Herr Krauße, wie werden Sie den Wahlsonntag verbringen?
JENS KRAUSSE: Ich werde ein bis zwei Wahllokale abfahren, um zu sehen, ob alles in Ordnung ist. Am Abend, also gegen 18 Uhr, werde ich dann ins Gemeindeamt gehen, wo ich dann natürlich die Ergebnisse aus den einzelnen Wahllokalen bekommen werde. Zudem steht hier in der Nachbargemeinde, mit der wir eine Verwaltungsgemeinschaft bilden, die Wahl des ehrenamtlichen Bürgermeisters an. Da werde ich meinen SPD-Kollegen vor Ort unterstützen.
Mit der SPD im Umkreis von Großhartau scheinen Sie gute Beziehungen zu pflegen. Wie ist das auf Landesebene? Wurde Ihnen nach dem Sieg bei der diesjährigen Kommunalwahl gratuliert?
KRAUSSE: Nein. Es hat weder ein Glückwunschschreiben gegeben noch wurde versucht, mit mir in den Kontakt zu treten – und das zum wiederholten Male. Die Wahlergebnisse bei uns wurden auf Landesebene schlichtweg ignoriert. Ob das an der schlechten Kommunikation oder an Neid oder Eifersucht liegt, weiß ich nicht.
Der Landkreis Bautzen ist AfD-Kernland, außer in Großhartau. Wie erklären Sie sich den Erfolg der SPD in Ihrer Gemeinde?
KRAUSSE: Im Laufe der Jahre konnten wir in der Gemeinde immer mehr Leute für uns gewinnen. Dabei haben wir vieles richtig gemacht – aber auch vieles falsch. Ich glaube der Kern unseres Erfolgs, wenn ich das so sagen darf, ist, dass wir uns auch Fehler eingestanden haben. Zudem sind wir auf die Leute zugegangen und haben uns Zeit genommen, ihnen auch komplexe Sachverhalte zu erläutern. Wichtig ist also Ehrlichkeit, Verlässlichkeit und Authentizität. Wenn man eben eine Sache nicht erreichen oder nicht umsetzen kann, muss man das auch sagen. Das zahlt sich aus.
Diese Ehrlichkeit und Transparenz funktioniert offenbar auf kommunaler Ebene gut. Glauben Sie, auf Landesebene wäre das eine Strategie, die Ihren Genossen aus dem aktuellen Umfragentief helfen könnte?
KRAUSSE: Ich glaube, die SPD hat sich in Sachsen zu sehr auf die Ballungsräume konzentriert, weil man eben gemerkt hat, dass die Bevölkerung im ländlichen Raum meist konservativer ist als den Städten. Das hat einfach damit zu tun, dass die Bevölkerung in den Städten größtenteils jünger ist. Auf dem Land fühlen sich die Menschen vergessen, haben niemanden, der ihre Werte vertritt. Ich werde nicht müde, es zu betonen und habe es auch innerhalb der Partei schon oft genug gesagt: Wir müssen endlich wieder anfangen, die Basis zu stärken. Das heißt über Kommunalparlamente und Bürgermeister sozialdemokratische Politik auch in der Fläche wieder zu machen, um wahrgenommen zu werden. .
Laut einer Studie des Instituts für Wirtschaftsforschung ist der Zuspruch bei den Wählern für AfD und BSW in Ostdeutschland vorwiegend Ausdruck einer gefühlten Benachteiligung. Nehmen Sie das auch bei Ihnen im Landkreis Bautzen wahr?
KRAUSSE: Sicherlich. Ich habe das Gefühl, viele Menschen schätzen Ehrlichkeit und Offenheit immer mehr wert. In Großhartau versuche ich auf alle zuzugehen und meine Entscheidungen zu erklären. Auf größerer Ebene sind nicht alle per Du. Das geht dort nicht, weswegen man andere Wege finden muss, um den Kontakt und die Bindung zu den Wählerinnen und Wählern aufrechtzuerhalten.
Die AfD ist bei Ihnen in Großhartau zweitstärkste Kraft und im Gemeinderat mit vier Sitzen vertreten. Wie ist Ihr Umgang mit der Partei?
KRAUSSE: Im Gemeinderat pflegen wir das „du“, das gilt auch für die vier Vertreter der AfD. Klar unterscheiden sich die Ansichten der SPD und der AfD. In der Kommunalpolitik sollten diese ideologischen Unterschiede jedoch keine Rolle spielen: Wir wollen gemeinsame Politik für die Gemeinde machen. Ein geschätzter Freund von mir und Kommunalpolitiker sagte einst: „Es gibt in den Gemeinden keine roten, grünen oder schwarzen Straßen. Es gibt nur kaputte oder funktionierende.“ Nach diesem Motto machen wir auch in Großhartau Politik.
Wie schätzen Sie kurz vor der Wahl die Chancen der SPD ein?
KRAUSSE: Ich glaube, für meine Partei wird es eng. Natürlich hoffe ich aber, dass die SPD die fünf-Prozent-Hürde bewältigt. Alles Andere wäre ein wirkliches Desaster, das ich mir gar nicht ausmalen möchten. Wobei ich mir auch sicher bin, ist, dass eine Regierungsbildung allemal schwierig werden wird. Eine Verzögerung bei der Regierungsbildung und kein bestätigter Haushalt würde sich bis zu den Kommunen durchschlagen. Ich möchte deswegen den Wählerinnen und Wählern ans Herz legen, die richtige Wahl zu treffen und natürlich auch einzuberechnen, dass wir sonst unregierbar sind.
Zur Person
Seit 2001 ist Jens Krauße SPD-Bürgermeister in Großhartau. Der 58-Jährige hat es geschafft, für die SPD-Höchstwerte in einer Region zu erringen, in der so viele rechts wählen, wie sonst nirgendwo in der Republik, Krauße ist mit einem Mann aus Peru verheiratet. Der gelernte Maschinenbauer und Florist hat aus erster Ehe mit einer Frau einen Sohn.
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