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Soziales: Wirtschaft will Rente mit 63 abschaffen

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Wirtschaft will Rente mit 63 abschaffen

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    Seit dem es die Rente mit 63 gibt, gingen über 2 Millionen Versicherte in den vorzeigten Ruhestand. In Zeiten des Fachkräftemangels wollen das Unternehmer und die FDP einschränken.
    Seit dem es die Rente mit 63 gibt, gingen über 2 Millionen Versicherte in den vorzeigten Ruhestand. In Zeiten des Fachkräftemangels wollen das Unternehmer und die FDP einschränken. Foto: Frank Hoermann, Sven Simon (Symbolbild)

    Die Rufe nach einer Abschaffung der populären Rente mit 63 werden immer lauter. „Staatliche Vorruhestandsmodelle sind in Zeiten des Fachkräftemangels schädlich", kritisiert Rainer Kirchdörfer, der Vorstand der Stiftung Familienunternehmen und Politik, gegenüber unserer Redaktion. "Die Einführung der Rente mit 63 war ein Fehler, der zu erheblichen Belastungen in der Sozialversicherung führt und schnell korrigiert werden sollte." Deutschland vergebe zudem Wachstumschancen, weil überall Fachkräfte fehlten. Mehr als 200.000 Arbeitnehmer, so Kirchdörfer, gingen dem Öffentlichen Dienst und der Privatwirtschaft jedes Jahr wegen der Rente mit 63 verloren. 

    Ähnlich hatte zuvor auch schon Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger argumentiert. Der Mangel an Fachkräften ist nach Angaben ihrer Stiftung neben der Regulierungsdichte und den hohen Energiekosten eines der größten Hindernisse für Familienunternehmen. Drei Viertel der befragten Betriebe betonten bei einer Umfrage im Oktober vergangenen Jahres, der Fachkräftemangel bremse ihr Geschäft. "Diesen ökonomischen Aderlass sollten wir stoppen“, verlangt Kirchdörfer jetzt.

    Parteitag FDP: Fachkräftemangel mache Rente mit 63 unbezahlbar

    Bei ihrem Parteitag an diesem Wochenende in Berlin will sich auch die FDP für ein Ende der Rente mit 63 starkmachen, die streng genommen keine Rente mit 63 mehr ist, sondern eine abschlagsfreie Rente nach 45 Versicherungsjahren. Analog zur Rente mit 67 steigt auch bei ihr das Rentenalter schrittweise – nämlich von 63 auf 65 Jahre. "Angesichts des Fachkräftemangels", heißt es in der Beschlussvorlage für die Delegierten, "können wir uns die sogenannte Rente mit 63 nicht leisten." Die Chancen, dass die FDP deren Abschaffung in der Ampelkoalition durchsetzen kann, sind allerdings gering: Sozialdemokraten und Grüne wollen an der geltenden Regelung nicht rütteln. 

    Der CSU-Sozialexperte Stephan Stracke warf den Liberalen deshalb vor, sie produzierten nur heiße Luft. "Die FDP bläst sich auf, liefert aber nicht", kritisierte der Allgäuer Abgeordnete gegenüber unserer Redaktion. "Wenn sie ihre eigenen Forderungen ernst nimmt, müsste sie die Ampelkoalition sofort platzen lassen." Leistung und Fleiß müssten sich wieder lohnen, verlangte Stracke. Deshalb wolle die Union vor allem das freiwillige Weiterarbeiten im Alter attraktiver machen. Dazu schlägt sie eine sogenannte Aktivrente vor, die den Verdienst im Alter steuerfrei stelle. Außerdem wolle sie, so Stracke, die Arbeitgeber bei den Sozialversicherungsbeiträgen entlasten und die Beiträge zur Arbeitslosen- und Rentenversicherung für Beschäftigte jenseits des Rentenalters komplett streichen.

    Prognos-Institut: Rente mit 63 wird bis 2035 rund 140 Milliarden Euro kosten

    Von ihrer Einführung 2014 bis Ende 2022 haben nach Angaben der Deutschen Rentenversicherung rund 2,15 Millionen Versicherte von der Rente mit 63 Gebrauch gemacht, weitere 300.000 haben nach ersten, noch vorläufigen Zahlen im vergangenen Jahr einen entsprechenden Antrag gestellt. Tendenz: steigend. Die Steuer- und Beitragszahler wird das nach Berechnungen des renommierten Prognos-Institutes bis zum Jahr 2035 rund 140 Milliarden Euro kosten. Eine umgehende Abschaffung brächte danach bereits im kommenden Jahr eine Entlastung von rund acht Milliarden Euro. Der Rentenexperte Joachim Ragnitz vom Münchner Ifo-Institut warnt allerdings davor, die "Rentner mit 63" komplett als fehlende Fachkräfte zu zählen: Ein Teil wäre vielleicht auch sonst frühzeitig in Rente gegangen, dann allerdings mit Abschlägen. "Und unbekannt ist auch, wie viele trotz Rentenbezug weiterarbeiten und sei es vielleicht auch nur in Teilzeit. " 

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