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Studie: Zwei Drittel für Wandel: Wechselstimmung vor Bundestagswahl so stark wie nie

Studie

Zwei Drittel für Wandel: Wechselstimmung vor Bundestagswahl so stark wie nie

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    Bundeskanzleramt in Berlin: Wer Angela Merkel nach den Bundestagswahlen folgt, ist nicht abzusehen.
    Bundeskanzleramt in Berlin: Wer Angela Merkel nach den Bundestagswahlen folgt, ist nicht abzusehen. Foto: Christophe Gateau, dpa (Symbolbild)

    Zweieinhalb Jahre ist es her, dass Angela Merkel das Ende ihrer Kanzlerschaft angekündigt hat und bekannt gab, nicht mehr bei der Bundestagswahl anzutreten. Je näher der Termin rückt, desto unklarer scheint es, wer sie an der Spitze der nächsten Bundesregierung beerben wird. Die meisten Deutschen wünschen sich nach 16 Jahren Merkel, die fast so lange regiert hat wie CDU-Kanzler Helmut Kohl, nicht nur einen personellen, sondern auch einen politischen Wechsel, wie das Instituts für Demoskopie Allensbach in einer detaillierten Umfrage im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung herausgefunden hat. Die Wechselstimmung sei so hoch wie noch nie seit der Wiedervereinigung sagt Bertelsmann-Stiftungs-Experte Robert Vehrkamp.

    Über 60 Prozent sind gegen ein "Weiter so"

    "Die meisten Menschen in Deutschland wünschen sich derzeit einen politischen Wechsel und Neuanfang", sagt Vehrkamp. 61,5 Prozent wünschen sich eine deutlich andere Bundesregierung, während nur 13 Prozent dies schlecht fänden. Immerhin ein Viertel ist vier Monate vor der Wahl unentschieden.

    Der Wunsch nach Veränderung verwundert kaum, denn selbst die Koalitionspartner Union und SPD wollen nach der Bundestagswahl keine erneute Große Koalition. Doch die Wechselstimmung der Bevölkerung geht der Umfrage zufolge viel tiefer und betrifft viele große Politikbereiche.

    Kein Generationenkonflikt bei Wunsch nach anderer Politik

    Nur 14 Prozent wünschen sich, dass die nächste Regierung die bisherige deutsche Politik in weiten Teilen fortführt. 67 Prozent sind gegen ein "Weiter so" und wünschen sich "in vielen Bereichen eine deutlich andere Politik". Dabei sind sich politische Interessierte und Menschen, die sich eigentlich nicht für Politik interessieren einig. Auch einen derzeit in den Medien viel diskutierten Konflikt zwischen Jung und Alt, können die Allensbach-Zahlen nicht belegen: Sowohl bei den unter 30-Jährigen als auch bei den über 60-Jährigen sind zwei Drittel für einen Politikwechsel.

    Unterschiede gibt es nach wie vor zwischen Ost- und Westdeutschland: Im Westen führt das Thema Umwelt- und Klimaschutz mit 57 Prozent die Liste der Probleme an, bei denen sich die Menschen am meisten einen inhaltlichen Wechsel wünschen. Im Osten rangiert dieses Thema mit 48 Prozent nur im Mittelfeld. Dagegen wünschen sich in den Ost-Bundesländern 66 Prozent allen voran einen Wechsel der Flüchtlings- und Integrationspolitik. 65 Prozent der Ostdeutschen fordern zudem eine andere Corona-Politik, im Westen liegt der Umgang mit der Pandemie auf Rang sechs der 15 drängendsten Probleme.

    Für junge Bürger ist Digitalisierung noch wichtiger als Klimapolitik

    Im gesamten Bundesdurchschnitt liegt die Klimapolitik damit knapp vor der Flüchtlingspolitik an der Spitze der Politikfelder, bei denen sich die Bürger grundlegende Veränderungen wünschen. Auch in der Rentenpolitik, der Bildung und der Wohnungspolitik wünscht sich mehr als die Hälfte der Bundesbürger einen Neuanfang. Beim Thema Wirtschaft sieht dagegen nur eine Minderheit von einem Drittel politischen Veränderungsbedarf.

    Den jungen Bundesbürgern unter dreißig brennt der Umfrage zufolge nicht die Klimapolitik, sondern die Digitalisierung am meisten unter den Nägeln. Dicht gefolgt von der Bildung und der Klimapolitik auf Rang drei mit 60 Prozent. Bei den über 60-Jährigen liegt der Klimaschutz auf vierten Platz: Hier wünscht sich jeder zweite einen Politikwechsel. Noch etwas wichtiger sind dieser Altersgruppe die Themen Rente, Flüchtlingspolitik und Bekämpfung der Corona-Pandemie. Der stärkste Wunsch nach einer neuen Klimapolitik herrscht bei den 45 bis 59-Jährigen vor. Bei Frauen ist der Ruf nach Veränderung lauter als bei Männern.

    Die Umfrage lässt allerdings offen, in welche Richtung sich die Politik entwickeln soll. So wünschen sich 50 Prozent der Grünen-Anhänger eine neue Flüchtlingspolitik und ebenso 89, 5 Prozent der AfD-Wähler. Allerdings dürften beide Lager dabei sehr unterschiedliche Vorstellungen haben in welche Richtung sich die Politik verändern solle. Auch bei den Unionsanhängern liegt die Integrationspolitik auf Platz eins der Themen mit dem höchsten Veränderungsbedarf gefolgt von der Rentenpolitik und Corona.

    SPD-Anhänger kritisieren Corona-Politik am meisten

    Bei den Sozialdemokraten ist das Thema Pandemiebekämpfung mit weitem Abstand das wichtigste Thema, bei dem sich die Parteianhänger eine neue Politik wünschen gefolgt von Rente, Klimaschutz, Sozialer Gerechtigkeit und Wohnen. Bei den FDP-Anhängern rangiert ebenso die Flüchtlings- und Integrationspolitik ganz oben, gefolgt von Rente, Staatsfinanzen, Bildung und Wohnen. Bei den Grünen dominiert der Klimaschutz mit 83 Prozent mit großem Abstand vor Bildung, Wohnen Digitalisierung und der Corona-Politik. Bei den Linken bestimmen die Themen Soziales und Rente mit je 72 Prozent und Wohnen die wichtigsten Themen.

    Nur 45 Prozent der Bundesbürger wünschen sich übrigens eine klare Koalitionsaussage der Parteien vor der Bundestagswahl. Sollte es allerdings zu unklaren Mehrheitsverhältnissen kommen, sind 57 Prozent für schnelle Neuwahlen nur 20 Prozent können sich eine Minderheitsregierung mit wechselnden Parlamentsmehrheiten in Deutschland vorstellen.

    Bertelsmann-Stiftung: "Die Zeichen stehen auf Wechsel"

    "Wer im anstehenden Wahlkampf die Menschen mit seinen Ideen und Programmen überzeugen will, muss sie überzeugen, für einen echten Politikwechsel zu stehen", sagte Bertelsmann-Experte Vehrkamp. "Die Zeichen stehen auf Wechsel, und zwar nicht nur auf einen Wechsel in der Regierung, sondern vor allem auf einen echten Politikwechsel."

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