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Scholz und Macron, Staatsbesuch in Berlin: Warum es jetzt um die wirklichen Probleme gehen muss

Kommentar

Macron in Berlin: Es muss jetzt um die tatsächlichen Probleme gehen

Simon Kaminski
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    Fauxpas oder Petitesse? Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Bundeskanzler Olaf Scholz essen im April in Blankenese an der Elbe gemeinsam ein Fischbrötchen.
    Fauxpas oder Petitesse? Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Bundeskanzler Olaf Scholz essen im April in Blankenese an der Elbe gemeinsam ein Fischbrötchen. Foto: Fabian Bimmer, dpa

    Ist es ein gutes oder schlechtes Zeichen, wenn Medien ausführlich darüber spekulieren, ob die kredenzten Speisen für den Präsidenten der Grande Nation das deutsch-französische Verhältnis gefährden könnten? Die Kollegen vom Stern jedenfalls waren im März 2024 anlässlich eines Besuches des französischen Staatschefs alarmiert: „Scholz trifft Macron: Kann es schlimmer werden als Fischbrötchen?“, titelte das Magazin.

    Tatsächlich könnte es schlimmer kommen. Nicht kulinarisch, aber politisch. Denn mal wieder vermelden die fein justierten Seismografen ein gestörtes Verhältnis zwischen den ziemlich besten Freunden links und rechts des Rheins. Die Angelegenheit hat zwei Ebenen. Die eine ist das Verhältnis zwischen den maßgeblichen Politikern der beiden Staaten, Präsident Emmanuel Macron und Bundeskanzler Olaf Scholz – ein Duo, das unterschiedlicher nicht sein könnte. Der zweite, wichtigere Punkt betrifft Fragen, die zwischen den beiden einstigen Erzfeinden und heutigen Freunden stehen. Und da gibt es einiges zu besprechen beim Staatsbesuch von Macron in Berlin – sachlich und atmosphärisch.

    Darum geht es bei Macrons Besuch in Berlin

    Einmal wird es um den Grad und die Intensität der westlichen Unterstützung im Kampf der Ukraine gegen die russischen Aggressoren gehen. Macron gibt den Kriegsstrategen, der auch Nato-Truppen zur Unterstützung Kiews ins Spiel bringt, während Scholz als abwägender Friedenspolitiker wahrgenommen werden will. Eine Rollenvorgabe, die angesichts der Fakten seltsam verdreht ist. Deutschland ist in Europa der mit Abstand wichtigste Lieferant für Geld und Rüstungsgüter an die Ukraine. Der Präsident hingegen gefällt sich eher als Meister der Ankündigungen.

    Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Bundeskanzler Olaf Scholz haben teils unterschiedliche Ansichten, wenn es um den Ukraine-Kurs geht.
    Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Bundeskanzler Olaf Scholz haben teils unterschiedliche Ansichten, wenn es um den Ukraine-Kurs geht. Foto: Michael Kappeler, dpa

    Macron und Scholz lösen die wirklich wichtigen Probleme nicht

    Warum Europas maßgebliche Nationen es nicht schaffen, dringend benötigte Akzente zu setzen, zeigte sich exemplarisch an der Reaktion auf die groß angekündigte zweite Sorbonne-Rede Macrons. Hatte seine erste, nach der weltberühmten Universität benannte Ansprache noch Esprit und Energie, wirkte die zweite Auflage mit einem Feuerwerk an Vorschlägen bemüht, ja abgehoben. Wenn realistische Ziele durch unrealistische Visionen für die Sektoren Rüstung, Handel und Politik ersetzt werden, ist weder Paris noch Berlin geholfen.

    Auf der anderen Seite ist ein deutscher Kanzler zu besichtigen, der eine fast schon bräsige Verweigerung an den Tag legt, sich auf die zugegeben etwas angestrengt ehrgeizigen Vorschläge aus dem Nachbarland auch nur einzulassen. Da ist nichts zu spüren von der unkomplizierten Offenheit, die das Verhältnis von Helmut Schmidt zu Valéry Giscard d’Estaing oder von Helmut Kohl zu François Mitterrand auszeichnete. 

    Frankreich hat nicht auf dem Zettel, dass Protektionismus Deutschland hart treffen würde

    Jetzt sollten Macron und Scholz damit beginnen, an den tatsächlichen, grundlegenden Widersprüchen zu arbeiten. Ein Beispiel: Macron fordert eine harte, protektionistische Linie gegen China und die USA, mit Strafzöllen und einer Politik der Abgrenzung. Natürlich weiß Paris aber, dass Deutschland als immer noch bedeutende Exportnation dafür einen hohen politischen und vor allem ökonomischen Preis zahlen müsste.

    Fauxpas oder Petitesse? Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Bundeskanzler Olaf Scholz essen im April in Blankenese an der Elbe gemeinsam ein Fischbrötchen.
    Fauxpas oder Petitesse? Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Bundeskanzler Olaf Scholz essen im April in Blankenese an der Elbe gemeinsam ein Fischbrötchen. Foto: Fabian Bimmer, dpa

    Es würde sich lohnen, über dieses Thema, aber auch darüber, wie verhindert werden kann, dass Russland seinen verbrecherischen Krieg gewinnt, am Wochenende in Berlin, Dresden oder Meseberg endlich einmal konstruktiv, ohne Profilierungssucht zu sprechen.

    Ob dazu Trüffel oder Fischbrötchen gereicht werden, ist nebensächlich.

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