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Naher Osten: Die Türkei macht sich im Nahen Osten unbeliebt

Naher Osten

Die Türkei macht sich im Nahen Osten unbeliebt

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    Präsident Recep Tayyip Erdogan hat die Türkei außenpolitisch zwischen alle Stühle manövriert.
    Präsident Recep Tayyip Erdogan hat die Türkei außenpolitisch zwischen alle Stühle manövriert. Foto: Mustafa Kaya, dpa

    Die Türkei provoziert ihren Nachbarn Griechenland – mit der Erdgassuche in strittigen Mittelmeergewässern. Die Türkei fordert die gesamte EU-Staatengemeinschaft heraus – etwa mit dem Dauerdruckmittel Flüchtlinge. Aber die Türkei bringt mit ihrer aggressiven Außenpolitik nicht nur Europa gegen sich auf: Auch in der arabischen Welt schlägt Ankara jetzt Gegenwind entgegen.

    Der Chef der saudischen Handelskammer, Ajlan al-Ajlan, rief vor kurzem zu einem Boykott der Türkei auf – „ob es nun um Investitionen, Importe oder Tourismus geht“. Große Supermarkt-Ketten in Saudi-Arabien folgen Ajlans Appell und streichen türkische Waren aus ihrem Sortiment. Auch auf politischer Ebene wächst der Widerstand gegen die türkische Politik, die von führenden Nahost-Staaten als Einmischung in ihre Region abgelehnt wird. Die türkische Regierung spielt die Reaktion der Araber herunter. Das ändert aber nichts daran, dass sie im Nahen Osten weitgehend isoliert ist.

    Erdogan äußerte sich verächtlich über die Golf-Staaten

    Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan sieht sein Land als Regionalmacht, deren Interessen weit über die eigenen Grenzen hinausreichen. Türkische Truppen sind in vier Regionen im Norden Syriens stationiert und kämpfen im Norden Iraks gegen kurdische Extremisten. Erdogan begründet einige außenpolitische Initiativen im Nahen Osten, wie etwa die Intervention im Libyen-Krieg, mit dem Hinweis auf das Erbe des Osmanischen Reiches, das die Region jahrhundertelang beherrschte.

    Über die Golf-Staaten, die erst nach dem Ersten Weltkrieg entstanden, äußerte sich Erdogan verächtlich: „Man sollte nicht vergessen, dass es diese Länder gestern noch nicht gab und dass es sie morgen wahrscheinlich nicht mehr geben wird“, sagte er ungeschminkt Anfang des Monats.

    Einige arabische Politiker befürchten, dass die Türkei nach einer neo-osmanischen Vormachtrolle strebt. Sie haben es der Türkei auch nicht verziehen, dass sie in den Aufständen des Arabischen Frühlings vor neun Jahren die islamische Muslim-Bruderschaft unterstützte, die in manchen arabischen Ländern als Terrororganisation verfolgt wird.

    Mohammed bin Salman, Kronprinz und Verteidigungsminister Saudi-Arabiens, rechnet die Türkei zu einem „Dreieck des Bösen“.
    Mohammed bin Salman, Kronprinz und Verteidigungsminister Saudi-Arabiens, rechnet die Türkei zu einem „Dreieck des Bösen“. Foto: dpa

    Die Gegner der Türkei im Nahen Osten verstärken ihren Widerstand

    Erdogans Anspruch, für die Muslime in aller Welt zu sprechen, verärgert die traditionelle islamische Führungsmacht Saudi-Arabien. Kronprinz Mohammed bin Salman zählt die Türkei mit dem Iran und islamistischen Extremisten zu einem „Dreieck des Bösen“. Nach dem Mord an dem saudischen Dissidenten Jamal Khashoggi in Istanbul vor zwei Jahren stürzten die türkisch-saudischen Beziehungen noch tiefer in die Krise. Mit Israel, Ägypten und den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) liegt Ankara ebenfalls über Kreuz.

    Wie der Boykottaufruf aus Saudi-Arabien zeigt, verstärken die Gegner der Türkei im Nahen Osten jetzt ihren Widerstand gegen Ankara. Türkische Exporteure wurden Medienberichten zufolge von ihren saudischen Geschäftspartnern darüber informiert, dass türkische Waren im Königreich nicht mehr erwünscht seien. Mithat Yenigün, Vorsitzender des türkischen Bauunternehmer-Verbandes, sagte der Zeitung Sözcü, türkische Baufirmen erhielten in Saudi-Arabien und den VAE kaum noch Aufträge. Der Rückgang geht demnach weit über den Effekt der Corona-Pandemie hinaus. Auch Marokko will keine türkischen Importe mehr und führte kürzlich hohe Zölle auf türkische Textilien ein.

    Baschar al-Assad könnte zum Nutznießer dieser anti-türkischen Bewegung werden

    Der wirtschaftliche Schaden für die Türkei hält sich in Grenzen, weil die meisten Exporte des Landes nach Europa und in die USA gehen; unter den zehn größten Abnehmern türkischer Ausfuhren waren im vergangenen Jahr nur zwei Nahost-Staaten. „Lächerlich“ seien die arabischen Boykottaufrufe gegen die Türkei, sagte Numan Kurtulmus, einer der Vizechefs von Erdogans Regierungspartei AKP. Politisch ist die anti-türkische Stimmung im Nahen Osten für Ankara jedoch bedenklich. Auf Vorschlag von Ägypten richtete die Arabische Liga vor kurzem einen Außenminister-Ausschuss ein, der sich mit den „türkischen Einmischungen in arabische Angelegenheiten“ befassen soll.

    Zusammen mit Verbündeten wie Saudi-Arabien und den VAE wendet sich Ägypten auch gegen die türkische Truppenpräsenz in Syrien. Der syrische Staatschef Baschar al-Assad könnte so zum Nutznießer der anti-türkischen Bewegung in der Region werden. Erdogan-Erzfeind Assad, der wegen des Bürgerkrieges in seinem Land bis vor kurzem ein Pariah im Nahen Osten war, knüpft seit einiger Zeit neue Kontakte mit benachbarten Staaten. Anfang des Monats schickte Oman als erster Golfstaat seit 2012 wieder einen Botschafter nach Damaskus; die VAE hatten ihre Botschaft in Syrien bereits vor zwei Jahren unter Leitung eines Geschäftsträgers wieder geöffnet. Selbst der türkische Partner Katar streckt die Fühler nach Syrien aus. Ab Ende des Jahres soll es wieder regelmäßige Flugverbindungen zwischen Damaskus und Doha geben. Für die Türkei wird es einsam in der Region.

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