden Gaskosten in Existenznot geraten und kündigte unter anderem eine Wohngeld-Reform mit integrierter Heizkostenpauschale an. Niemand werde allein gelassen, betonte der SPD-Politiker und bemühte – wie einst Draghi – dafür eine englische Zeile, die man sonst eher in Fußballstadien hört: „You’ll never walk alone.“

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden