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Orban überraschend zu Besuch bei Putin

Europäische Union

Orbán wagt den Tabubruch

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    Viktor Orbán, Ministerpräsident von Ungarn, wurde von Präsident Wladimir Putin in Moskau begrüßt.
    Viktor Orbán, Ministerpräsident von Ungarn, wurde von Präsident Wladimir Putin in Moskau begrüßt. Foto: Valeriy Sharifulin/Sputnik, dpa

    Sie gaben sich in Brüssel nicht einmal mehr Mühe, ihre Wut auf Viktor Orbán zu verschleiern. Zu laut war der Paukenschlag, für den der ungarische Ministerpräsident mit seiner jüngsten Reise gesorgt hatte. Ausgerechnet mit Russlands Präsident Wladimir Putin traf er sich am Freitag zu Gesprächen – und das vier Tage, nachdem Ungarn am Montag die halbjährlich wechselnde EU-Ratspräsidentschaft übernommen hatte. Eigentlich gehört zu der Jobbeschreibung, Brückenbauer und Vermittler zwischen den Mitgliedstaaten zu sein. Doch Dauerstörer Orbán entschied sich für das Gegenteil: für den Tabubruch.

    Dementsprechend hallten Klarstellungen aus allen Machtzentralen Europas in die Welt. Orbán führe die Gespräche in Moskau nicht als Vertreter der EU, betonte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD). Vielmehr sei das die Aufgabe von EU-Ratspräsident Charles Michel. Der Belgier hatte zuvor schon auf der Plattform X deutlich gemacht, dass die rotierende EU-Präsidentschaft kein Mandat habe, „im Namen der EU gegenüber Russland zu verhandeln.“ Auch der polnische Premierminister Donald Tusk reagierte mit Unverständnis, der finnische Premierminister Petteri Orpo nannte die Reise „verstörend“. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen verurteilte den Trip ebenfalls. „Appeasement wird Putin nicht aufhalten“, kritisierte die Deutsche. „Nur Einigkeit und Entschlossenheit werden den Weg zu einem umfassenden, gerechten und dauerhaften Frieden in der Ukraine ebnen.“ Innerhalb der Gemeinschaft gilt als Konsens, sich mit Härte und Geschlossenheit gegen den Angriffskrieg zu stellen. Die Position der Union „schließt offizielle Kontakte zwischen der EU und Präsident Putin aus“, sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell. Gespräche mit Putin würde es demnach nur geben, wenn dies auch im Interesse der Ukraine ist.

    Viktor Orbán inszeniert sich in Russland als Friedensstifter

    Orbán schien die ganze Aufregung derweil kaum zu stören. Der Rechtspopulist postete auf der Plattform X ein Foto aus der russischen Hauptstadt, das er überschrieb mit: „Die Friedensmission geht weiter. Zweiter Stopp: Moskau.“ Erst am Dienstag hatte der Ungar überraschend Kiew besucht, zum ersten Mal seit der Vollinvasion Russlands vor knapp zweieinhalb Jahren. Dabei rief er die Ukraine zu einem zeitlich begrenzten Waffenstillstand auf. Dieser würde eine Chance bieten, „die Friedensgespräche zu beschleunigen“, sagte er. Für Präsident Wolodymyr war Orbán gelinde ausgedrückt ein schwieriger Gast. Immerhin hatte Ungarn mehrfach Hilfen für die Ukraine verzögert und Sanktionen gegen Russland zu verhindern versucht. Seitdem gelten die Beziehungen zwischen Kiew und Budapest als massiv angespannt. Derzeit gibt es keinerlei Friedensverhandlungen zwischen der Ukrane und Moskau. Bislang lehnte Selenskyj offiziell eine Waffenruhe vor dem Abzug russischer Truppen ab. Der Kreml wiederum hatte zuletzt als Vorbedingung für Gespräche den vollständigen Abzug der ukrainischen Truppen aus den von Moskau beanspruchten ost- und südostukrainischen Gebieten Cherson, Donezk, Luhansk und Saporischschja gefordert. Es klingt nach einer perfiden Taktik. Denn Russlands Streitkräfte haben im Verlauf des Kriegs Saporischschja nie einnehmen können, aus Cherson mussten sie sich nach einer Gegenoffensive zurückziehen.

    Noch ehe er Moskauer Boden betrat, die Gerüchte über seine Reise aber bereits durch die EU-Blase geisterten, twitterte Orbán: Man könne Frieden „nicht von einem bequemen Sessel in Brüssel aus schaffen“. Es war wieder einmal eine Provokation – eine und volle Breitseite gegen die Union. „Auch wenn die rotierende EU-Ratspräsidentschaft kein Mandat hat, im Namen der EU zu verhandeln, können wir uns nicht zurücklehnen und darauf warten, dass der Krieg auf wundersame Weise endet.“ Er inszenierte sich in den sozialen Medien als Friedensstifter auf einer Mission. „Wir werden ein wichtiges Instrument sein, um die ersten Schritte in Richtung Frieden zu machen.“

    Eskaliert nun der Streit mit dem Rest der Gemeinschaft vollends? „Die Mitgliedstaaten sollten den Stecker ziehen, bevor Orbán irreparable Schäden anrichtet“, verlangte der Grünen-Europaabgeordnete Daniel Freund. Eine Schwächung Europas „auf Kosten von Orbáns Ego-Trip“ könne man sich nicht leisten. Doch viele Möglichkeiten bleiben der Gemeinschaft nicht. Rechtlich kann sie Ungarn beispielsweise den Vorsitz zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr wegnehmen.

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    2 Kommentare
    Franz Xanter

    Dass die EU sich noch nie durchsetzen konnte, oder wollte, zeigt sich doch hier wiederum sehr deutlich. Auch wenn es derzeit keine rechtlichen Möglichkeiten geben sollte, dann müssen diese eben jetzt geschaffen werden. Ach so, dazu wäre natürlich wieder die Stimmigkeit der EU notwendig!

    Franz Wildegger

    Am besten wäre, Orban würde geich bei seinem Freund Putin in Russland bleiben, das wäre dann gut für Deutschland und Europa auch, Ja!

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