Während die Coronapandemie vielen Menschen schwer zu schaffen machte, erleichterten andere den Staat um viel Geld. Der damalige CSU-Abgeordnete Georg Nüßlein etwa strich für die Vermittlung von Masken-Geschäften über ein Firmengeflecht Hunderttausende Euro an Provision ein, er nutzte dafür offensichtlich seine Beziehungen als Abgeordneter. Strafrechtlich belangt wurde er wegen einer Gesetzeslücke allerdings nie. Der Bundestag hat diese Lücke nun geschlossen.
Künftig drohen bis zu drei Jahre Haft oder eine Geldstrafe, wenn Abgeordnete das Prestige ihres Mandats ausnutzen, um gegen Bezahlung zugunsten Dritter Einfluss zu nehmen, etwa auf Bundesministerien. Die Formulierung umreißt den Tatbestand, der dem zuletzt fraktionslosen und inzwischen aus dem Bundestag ausgeschiedenen Nüßlein vorgeworfen wird. Gegen ihn wurde nach Bekanntwerden des Vorganges im Frühjahr 2021 zwar nach Paragraf 108e Strafgesetzbuch wegen des Verdachts der Bestechlichkeit von Mandatsträgern ermittelt. Der Bundesgerichtshof stellte aber später fest, dass sein Verhalten nicht unter diesen Paragrafen fällt. Dieser umfasse nur konkrete parlamentarische Handlungen wie Abstimmungen oder Reden im Plenum. Für die Verschärfung des Gesetzes wurde nun der Paragraf 108f eingefügt.
Nüßlein und Sauter mit penetranter Drückerkolonne verglichen
Bei der abschließenden Beratung im Bundestag kritisierte die Grünen-Abgeordnete Manuela Rottmann CDU und CSU scharf. „Die Union hatte viele Verdienste um die Geschichte der Bundesrepublik, aber auch das Verdienst, dass sie überdurchschnittlich oft Anlass zu Verschärfungen von Parteienfinanzierungsregeln, Spendenregeln oder auch Regelungen im Abgeordnetengesetz gegeben hat“, sagte Rottmann, die als Obfrau ihrer Fraktion im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz fungiert.
Mit Blick auf Nüßlein und den in die Affäre involvierten Ex-CSU-Landtagsabgeordneten Alfred Sauter sagte sie: „Jede Drückerkolonne hätte sich von der Penetranz der beiden etwas abschauen können.“ Beide seien auf Behörden und Regierungsmitglieder zugegangen, „um Deals einzufädeln, von denen sie persönlich profitiert haben“. So habe Nüßlein wiederholt den damaligen Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) persönlich aufgefordert, Rechnungen zu begleichen und ihm gleichzeitig mit einer schlechten Presse gedroht.
Die Koalitionsfraktionen und die AfD stimmten für die Gesetzesänderung. Die Union enthielt sich. Ebenso Abgeordnete der Linke. Der CSU-Abgeordnete Volker Ullrich gestand zu, dass sich ein Vertrauensverlust in die Politik ergebe, wenn „gewählte Mandatsträger sich nicht an die Regeln von Anstand und Moral halten und wenn Politik durch Korruption vergiftet wird“. Deshalb müsse Korruption im politischen Bereich als solche benannt und ein jegliches Fehlverhalten konsequent bekämpft werden. Der Bundestag sei dem jedoch mit dem „extrem verschärften“ Artikel 44a des Abgeordnetengesetzes zur Unabhängigkeit des Mandats bereits nachgekommen. Zwar gebe es „in der Tat noch Strafbarkeitslücken“ und der Vorstoß der Ampel gehe in die richtige Richtung. Es seien aber Anregungen aus der Sachverständigenanhörung nicht so umgesetzt worden, dass es „zu einer guten Norm“ komme.
AfD steht auch im Visier
Die Organisation Transparency International lobte hingegen, mit der Gesetzesergänzung werde drei Jahre nach der Maskenaffäre eine „eklatante Strafbarkeitslücke endlich geschlossen“. Dass Abgeordnete bislang trotz offensichtlicher Korruption straffrei davonkommen konnten, habe das Vertrauen der Bevölkerung in die Politik erschüttert, sagte Wolfgang Jäckle, Co-Leiter der Arbeitsgruppe Politik von Transparency Deutschland. „Deshalb war es wichtig, dass der Gesetzesgeber hier tätig geworden ist und die Lehren aus der Maskenaffäre gezogen hat.“
Der bisherige Paragraf 108e hat gleichwohl nicht ausgedient. Er passt auf einen anderen Korruptionsvorfall, der das Vertrauen in die Politik ebenfalls erschüttert hat: In der sogenannten Aserbaidschan-Affäre soll das Land Politikern im Europarat Millionen überwiesen haben. Wegen Bestechungsvorwürfen wurde Anklage gegen die früheren Bundestagsabgeordneten Eduard Lintner von der CSU und Axel Fischer von der CDU erhoben.
Derzeit bestimmen Korruptionsvorwürfe gegen die AfD die Schlagzeilen. Dem Bundestagsabgeordneten Petr Bystron wird vorgeworfen, Geld von einem prorussischen Netzwerk angenommen zu haben. Die Generalstaatsanwaltschaft Dresden hat zwei Vorermittlungsverfahren gegen den AfD-Spitzenkandidaten für die Europawahl, Maximilian Krah, eingeleitet. Dabei geht es um „angebliche Zahlungen“ aus russischen und chinesischen Quellen.