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Meinung: In der Flüchtlingskrise gleicht die EU einem Käfig voller Narren

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In der Flüchtlingskrise gleicht die EU einem Käfig voller Narren

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    Eine Aufnahme der Brüder Tawab und Taher Fasni aus Afghanistan am Münchner Hauptbahnhof. Viele Münchner haben die Verzweifelten warmherzig empfangen.
    Eine Aufnahme der Brüder Tawab und Taher Fasni aus Afghanistan am Münchner Hauptbahnhof. Viele Münchner haben die Verzweifelten warmherzig empfangen. Foto: Matthias Balk

    Seit 2011 wählt das amerikanische Forbes-Magazin Angela Merkel jedes Jahr zur mächtigsten Frau der Welt. Doch dieser Tage ist zu spüren: Der Titel ist so wertlos wie eine Bananenschale.

    Denn während der Druck der Flüchtlinge auf die Wohlstandsfestung Europa zunimmt, gleicht die Europäische Union innenpolitisch einem Käfig voller Narren. Jeder macht, was er will. Und keiner ist in der Lage, die Gemeinschaft politisch zu führen. Auch nicht Angela Merkel, die Kanzlerin des größten und einflussreichsten EU-Mitglieds Deutschland.

    Am Montag hat Ungarns Regierungschef Viktor Orbán mal eben – und ohne jede Absprache mit der Bundesregierung – eine neue Schleuse geöffnet. Und schon erreichten tausende Flüchtlinge aus Balkanstaaten, Syrien, Afghanistan und Eritrea per Schnellzug Wien, Rosenheim und München. Das Dublin-Abkommen, wonach der EU-Staat für das Asylverfahren zuständig ist, den der Flüchtling als Erstes erreicht hat, ist inzwischen das Papier nicht mehr wert.

    Die Münchner haben der Welt ihr großes Herz gezeigt

    Für die Flüchtlinge ist das jedoch ein Geschenk. Denn während sie auf griechischen Inseln schlecht versorgt und in Ungarns Hauptstadt zusammengepfercht werden, empfingen warmherzige Münchner die Verzweifelten mit eilig gekauften Getränken, Brezen und Teddybären für Kinder. Das ist ein bayerisches Detail der internationalen Flüchtlingskrise, für das man Stolz empfinden darf. Die Münchner haben der Welt ihr großes Herz gezeigt – und vor allem die EU-Staaten Osteuropas beschämt.

    Denn egal ob Polen, die Slowakei oder Tschechien – die Regierungen dieser Staaten interessieren sich nicht für die humanitäre Katastrophe in vielen Herkunftsländern. Sie machen die Grenzen dicht – auch in hysterischer Angst vor muslimischer Zu- und Unterwanderung. Wer in diesen Staaten um Hilfe bitten möchte, braucht helle Haut und christlichen Glauben.

    Am Ende müssen daher Deutschland, Österreich, Frankreich, Schweden sowie die Transitstaaten Griechenland, Italien und Ungarn die Hauptlast der Flüchtlingswelle tragen. Von den 28 Mitgliedern der Gemeinschaft stiehlt sich die Mehrheit in der Flüchtlingskrise aus der Verantwortung.

    Krise verlangt nach einem europäischen Sondergipfel

    Und damit sind wir wieder bei der angeblich so mächtigen deutschen Kanzlerin. Seit Wochen regen Angela Merkel und ihr Außenminister Frank-Walter Steinmeier eine faire Verteilung der Flüchtlinge in Europa an. Auch schlagen sie gemeinsame Standards im Umgang mit den Zuwanderern vor.

    Gehör finden Merkels Vorschläge aber nur bei den gleichgesinnten Hauptlastenträgern. Für alle anderen gilt: Wegducken, abwarten, weitermachen wie bisher. Die freundlichen Appelle verhallen erfolglos. Das führt der Bundeskanzlerin die Grenzen ihrer Macht vor Augen. Wenn es hart auf hart kommt, ist der Nationalstaat wichtiger als der europäische Gedanke.

    Doch genau diese Haltung dürfen Merkel und die viel zu passive Brüsseler EU-Kommission nicht mehr länger akzeptieren. Diese Krise verlangt nach einem europäischen Sondergipfel. Zwar kann niemand die Verweigerer dort zu einer gerechteren EU-Verteilung zwingen. Doch wird der öffentliche Druck die Nein-Sager, zu denen auch Großbritannien gehört, in Erklärungsnot und vielleicht zum Umdenken bringen.

    Denn am Ende kann niemand wollen, dass die EU weiter ein so jämmerliches Bild wie in dieser Flüchtlingskrise abgibt. Eine Gemeinschaft, die per Richtlinie den Geschmack einer Pizza Margarita vorschreibt, aber nicht einmal in der Lage ist, über gemeinsame Standards in der Asylpolitik auch nur zu verhandeln, ist nicht viel wert.

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