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Allgemeine Dienstpflicht: Was würde eine Einführung bedeuten?

Statt Wehrpflicht

Wie könnte eine allgemeine Dienstpflicht aussehen?

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    Verteidigungsminister Boris Pistorius sieht gute Argumente für eine allgemeine Dienstpflicht in Deutschland.
    Verteidigungsminister Boris Pistorius sieht gute Argumente für eine allgemeine Dienstpflicht in Deutschland. Foto: Marcel Kusch, dpa (Symbolbild)

    "Ich habe mich ausdrücklich nicht für die Reaktivierung der Wehrpflicht ausgesprochen", betonte Verteidigungsminister Boris Pistorius gegenüber der Deutschen Presse-Agentur, obwohl er die Aussetzung der Wehrpflicht im Jahr 2011 zuvor als Fehler bezeichnet hatte. Vielmehr halte er die Diskussion um eine allgemeine Dienstpflicht "für wertvoll". Pistorius sieht gute Argumente dafür zur Stärkung von Katastrophenschutz, Bundeswehr und Rettungsdiensten.

    Worum geht es bei der allgemeinen Dienstpflicht?

    Unter dem Begriff einer allgemeinen Dienstpflicht wird grundsätzlich verstanden, dass Bürger für eine gewisse Zeit einen Dienst für die Allgemeinheit leisten. Die Bundeswehr könnte dabei dann eine Option neben anderen Tätigkeiten etwa im sozialen, ökologischen oder kulturellen Bereich sein. Mögliche Einsatzorte wären beispielsweise auch Pflegeeinrichtungen, die Feuerwehr oder das Technische Hilfswerk. Würde eine allgemeine Dienstpflicht eingeführt, sollen junge Menschen nach ihrer Schulzeit ein Jahr lang gemeinnützig arbeiten und sich so in die Gesellschaft einbringen.

    "Was aus meiner Sicht dafür spräche? In den vergangenen Monaten ist der Eindruck entstanden, dass manche nicht die nötige Wertschätzung für Feuerwehr und Rotes Kreuz, Polizei und Bundeswehr aufbringen. Die allgemeine Dienstpflicht könnte helfen, die Menschen und die staatlichen Organisationen wieder ein Stück näher zusammenzubringen", sagte Pistorius laut der Deutschen Presse-Agentur. "Sie könnte vor Augen führen, wie wichtig diese Einrichtungen für das Funktionieren unserer Gesellschaft sind." Er äußerte sich überzeugt, dass Verteidigungsbereitschaft einerseits und Zivilschutz und Katastrophenhilfe andererseits zusammengedacht werden müssten.

    Die Idee zu einer allgemeinen Dienstpflicht brachte die frühere Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) bereits 2018 ins Spiel. Sie erhoffte sich davon eine Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts.

    Was ist für die Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht nötig?

    Rechtlich ist eine Einführung der allgemeinen Dienstpflicht nicht ganz einfach. Sie wäre ohne eine Grundgesetzänderung derzeit nicht möglich. Nach den Erfahrungen von Zwangsarbeit unter dem nationalsozialistischen Regime hat der Gesetzgeber in Artikel 12 festgeschrieben: "Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht."

    Als Kramp-Karrenbauer zur Dienstpflicht anregte, wurde bereits diskutiert, wie der Grundgesetzartikel unkompliziert angepasst werden könnte. Eine Grundgesetzänderung für die Dienstpflicht wäre beispielsweise durch das Streichen des Wortes "herkömmlich" oder die Erweiterung des Artikels grundsätzlich möglich gewesen. Doch dazu wäre in Bundestag und Bundesrat jeweils eine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig.

    Was spricht gegen eine allgemeine Dienstpflicht?

    Neben dem Grundgesetz führen Kritiker an, dass eine Dienstpflicht zu viel kostet, die Dienstleistenden nicht gebraucht würden und zur Freiheitlichkeit der Verfassungsordnung nur Freiwilligendienste passen würden. Jugendliche dürften nicht zum Einsatz für das Gemeinwesen, zur Arbeit und Verantwortung mit anderen und für andere gezwungen werden.

    Was ist der Unterschied zwischen allgemeiner Dienstpflicht und Wehrpflicht?

    Die Wehrpflicht besagte, dass alle männlichen Wehrpflichtigen entweder bei der Bundeswehr oder einem gesellschaftlichen Träger ihre Pflicht erfüllen müssen. 2011 war die Wehrpflicht unter dem damaligen CSU-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg nach 55 Jahren ausgesetzt worden. Das kam in der Praxis einer Abschaffung von Wehr- und Zivildienst gleich. Im Jahr 2010 hatte es noch knapp 50.000 Grundwehrdienstleistende gegeben. Die Wehrpflicht wurde durch einen sogenannten Freiwilligen Wehrdienst ersetzt. Zeitgleich wurde der Bundesfreiwilligendienst eingeführt.

    Anders als bei der allgemeinen Dienstpflicht geht es bei der Wehrpflicht nicht primär um den sozialen Bereich, sie beschränkt sich auf die Bundeswehr. Lediglich der Zivildienst als Wehrersatzdienst wurde meist im sozialen Bereich abgeleistet. Wehrpflichtig sind alle Männer vom vollendeten 18. Lebensjahr an, die Deutsche im Sinne des Grundgesetzes sind. Frauen sind bislang davon ausgenommen.

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