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Deutschland nicht mehr an erster Stelle bei Asylanträgen in der EU

Migrationspolitik

Deutschland nicht mehr an erster Stelle bei Asylanträgen in der EU

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    Deutschland ist nicht mehr Zielland Nummer eins für Asylsuchende. Dennoch gibt es Kritik von und am Chef des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge.
    Deutschland ist nicht mehr Zielland Nummer eins für Asylsuchende. Dennoch gibt es Kritik von und am Chef des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge. Foto: Sebastian Gollnow, dpa (Symbolbild)

    Deutschland ist laut einem Medienbericht bei Asylanträgen erstmals seit Jahren nicht mehr Spitzenreiter in der EU. Das berichtet die Welt am Sonntag unter Berufung auf einen als vertraulich gekennzeichneten Bericht der EU-Kommission vom 2. April. Spitzenreiter bei den Asylanträgen ist demnach Frankreich mit 40.871 registrierten Asylanträgen zwischen dem 1. Januar und dem 31. März dieses Jahres. Dahinter folgten Spanien (39.318 Asylanträge) und Deutschland.

    In Deutschland sei die Zahl der Schutzgesuche im ersten Quartal des laufenden Jahres um 41 Prozent gegenüber dem vergleichbaren Vorjahreszeitraum auf 37.387 Anträge zurückgegangen. Schlusslichter seien Ungarn mit 22 Asylanträgen und die Slowakei mit 37 Anträgen – zwei Länder mit einem besonders harten Kurs in der Migrationspolitik.

    42 Prozent weniger Asylanträge in den ersten drei Monaten 2025

    Die Zahl der Menschen, die in Deutschland Schutz suchen, ist 2024 erstmals seit dem Anstieg 2021 wieder gesunken. Diese Bilanz stellte geschäftsführende Bundesinnenministerin Nancy Faeser Anfang April in Berlin vor. Mit ihrer Amtszeit sei sie daher zufrieden, wie sie sagt: „Unser Ziel war es, die Zuwanderung von Arbeits- und Fachkräften zu stärken, die irreguläre Migration wirksam zu begrenzen und die Schleusungskriminalität wirksam zu bekämpfen. In allen drei Bereichen sind wir stark vorangekommen.“

    Nancy Faser ist im Rückblick auf ihre Amtszeit zufrieden.
    Nancy Faser ist im Rückblick auf ihre Amtszeit zufrieden. Foto: Sebastian Gollnow, dpa

    Denn auch die Zahl der Erstanträge ging im Vergleich zu 2023 um 30,2 Prozent zurück. Noch deutlicher fiel der Rückgang bei der Gesamtzahl der Anträge aus. Faeser sieht das als Erfolg ihrer Politik: „Wir haben Asylverfahren beschleunigt und digitalisiert, und wir haben das Bundesamt für Flüchtlinge und Migration personell weiter gestärkt.“ Vor allem sei die Zahl der unerlaubten Einreisen gesunken, auch dank Grenzkontrollen und einem härteren Vorgehen gegen Schleuser.

    Eine Hauptursache für den Rückgang ist jedoch nach Einschätzung des Chefs des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf), Hans-Eckhard Sommer, dass Serbien im November 2023 die Flüchtlingsroute nach Ungarn faktisch gesperrt habe. Ob dies dauerhaft so bleiben werde, sei offen. Der Behördenleiter hatte kürzlich bei einer Veranstaltung der Konrad-Adenauer-Stiftung einen Vorschlag präsentiert, der dem Kurs seiner Ministerin widerspricht. Er will weg von der Prüfung individueller Asylanträge und hin zu humanitären Aufnahmen über Kontingente. Also Asyl nicht mehr als ein einklagbares Recht für eine unbestimmte Zahl von Menschen, sondern in Form einer sogenannten Obergrenze.

    Innenpolitiker von Grünen und Linken fordern nun den Rücktritt von Sommer. Auch Faeser wurde von der Linken-Abgeordneten Clara Bünger kritisiert: „Wer Abschiebung und Zurückweisung als politische Erfolge feiert, entwertet den Anspruch auf Schutz und stellt Menschenrechte zur Disposition. Wir brauchen dringend eine Kehrtwende in der Migrationspolitik – weg von Abwehr, hin zu Solidarität und Menschenwürde.“ Dass die scheidende Innenministerin auch die künftige sein wird, gilt als unwahrscheinlich: In einer neuen Bundesregierung unter einem Kanzler Friedrich Merz (CDU) dürfte die Union das Innenministerium beanspruchen.

    Den Paradigmenwechsel schlage Hans-Eckhard Sommer nicht als Präsident des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) vor, sondern als Privatperson, sagt er.
    Den Paradigmenwechsel schlage Hans-Eckhard Sommer nicht als Präsident des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf) vor, sondern als Privatperson, sagt er. Foto: Soeren Stache, dpa (Archivbild)

    Der von Sommer vorgeschlagene Kurswechsel kam beim Parlamentarischen Geschäftsführer der Unionsfraktion, Thorsten Frei (CDU), gut an. „Dass ich diesem Vorschlag gegenüber eine gewisse Sympathie habe, das kann man schon daran sehen, dass ich diesen Vorschlag auch schon einmal unterbreitet habe“, sagte er bei RTL/ntv. In den laufenden Koalitionsverhandlungen habe man darüber aber nicht gesprochen.

    Syrien ist nach wie vor Hauptherkunftsland der Schutzsuchenden

    Ein Viertel aller Schutzanträge in Deutschland wird laut dem Bericht der Welt am Sonntag von Menschen aus Syrien (24 Prozent) gestellt. Die Anzahl der Schutzsuchenden aus diesem Herkunftsland ist seit 2013 hoch. Dies war der Zeitpunkt, an dem der syrische Bürgerkrieg in seine intensivste Phase trat und viele Menschen flohen. Bis heute ist Syrien eines der häufigsten Herkunftsländer der Schutzsuchenden, obwohl die Zahl im Vergleich zu den Jahren der größten Krise um 2015 herum etwas zurückgegangen ist. Dennoch fliehen noch viele Menschen, da die humanitäre Lage in vielen Gebieten nach wie vor katastrophal ist.

    Doch die meisten Schutzsuchenden in der EU sowie der Schweiz und Norwegen kamen dem zitierten EU-Bericht zufolge aus Venezuela, erst darauf gefolgt von Asylsuchenden aus Afghanistan und Syrien. Insgesamt stieg die Zahl der Asylanträge von Venezolanern im ersten Quartal dieses Jahres um 44 Prozent. Auch die Anträge auf Asyl von Ukrainern, Chinesen und Indern stiegen stark an. Demgegenüber beantragten Menschen aus Syrien, Kolumbien und der Türkei in diesem Zeitraum deutlich weniger Asyl. Frankreich ist zum Zielland Nummer eins für Ukrainer geworden. (mit dpa)

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