Ungeachtet erneuter Appelle für eine Waffenruhe treibt Israel nach eigenen Angaben die Bodeneinsätze in dem von der islamistischen Hamas kontrollierten Gazastreifen voran. "Hunderte Ziele der mörderischen Hamas-Terrororganisation" seien bei "koordinierten Luft- und Bodenangriffen" attackiert worden, teilte der israelische Armeesprecher Daniel Hagari mit.
Fast die Hälfte aller zivilen Todesopfer im Gazastreifen soll laut UN jünger als 18 Jahre sein. Erneut wurde Israel nach Darstellung der Armee auch vom Libanon aus attackiert.
Israel: Erneut Kommandant des Terror-Überfalls getötet
Bei ihrem Vorrücken in den Gazastreifen hat die israelische Armee nach eigener Darstellung erneut einen führenden Kommandanten des Terror-Überfalls im Süden Israels am 7. Oktober getötet. Angaben zu den Standorten der Truppen oder einer Verstärkung der Einheiten machte er nicht.
"Während wir sprechen, kämpfen unsere Soldaten auf dem Schlachtfeld, (...) beteiligen sich an heftigen Nahkämpfen, bei denen sie Terroristen beseitigen", sagte er. "Die kommenden Wochen werden Widerstandsfähigkeit und Geduld von uns allen verlangen", sagte Armeesprecher Hagari. Laut Medienberichten steht die Armee inzwischen etwa drei Kilometer tief im Gazastreifen.
300 Ziele im Visier der israelischen Armee
Laut israelischer Armee sind in zwei Tagen rund 300 Ziele im Gazastreifen angegriffen worden. Dutzende Terroristen seien getötet worden.
Wie der militärische Arm der islamistischen Hamas, die Kassam-Brigaden, mitteilte, hatten Kämpfer südlich der Stadt Gaza unter anderem mit Panzerabwehrraketen und Sprengsätzen vier Fahrzeuge der israelischen Armee angegriffen. Nordwestlich von Gaza seien ein Panzer und ein Bulldozer mit zwei Panzerabwehrraketen angegriffen, nördlich der Stadt weitere Fahrzeuge beschossen worden. Zudem seien Soldaten zu Fuß nahe des Grenzübergangs Kerem Schalom im Südosten des Gazastreifens mit Mörsergranaten beschossen worden, hieß es. Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen.
Unicef: Bisher 3450 Kinder im Gaza-Krieg getötet
Im Gaza-Krieg sind nach Angaben des UN-Kinderhilfswerks Unicef bisher 3450 Kinder getötet worden. "Gaza ist ein Friedhof für Kinder geworden", sagte Unicef-Sprecher James Elder während eines Briefings in Genf. Eine Quelle für die Zahl nannte er nicht. Ohne Lieferungen von Treibstoff, Medikamenten, Wasser und Lebensmitteln könnten die aktuellen Zahlen bald "nur die Spitze eines Eisbergs sein", so Elder weiter.
Treibstoff werde unter anderem gebraucht, um die Generatoren der Kliniken zu betreiben, Wasser aufbereiten zu können und für die Rettungsfahrzeuge, sagte ein Sprecher der Weltgesundheitsorganisation (WHO). Die UN-Vertreter forderten erneut eine sofortige Waffenruhe.
Terroristen der im Gazastreifen herrschenden Hamas hatten am 7. Oktober in Israel ein Massaker unter Zivilisten angerichtet. Mehr als 1400 Menschen starben dabei und in den folgenden Tagen. Seitdem greift Israel den Gazastreifen an, um die Hamas zu vernichten und die rund 230 Geiseln zu befreien.
In dem Krieg wurden nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde etwa 8500 Zivilisten im Gazastreifen getötet und 21.000 verletzt worden. Die Zahlen lassen sich nicht unabhängig überprüfen.
UN-Generalsekretär: Völkerrecht kein "à la carte Menü"
UN-Generalsekretär António Guterres zeigte sich "zutiefst beunruhigt" über die Verschärfung des Konflikts. Dazu gehörten die Ausweitung der Bodenoperationen der israelischen Streitkräfte genauso wie intensivierte Luftangriffe und der anhaltende Raketenbeschuss aus Gaza auf Israel, teilten die Vereinten Nationen in New York mit. Guterres forderte erneut einen humanitären Waffenstillstand und ungehinderten Zugang von Hilfskräften in den Gazastreifen.
Israel greift "Terrorzelle" im Libanon an
Die israelische Armee hat nach eigenen Angaben erneut eine "Terrorzelle" im Libanon angegriffen. Diese habe geplant, Panzerabwehrraketen nach Israel abzufeuern, teilte das Militär mit. Zusätzlich seien Panzerabwehrraketen auf zwei Stellungen der israelischen Armee in Grenznähe geschossen worden. Die Armee reagiere auf den Beschuss, hieß es.
An der Grenze zwischen Israel und dem Libanon kommt es seit Beginn des Gaza-Kriegs zunehmend zu Konfrontationen zwischen der israelischen Armee und der Schiitenmiliz Hisbollah. Auf beiden Seiten gab es bereits Tote. Die Hisbollah hat Verbindungen zur im Gazastreifen herrschenden islamistischen Hamas.
Auch aus dem Gazastreifen wurden nach Darstellung Israels erneut Raketen auf das Zentrum des Landes und den Süden abgefeuert. Raketenalarm wurde mehrfach ausgelöst, wie die Armee mitteilte. Seit Beginn des Krieges am 7. Oktober bis zum Wochenende wurden nach israelischen Angaben rund 8000 Raketen von Gaza aus auf Israel abgefeuert.
Bisher 144 Lastwagen mit Hilfe im Gazastreifen eingetroffen
Im Gazastreifen sind weitere 26 Lastwagen mit dringend benötigten Hilfsgütern eingetroffen. Sie hätten Lebens- und Arzneimittel von Ägypten über die Grenze gebracht, teilte der Palästinensische Rote Halbmond mit. Damit seien seit Beginn des Kriegs zwischen Israel und der Palästinenserorganisation Hamas insgesamt 144 Lkw in dem abgeriegelten Küstengebiet eingetroffen.
Nach israelischen Angaben standen am Morgen weitere 80 Lastwagen mit Hilfsgütern zur Kontrolle für die Einfuhr in den Gazastreifen bereit. "Dies ist die größte Lieferung von Hilfsgütern seit Beginn des Krieges", teilte die zuständige israelische Behörde Cogat auf der Plattform X, vormals Twitter, mit.
Die Vereinten Nationen betonen immer wieder, dass die Lieferungen angesichts der humanitären Lage in Gaza bei Weitem nicht reichten. "Die Handvoll Konvois, die durch (den Grenzübergang) Rafah gelassen wird, ist nichts im Vergleich zu den Bedürfnissen von mehr als zwei Millionen in Gaza gefangenen Menschen", sagte Philippe Lazzarini, Generalkommissar des UN-Palästinenserhilfswerks UNRWA. Laut UN werden täglich eigentlich 100 Lastwagenladungen benötigt, um die 2,2 Millionen Menschen mit dem Nötigsten zu versorgen.
Israelischer UN-Botschafter mit gelbem Stern
Bei einer denkwürdigen Rede im UN-Sicherheitsrat hat sich Israels UN-Botschafter Gilad Erdan einen gelben Stern an sein Sakko gesteckt. Auch seine Mitarbeiter trugen am Montag (Ortszeit) vor dem UN-Gremium gelbe Davidsterne mit der Aufschrift "Never Again" ("Nie wieder"). Diese erinnerten an jene gelben Sterne, die jüdischen Mitbürgern und Mitbürgerinnen während der Nazi-Diktatur als Zeichen der Entrechtung und Ausgrenzung aufgezwungen worden waren. Sechs Millionen Juden wurden im Holocaust ermordet.
Er werde den Stern tragen, so wie seine Großeltern und die Großeltern von Millionen Juden, sagte Erdan an den Sicherheitsrat gewandt. "Wir werden den Stern tragen, bis Sie die Gräueltaten der Hamas verurteilen und Sie die sofortige Freilassung unserer Geiseln fordern".
(dpa)