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Prostitution: Warum die EM nicht wie befürchtet für einen Anstieg der Prostitution sorgt

Prostitution

Warum die EM nicht wie befürchtet für einen Anstieg der Prostitution sorgt

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    Der erwartete Anstieg illegaler Prostitution im Rahmen der Fußball-EM ist in Berlin offenbar ausgeblieben.
    Der erwartete Anstieg illegaler Prostitution im Rahmen der Fußball-EM ist in Berlin offenbar ausgeblieben. Foto: Georg Wendt, dpa (Archivbild)

    Bei der Fußball-Europameisterschaft geht es um sportliche Höhepunkte. Auch Gastronomie und Hotellerie im Gastgeberland Deutschland profitieren enorm von den Abertausend Fußballfans, die sich an den Spielstätten der EM aufhalten. Eine Branche, die ebenfalls zu Großereignissen mit viel Alkoholkonsum und hochkochenden Emotionen in den Fokus der Öffentlichkeit rutscht, ist das Rotlichtmilieu. Der erwartete Anstieg illegaler Prostitution ist in Berlin offenbar ausgeblieben. Ein Aktivist, eine Politikerin und die Berliner Polizei bieten Erklärungsansätze.

    „Bei internationalen Sportveranstaltungen boomt die Prostitution“, sagt CSU-Politikerin Dorothee Bär. „Deutschland gilt mittlerweile als Topland für Sextourismus.“ Bär blickt nach Frankreich. Dort will die Politik während der Olympischen Spiele mit rigorosen Maßnahmen gegen Zuhälterei vorgehen. Bär unterstützt den Bundesverband Nordisches Modell, der ein Sexkaufverbot nach schwedischem Vorbild in Deutschland durchsetzen möchte. Der Verband setzt dafür auf Aufklärungsarbeit und einem besseren Schutz für Prostituierte. Während der EM etwa verteilen die Aktivisten im Rahmen der Aktion „Rote Karte für Freier“ Sticker und Bierdeckel an Fußballfans in Berlin.

    Eine Damenhandtasche, eine Isomatte und Kleidungsstücke liegen in einer Hofdurchfahrt unweit der Kurfürstenstraße. Der Abschnitt der Kurfürstenstraße zwischen der Potsdamer Straße und An der Urania gilt als Berlins bekanntester Straßenstrich.
    Eine Damenhandtasche, eine Isomatte und Kleidungsstücke liegen in einer Hofdurchfahrt unweit der Kurfürstenstraße. Der Abschnitt der Kurfürstenstraße zwischen der Potsdamer Straße und An der Urania gilt als Berlins bekanntester Straßenstrich. Foto: Monika Skolimowska, dpa

    Aktivist Schönborn: „Der Straßenstrich an der Kurfürstenstraße ist seit der WM 2006 verelendet“

    Gerhard Schönborn vom Verein Neustart, einer christlichen Lebenshilfe am Straßenstrich an der Berliner Kurfürstenstraße, erklärt: „Bei der Weltmeisterschaft 2006 war das sehr deutlich. Da wurden massenhaft osteuropäische Frauen an die Ecke gestellt.“ Seitdem habe sich die Gesamtsituation des Straßenstrichs massiv verschlechtert. Schönborn, der seit vielen Jahren engagiert ist, spricht von Preis-Dumping, Verelendung, Drogen, Zwangsprostitution. Aktuell, also in den Wochen der Europameisterschaft, sieht er allerdings keine Veränderung an der Kurfürstenstraße. Weder böten sich mehr Frauen an, noch fragten mehr Männer nach.

    Nach Einschätzung von Kolja-André Nolte, Pressesprecher des Berufsverbands erotische und sexuelle Dienstleistungen (BesD), hat die Europameisterschaft entgegen ersten Erwartungen nur minimale Auswirkungen auf das Rotlichtmilieu. Er diagnostiziert zwar einen leichten Anstieg der Nachfrage nach sexuellen Dienstleistungen durch männliche Touristen in Deutschland. Allerdings ist er der Meinung, dass Gruppen von Fußballfans einer Dynamik unterliegen, die „nur selten im Bordell endet“.

    Die Polizei Berlin erwartet nicht mehr Freier zur EM

    Die Polizei Berlin teilt die Einschätzung des BesD-Pressesprechers. Sie bezieht sich auf ihren Erfahrungsschatz der Fußballweltmeisterschaft 2006 und anderen Großveranstaltungen und rechnet nicht mehr mit einem signifikanten Anstieg der Nachfrage nach Prostitution. Was sie beobachet, ist ein „saisonal bedingten Anstieg bei der Straßenprostitution“ aufgrund der sommerlichen Temperaturen einen. Sollten wider Erwarten mehr Freier sexuelle Dienstleistungen beanspruchen, so weist die Polizei darauf hin, dass das nicht automatisch mit einem Anstieg von Straftaten wie Zwangsprostitution oder Menschenhandel gleichzusetzen ist.

    Rund 28.000 Prostituierte sind nach dem Prostituiertenschutzgesetz offiziell zum Jahresende 2022 an deutschen Behörden angemeldet. Die allermeisten von ihnen arbeiten in Bordellen. Die Dunkelziffer der Frauen und Männer, die sich in Deutschland prostituieren, ist gewiss viel höher. „Man kann mit offiziellen Zahlen die Situation gar nicht abbilden“, sagt Nolte vom Berufsverband erotische und sexuelle Dienstleistungen.

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