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Matthias Miersch ist der Mann fürs Grüne in der SPD: Was den Generalsekretär vom Kanzler trennt

Neuer SPD-Generalsekretär

Mehr Klimaschutz, weiter links – was SPD-General Miersch von Kanzler Scholz trennt

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    Der Mann fürs Grüne in der SPD: Matthias Miersch folgt auf Kevin Kühnert als Generalsekretär.
    Der Mann fürs Grüne in der SPD: Matthias Miersch folgt auf Kevin Kühnert als Generalsekretär. Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Bei der SPD, heißt es, fängt man irgendwann ganz unten links an, um oben als Konservativer anzukommen. Während Bundeskanzler Olaf Scholz diesen Weg beinahe mustergültig beschritten hat, gilt das für den neuen Generalsekretär Matthias Miersch nicht. Er ist Sprecher der Parlamentarischen Linken in der SPD-Fraktion, sein Thema ist die Versöhnung von Klimaschutz und sozialer Gerechtigkeit.

    Für ihn heißt das, den Wohlhabenden mehr wegzunehmen, um es den Ärmeren zu geben. Und wenn das Geld trotzdem nicht reicht, dann nimmt man eben Schulden auf. Miersch ist der Mann für’s Grüne bei der SPD. Er verhandelte zum Beispiel federführend das vermurkste Heizungsgesetz für seine Partei. „Das ist kein Öko-Stalinismus“, sagte der frisch Gekürte Dienstagnachmittag im Willy-Brandt-Haus. Die beiden Parteichefs Lars Klingbeil und Saskia Esken rahmten ihn auf dem roten Podium ein. Er war ihr erster Kandidat für die Nachfolge von Kevin Kühnert gewesen und sagte als Erster zu, wie Esken berichtete.   

    Angriff auf CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz

    Seine Premiere auf dem neuen Posten nutzte Miersch, um sofort das Anforderungsprofil für Generalsekretäre zu erfüllen. Er ging zur Attacke auf CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz über. „Diese Merz-CDU verkörpert alles, für was ich nicht stehe“, sagte der 55-Jährige. Er zitierte Merz‘ Forderung nach mehr Respekt für Reiche. „Was ist das für eine Aussage?“, fragte Miersch rhetorisch.  Die SPD freut sich auf den Wahlkampf mit dem CDU-Chef, weil sie in ihm den perfekten Gegner sieht: Millionär, keine Regierungserfahrung, konservativ und unbeliebt bei Frauen.   

    Derzeit das Sorgenkind der SPD: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ist der Chef der unbeliebten Ampel-Koalition und genießt nur noch geringe Gunst bei den Wählern.
    Derzeit das Sorgenkind der SPD: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ist der Chef der unbeliebten Ampel-Koalition und genießt nur noch geringe Gunst bei den Wählern. Foto: Fabian Sommer, dpa

    Dennoch hat der neue General eine Aufgabe vor sich, um die er nicht beneidet wird. Nachdem sich Kevin Kühnert aus gesundheitlichen Gründen völlig unerwartet aus der Politik zurückgezogen hat, bleiben Miersch wenige Monate, um eine stark verunsicherte, an ihrem Kanzler zweifelnde SPD aufzurichten. Er ist verantwortlich für die Kampagne, in einem Jahr wird gewählt. Die Partei dümpelt in den Umfragen um die Marke von 15 Prozent, der Kanzler ist im Volke unbeliebt. Trotzdem gab ihm sein neuer Chefwahlkämpfer die volle Rückendeckung: „Olaf Scholz wird sich auf mich 100-prozentig verlassen können.“ Ein Aber folgte auf dem Fuße: „Ich werde nicht bequem und ein einfacher Ja-Sager sein.“ Von Verteidigungsminister Boris Pistorius als beliebter Kanzler-Alternative war dieses Mal im SPD-Hauptquartier nichts zu hören.

    Dort ließ Miersch aber auch einen kleinen Blick in seine Seele zu. Er erzählte von Hass-Kommentaren in den sozialen Netzwerken, nachdem seine Personalie bekannt wurde. „Der Politikbetrieb in Berlin kann gnadenlos sein. (…) Da braucht man schon ein dickes Fell. Ich bin jemand, der sehr sensibel sein kann“, sagte Miersch über sich selbst. Neulich habe er gelesen, dass Kühnert Marktplätze rocken könne, während Miersch die Menge nachdenkliche stimme, was wiederum ihn zum Nachdenken gebracht habe.

    Die Kernfrage für die SPD ist, ob sie Scholz im Wahlkampf weiter links positionieren will, während der Diskurs im letzten Jahr nach rechts gerückt ist (Stichwort Migration). Als Klassenkämpfer mit wallender Lockenpracht ist der Kanzler zuletzt in seiner Zeit bei den Jusos aufgefallen. SPD-Chef Lars Klingbeil und zuletzt auch der nun ausscheidende Kühnert hatten von ihm öffentlich verlangt, endlich den Kampf gegen schlechte Umfragewerte und für mehr sozialdemokratische Positionen in der Ampel-Koalition aufzunehmen. Ob sich Scholz irgendwohin schieben lässt? Bisher steuert er seine Politik aus dem Kanzleramt gemeinsam mit seiner rechten Hand Wolfgang Schmidt. Beide eint, dass sie davon überzeugt sind, den richtigen Kurs für die Zukunft zu kennen.

    Mit Miersch wächst der Einfluss der niedersächsischen SPD

    Mit Miersch hat sich die Partei für einen Profi entschieden. Der promovierte Rechtsanwalt sitzt seit 2005 im Bundestag, hat seinen Hannoveraner Wahlkreis immer direkt gewonnen. Die niedersächsische SPD ist damit im sozialdemokratischen Gefüge noch einflussreicher geworden, als sie ohnehin schon ist. Der Parteivorsitzende Klingbeil bekommt mit dem früheren Fußballschiedsrichter einen Generalsekretär aus seiner Heimat, auf den er sich verlassen kann.

    Obwohl Miersch vom Habitus und vielen politischen Positionen her nicht viel mit dem Altkanzler verbindet, war er es, der dem mittlerweile in Ungnade gefallenen Gerhard Schröder die Ehrennadel für 60-Jahre SPD-Mitgliedschaft überreichte. Schröder war der Genosse der Bosse, arbeitete für weniger Staat und mehr Markt. Olaf Scholz wird jetzt auch manchmal gefragt, ob er der Genosse der Bosse sein will. Matthias Miersch steht für das Gegenteil.    

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