Die Große Koalition in Berlin hat ihren nächsten Zankapfel gefunden. Nach einem Bericht über die Abgabe mutmaßlich minderwertiger Masken an behinderte und obdachlose Menschen fordert die SPD weiter offen den Rücktritt von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. Die CDU stellt sich hinter ihren Mann und wirft der SPD vor, mit einer Desinformationskampagne Wahlkampf zu machen.
Wie der Spiegel berichtet, hatte das Bundesgesundheitsministerium in der Frühphase der Pandemie Schutzmasken für eine Milliarde Euro gekauft, deren Tauglichkeit angeblich aber nicht ausreichend getestet wurde. Offenbar stand daher die Idee im Raum, die Masken an behinderte und obdachlose Menschen zu verschenken, was dem Bericht zufolge am Veto des Bundesarbeitsministeriums, das für die Sicherheit der Masken zuständig ist, scheiterte. Der Vorwurf steht damit im Raum, dass Spahns Ministerium besonders Schutzbedürftige mit Masken ausstatten wollte, die wenig Schutz bieten.
Merkel fordert CDU auf: "Müssen jetzt dagegenhalten"
Bundeskanzlerin Angela Merkel und CDU-Chef Armin Laschet haben sich nun hinter Spahn gestellt. Merkel sagte am Montag nach Informationen der Bild: "Wenn ich sehe, was mit Jens passiert: Das entbehrt wirklich jeder Sachgrundlage." Sie habe von einem Versuch gesprochen, "durch negative Stimmung Schaden anzurichten". Dies sei "fernab von dem, was man guten Umgang nennt". Sie habe die Runde aufgefordert: "Wir müssen jetzt dagegenhalten."
Laschet kritisierte nach Teilnehmerangaben im Vorstand: "Das ist der Versuch der SPD, mit Negative Campaigning Punkte zu sammeln, und es funktioniert nicht." Die SPD spiele mit den Ängsten der Menschen, wenn sie solche Sachen über Masken in die Welten setze. SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil hatte sich am Vorabend in der "Berliner Runde" gegen ähnliche Vorwürfe zur Wehr gesetzt. Nicht die SPD habe die Vorwürfe aufgebracht, sie seien vielmehr vom Spiegel recherchiert worden.
Spahn selbst hatte den Vorwurf mangelhafter Prüfung mit Schärfe zurückgewiesen: Entscheidend sei, dass es bei allem, was die Regierung tue, um Masken gehe, die sicher seien und den Infektionsschutz gewährleisteten. Genau darauf hin seien alle Masken, die verteilt worden seien, geprüft worden. Eine EU-Zertifizierung hätten die Masken nicht, das sei aus seiner Sicht aber nicht nötig gewesen.
SPD-Chefin: "Appelliere an Armin Laschet, diese Frage zu überdenken"
SPD-Parteivorsitzende Saskia Esken sagte wenige Stunden danach, ohne auf Spahns Stellungnahme einzugehen: "Wer Menschen in dieser Gesellschaft in zwei Klassen einteilt, diejenigen, die ein Anrecht haben auf korrekte Masken und welche, die auch mit nicht ganz zu 100 Prozent wirksamen Masken abgespeist werden, der hat ein Menschenbild, das passt nicht in diese Regierung. Wenn das einer unseren Minister, eine unserer Ministerinnen wäre, wir wüssten was zu tun ist. Ich appelliere an Armin Laschet, diese Frage zu bedenken." Gegenüber der Funken-Mediengruppe urteilte Esken: "Das Verhalten von Jens Spahn ist menschenverachtend.“
Es ist nicht der erste Koalitions-Krach, der sich an der Personalie Spahn entfacht. Zu Beginn des Jahres hatte die SPD an Gesundheitsminister Spahn wegen der zögerichen Impfstoff-Bestellung einen Fragen-Katalog gesendet. (mst-, mit dpa)
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