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Ständiges Meckern und Schlechtmachen bringt Deutschland auch nicht voran

Kommentar

Redet das Land nicht ständig schlecht!

Peter Müller
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    Die WM 2006 ist lange her, und dieses Foto von feiernden Fußballfans dementsprechend ziemlich alt. Aber die grundsätzliche Sache stimmt trotzdem: So schlecht, wie vielerorts behauptet wird, geht es Deutschland nicht.
    Die WM 2006 ist lange her, und dieses Foto von feiernden Fußballfans dementsprechend ziemlich alt. Aber die grundsätzliche Sache stimmt trotzdem: So schlecht, wie vielerorts behauptet wird, geht es Deutschland nicht. Foto: picture alliance, dpa (Archivbild)

    Ein Spätsommerabend in der Nähe von München. Ein Freund feiert seinen Geburtstag tief in den 50ern. Nachbarn und Freunde sind da, sie stammen aus Italien, Ungarn und Baden-Württemberg, leben und arbeiten alle teils schon seit Jahrzehnten in und um München. Erwachsene Kinder sind dabei, sie haben nach dem Studium den ersten echten Job in Aussicht. Die Gespräche drehen sich um Oktoberfest und alkoholfreies Augustiner, Steuererleichterungen bei Hybrid-Dienstwagen und die Frage, wo man in Berlin auf die Schnelle ein bezahlbares WG-Zimmer bekommt.

    Ein normaler Abend, freundliche Menschen und eine Erkenntnis, die nach den Wahlen im Osten Deutschlands und der Aufgeregtheit im politischen Berlin leicht aus dem Blick gerät: So schlecht geht es uns wirklich nicht.

    Die Deutschen sind fertig mit der Ampel – aber das ist nur die halbe Wahrheit

    Sicher, eine zufällige Geburtstagsgesellschaft ist kein repräsentativer Durchschnitt des Landes. Und natürlich wollen die Bürgerinnen und Bürger bei den Wahlen ist Ostdeutschland ein Protest-Signal senden, wenn sie AfD und BSW mit ebenso vielen Stimmen ausstatten wie CDU, SPD und Grüne. Die Unfähigkeit, selbst handwerklich erwartbares Geschäft wie den jährlichen Haushalt einigermaßen geräuschlos aufzustellen, dazu das Raunen vom Koalitionsbruch als ständiges Hintergrundgeräusch – die Menschen sind fertig mit der Ampel.  

    Zur Wahrheit gehört aber auch, dass sich viele Bürgerinnen und Bürger fragen, welches positive, nach vorne blickende Angebot beispielsweise die Union für die kommende Bundestagswahl im Sortiment hat. Das Schlechtmachen des politischen Gegners, die fast schon hysterische Hetze gegen eine demokratische Partei wie die Grünen, die brachialen Angriffe auf den Kanzler, der ja, unabhängig davon, wie schwach er ist, Deutschland noch ein Jahr lang in der Welt vertreten wird – Friedrich Merz und Markus Söder machen das alles seit Monaten wortgewaltig vor. Nur: Ist das wirklich das, was die Wählerinnen und Wählern von ihnen erwarten?

    „Mit Frust alleine gewinnt man keine Wahlen“

    Aufmerken lässt, dass gleich zwei prominente Politiker aus CDU und CSU einen Kurswechsel einfordern. CSU-Vize Manfred Weber warnte im Interview mit unserer Redaktion davor, das Land nur schlechtzureden. „Mit Frust alleine gewinnt man keine Wahlen.“ Auch Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst mahnt, es sei „brandgefährlich, ständig nur schwarzzumalen. Das Gefühl, dass Deutschland kaputt ist, dass mit diesem Land kein Staat mehr zu machen ist, dass alles schlecht ist, davon nähren sich Extremisten“.

    Kanzlerkandidat Merz sollte sich den Rat der beiden Kollegen, die im Gegensatz zu ihm schon mal wichtige Wahlen gewonnen haben, zu Herzen nehmen. Statt die Menschen mit der Forderung aufzuwiegeln, an den Grenzen den Notstand auszurufen, könnte er auch mal jene loben, die sich täglich um die Integration von Flüchtlingen kümmern. Selbstverständlich, Messerattacken und irreguläre Migration brauchen eine Reaktion, eine Antwort. Doch wenn zwei Drittel der syrischen Flüchtlinge, die 2015 nach Deutschland gekommen sind, inzwischen einen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatz haben, ist das ein Erfolg, auf den man auch mal stolz sein kann. Nur: Wurde er je im Bundestag erwähnt?

    Statt zu jammern, sollte Merz konkret sagen, was er besser machen will – schließlich werden sich globale Migrationsströme, Haushaltszwänge, hohe Strompreise und die rauer werdende Konkurrenz auf den Weltmärkten nicht in Luft auflösen, nur weil sich ein bald 70-jähriger seinen Lebenstraum erfüllt und nach Jahrzehnten abseits der Politik doch noch Kanzler wird. Merz hat recht: Die Ampel hat gezeigt, dass sie es nicht kann. Wie er es aber besser machen will, darüber wissen wir nichts. Es ist Zeit für (s)eine positive Agenda.

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    8 Kommentare
    Wolfgang Leonhard

    Herr Müller hat natürlich recht, aber man fragt sich, warum die von ihm als Chefredakteur geführte Zeitung dann jeden Tag aufs Neue den Untergang Deutschlands heraufbeschwört und insbesondere die Grünen dafür verantwortlich macht. Ich empfehle Herrn Müller, die Beiträge der Herren Pohl, Wais und Grimm der letzten Monate zu lesen.

    Wolfgang Boeldt

    Das sage ich in ähnlichen Worten schon seit Jahren - seit es zum Hobby geworden ist, Deutschland schlecht zu reden. Wenn ich mir, egal welche, Zahlen ansehe, so steht Deutschland nicht am Abgrund. Selbst wenn das Wachstum mal in den niedrigen negativen Bereich abrutscht - noch sind wir die wirtschaftlich drittstärkste Nation auf dieser Welt. Auf der anderen Seite gibt es IMMER Verbesserungsmöglichkeiten in einem Staat - aber die Jammerein, wie schlecht es uns allen doch gehe, ist schon mehr als seltsam.

    Maja Steiner

    Hahahahaha entfuhr es mir schon bei der Überschrift. Die Schlechtredner fordern die anderen Schlechtredner auf, nicht immer alles schlecht zu reden. Das ist lustig. Aber leider irgendwie auch traurig, weil es erkennen lässt, dass es an der Selbstreflexion und Eigenwahrnehmung mangelt. Fakt ist halt, dass sich schlechte Botschaften besser verkaufen als gute (insofern muss jeder Leser und Bürger vor der eigenen Türe kehren) und dass den Verlagen das Hemd näher ist als die Hose... sprich, man schreibt und formuliert auf maximale Entrüstung getrimmt. Wenn wenigstens die seriösen Zeitungen dieses Landes zu einer Umkehr bereit wären, wäre das schon mal ein Ansatz. Man muss Scholz nicht mögen - aber regiert er wirklich so schlecht gemessen an den Zeiten und Anforderungen? Man muss Habeck nicht schätzen - aber liegt es nicht am eigenen Egoismus, der die Anforderungen des Klimawandels einfach ausblendet? Darüber sollte man mal nachdenken...;-)

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    Maria Reichenauer

    Ich kann Ihnen nur zustimmen, genau so ist es. Ich würde mir wünschen, dass Journalisten einer Tageszeitung, die seriös sein möchte, Vor- und Nachteile herausarbeiten und recherchieren können, aber meist läuft es doch so: man schnappt eine Pressemeldung auf, plappert sie nach und schlachtet sie aus – ganz gleich ob die Quelle eine (Oppositions)partei oder die BILD ist. Hintergrundrecherche Fehlanzeige.

    Marianne Böhm

    Ich kannte eine Familie mit vielen Kindern und immer wenn Frau schwanger war hieß es , wo neun Kinder sind hat ein zehntes auch noch Platz, oder wird satt.. Für jedes einzelne Kind war nicht viel an Zuwendung, Hilfe von den Eltern da, sie wurden in der Schule, Straße ausgegrenzt, beleidigt, geschlagen usw. die größeren Kinder mussten das lösen und so geht es heute in unserem Land zu. Die Politik bestimmt und das Volk soll's machen und wer sich dagegen stellt ist Rassistisch, Aus einem Werte und Wohlstandstaat sind wir in einen Verdrängungsstaat mit blinder Ideologie umgestiegen. Keiner redet unser Land schlecht, man stellt fest wie es sich verändert. Ich habe noch ein ganz anderes Deutschland erlebt.. Innovativ, Aufbruch, positive Veränderungen, Made in Germany, Menschlichkeit uvm. Deutsche werden gern auf ihre Vergangenheit reduziert, Schuldig bei Problemen. Wie hatte man sich denn ein Miteinander mit Millionen Menschen, verschiedener Kulturen vorgestellt, einfach und naiv

    Maria Reichenauer

    Tja, ich hab mich ein wenig gewundert über Herrn Müller. Er hat schon recht, unser Land wird schlechtgeredet, obwohl es den Deutschen nicht wirklich schlecht geht. Das tun die Extremisten und DAS TUN DIE MEDIEN. Daran ist Herr Müller als Chefredakteur ebens beteiligt wie seine Journalistenriege, die die Ampel längst zum Übel alles Bösen deklariert und alle Bürgergeldempfänger zu Schmarotzern erklärt hat. Täglich lesen wir in der Zeitun, wie schlecht es uns geht, was man sich alles nicht leisten kann und wie sehr alles den Bach runtergeht. Und wenn man das oft genug kommuniziert, dann glauben es die Menschen. Muss ja stimmen, was in der Zeitung steht. Also bitte: Nehmen Sie Ihre Verantwortung als Meinungsbilder wahr und informieren Sie, erklären Sie – statt eine Regierung aus dem Amt zu schreiben, die vielleicht unbequem ist, aber auch wichtige Dinge angestoßen hat, die die Opposition noch nicht einmal in die Diskussion zu nehmen gewagt hat.

    Maria Reichenauer

    Rassistisch ist, wer ständig gegen andere Nationen und Kulturen hetzt und jede Vereinbarkeit ausschließt. Rassistisch ist, wer Toleranz mit Dummheit verwechselt. Rassistisch ist, wer ständig propagiert, nur als Bio-Deutscher hätte er das Recht, in Deutschland zu leben. Auch Ihr ständiges Gejammer wird mir die Neugier auf andere Menschen und Kulturen nicht nehmen. Nur so am Rande: Hätten wir im Mittelalter nicht die Errungenschaften der arabischen Welt kennengegelernt und übernommen, wer weiß, wo wir wären? Und den Aufschwung in der Nachkriegszeit verdanken wir nicht der deutschen Arbeits- und Strahlkraft, sondern er ist auf dem Rücken der "Gastarbeiter" entstanden. Unser heutiger Wohlstandsstaat hat also vor allem türkische und italiensiche Wurzeln. Die Werte sind mit dem Wohlstand allerdings nicht mitgewachsen.

    Marianne Böhm

    Im Bundestagstag sind Sätze von den Ampelmitglieder gefallen wie .. Auch wenn ihr nicht einverstanden seit, wir werden es trotzdem machen.." Da gab es keine Einbindung von anderen, wenn sie nicht ihrer Meinung waren, Pech gehabt.. Baerbock auf der UN Versammlung in Amerika. Kein anders Land, kein anderer Außenminister/In wettert in dieser bösartigen Form gegen Russland wie die deutsche Außenministerin. Wenn ukrainische Politiker so reagieren versteht man es ja noch.. aber was soll diese Betroffenheit der Deutschen. Die Welt wird irgendwann mal wieder anders aussehen und dann stehen wir im Fokus in unserer sturen herrschsüchtigen Art. Solange diese unsere Politiker mit Egoismus regieren und kein Miteinander zulassen, solange verschlechtert sich das Zusammenleben immer mehr.. Und wenn man die Bürger nicht mit nimmt, ihnen nicht sagt wohin die Reise geht.. hat man sie weiterhin gegen sich.. ! Da ist nicht nur Friedrich Merz, Söder Schuld, dieser Ton ist in der Politik wie im Volk..

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