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Krieg in Nahost: Konkrete Hoffnung auf Freilassung Dutzender Geiseln in Gaza

Krieg in Nahost

Konkrete Hoffnung auf Freilassung Dutzender Geiseln in Gaza

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    Palästinenserinnen und Palästinenser laufen von der Stadt Gaza Richtung Süden, um sich dort vor israelischen Angriffen in Sicherheit zu bringen.
    Palästinenserinnen und Palästinenser laufen von der Stadt Gaza Richtung Süden, um sich dort vor israelischen Angriffen in Sicherheit zu bringen. Foto: Rizek Abdeljawad/XinHua, dpa

    Gut sechs Wochen nach dem Terrorangriff der islamistischen Hamas auf Israel scheint die erhoffte Freilassung von Geiseln im Gazastreifen näherzurücken. Es gebe nur noch sehr niedrige Hürden für eine Vereinbarung zwischen Israel und der Hamas, sagte Katars Ministerpräsident Mohammed bin Abdulrahman Al Thani, dessen Emirat eine wichtige Vermittlerrolle hat. Die ungelösten Punkte seien jetzt eher "praktisch und logistisch", berührten aber nicht den Kern des Deals, sagte Al Thani in Doha.

    Unterdessen schreitet die Evakuierung der umkämpften Schifa-Klink in Gaza, die Mitarbeiter der Weltgesundheitsorganisation (WHO) nach einem Besuch am Wochenende als "Todeszone" bezeichneten, voran. Rund 30 Frühchen wurden in den Süden des Gazastreifens verlegt.

    Laut Medien könnten mehr als 80 Geiseln bald freikommen

    Nach Medienberichten aus den USA und Israel könnte es eine Einigung auf eine fünftägige Feuerpause und mehr humanitäre Hilfe in dem abgeriegelten, etwa 40 Kilometer langen Küstenstreifen geben - und im Gegenzug eine Freilassung Dutzender Geiseln.

    Insgesamt waren am 7. Oktober rund 240 Menschen von Terroristen in den Gazastreifen verschleppt worden, wo sie nach israelischen Informationen auch in dem weit verzweigten Tunnelsystem der Hamas festgehalten werden. Am Samstag hatten in Israel Zehntausende Menschen mit einem tagelangen Protestmarsch für einen schnellen Deal zu ihrer Freilassung Jerusalem erreicht. Sie demonstrierten auch vor dem Amtssitz von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu.

    Von offizieller israelischer Seite gab es zunächst keine Bestätigung für ein bevorstehendes Geisel-Abkommen. Der Sender N12 meldete, im Raum stehe die Freilassung von 87 Geiseln, darunter 53 Frauen, Kinder und Jugendliche sowie 34 Ausländer. Im Gegenzug müsse Israel sich zu fünf Tagen Kampfpause sowie zur Freilassung weiblicher und minderjähriger palästinensischer Häftlinge sowie sogenannter Sicherheitshäftlinge verpflichten. Um wie viele Häftlinge es dabei ging, ist unklar. Außerdem verlangt die islamistische Hamas dem Bericht zufolge die Einfuhr von mehr Treibstoff in den abgeriegelten Küstenstreifen, der unter anderem zur Stromversorgung wichtig ist.

    USA: Näher an Einigung für Geisel-Freilassung als jemals zuvor

    Der stellvertretende Nationale Sicherheitsberater der USA, Jon Finer, sagte im US-Fernsehen, es gebe noch keine Übereinkunft zur Freilassung der Geiseln, man sei zum jetzigen Zeitpunkt aber näher an einer Einigung, "als wir es vielleicht jemals waren, seit diese Verhandlungen vor Wochen begonnen haben". "Es gibt Bereiche, in denen die Meinungsverschiedenheiten verringert, wenn nicht sogar ganz ausgeräumt wurden", sagte er.

    Opferzahl im Gazastreifen steigt weiter an

    Die Geiseln waren im Zuge der Massaker am 7. Oktober in Israel mit 1200 Toten verschleppt worden. Als Reaktion begann Israel mit massiven Luftangriffen und startete Ende Oktober eine Bodenoffensive im nördlichen Gazastreifen. Dabei wurden nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde bislang mehr als 13.000 Menschen getötet. Über 30.000 Menschen seien verletzt worden. Die Zahlen lassen sich derzeit nicht unabhängig überprüfen.

    Auf israelischer Seite wurden seit Beginn der Bodeneinsätze Israels im Gazastreifen am 27. Oktober nach Militärangaben 64 Soldaten getötet. Seit dem Massaker von Terroristen der Hamas und anderer Gruppierungen am 7. Oktober im israelischen Grenzgebiet seien es insgesamt 385 getötete israelische Soldatinnen und Soldaten, sagte ein Armeesprecher. Diese Zahl beinhaltet auch Soldaten, die an der Grenze zum Libanon ums Leben kamen.

    Viele Tote bei Angriffen im Süden

    Bei israelischen Angriffen in der Stadt Chan Junis im südlichen Gazastreifen wurden nach Angaben einer Klinik mindestens 47 Menschen getötet. Dies ging aus einer Statistik des Nasser-Krankenhauses hervor. Ein Fotograf berichtete der Deutschen Presse-Agentur von vielen aufgereihten Leichensäcken in der Klinik. Ein Bild zeigte, wie ein Vater den Leichnam seines kleinen Sohnes im Arm hielt. Die israelische Armee veröffentlichte bisher keine Mitteilung dazu.

    Der israelische Verteidigungsminister Joav Galant hatte am Samstag angekündigt, die Angriffe gegen die Hamas und andere Terrorgruppen im Gazastreifen sollten in Kürze auf den Süden ausgeweitet werden. Das Militär ruft die Einwohner des Nordens seit mehr als einem Monat dazu auf, in eine Zone im Süden zu fliehen, die westlich von Chan Junis am Mittelmeer liegt. Allein am Samstag waren nach UN-Angaben etwa 10.000 Menschen aus dem Norden in den Süden geflüchtet.

    Beim Einschlag eines Geschosses in einer UN-Schule im nördlichen Gazastreifen soll es am Samstag zahlreiche Tote gegeben haben. Ein Sprecher der Hamas-Behörden berichtete von vielen Toten und Verletzten in der Schule im Flüchtlingsviertel Dschabalia. Er warf der israelischen Armee vor, das Gebäude angegriffen zu haben. Das Militär teilte mit, man prüfe die Berichte. Der Chef des UN-Palästinenserhilfswerks (UNRWA), Philippe Lazzarini, schrieb bei X, er habe schreckliche Bilder und Videos von Toten und Verletzten erhalten. Berichten zufolge seien mindestens 24 Menschen getötet worden. In der Schule hätten vor dem Beschuss bis zu 7000 Menschen Zuflucht gesucht, erklärte UNRWA.

    Mehr als 30 Frühgeborene aus Gaza-Stadt evakuiert

    Aus dem seit Tagen umkämpften Schifa-Krankenhaus in der Stadt Gaza wurden am Sonntag 31 frühgeborene Babys evakuiert. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) kamen sie auf die Intensivstation der Entbindungsklinik des emiratischen Al-Hilal-Krankenhauses in der südlichen Stadt Rafah, nahe der Grenze zu Ägypten.

    Die Zustände im Schifa-Krankenhaus, wo seit Tagen auch israelische Soldaten nach Terroristen-Verstecken suchen, werden als verheerend beschrieben. Die WHO arbeitet nach eigenen Angaben auch mit Hochdruck an der Rettung der verbliebenen Patienten aus dem Schifa-Krankenhaus. Der WHO zufolge waren am Samstag rund 2500 Binnenflüchtlinge, die in dem Klinikkomplex Schutz gesucht hatten, sowie Mitarbeiter und mobile Patienten nach einem Evakuierungsaufruf des israelischen Militärs in den Süden des Gazastreifens geflohen. Nun sollen sich in der Klinik noch etwa 25 Mitarbeiter und mehr als 250 Patienten befinden.

    Frankreich kündigte an, kranke und verletzte Kinder aufnehmen zu wollen. Man werde alle zur Verfügung stehenden Mittel einsetzen, um zu helfen, die Kinder in französische Krankenhäuser zu bringen, teilte der Élyséepalast in Paris mit.

    Biden spricht sich für Zwei-Staaten-Lösung aus

    US-Präsident Joe Biden sprach sich erneut für eine sogenannte Zwei-Staaten-Lösung im Nahost-Konflikt aus und skizzierte, wie er sich die Zeit nach Ende des Gaza-Kriegs vorstellt. Dabei brachte er in einem am Samstag veröffentlichten Meinungsbeitrag in der "Washington Post" auch Sanktionen gegen extremistische Siedler im Westjordanland ins Spiel. Der Demokrat kritisierte abermals "die extremistische Gewalt gegen Palästinenser im Westjordanland".

    Biden zeichnete in dem langen Beitrag auf, wie die Zukunft in der Region seiner Auffassung nach aussehen soll. "Soviel ist klar: Eine Zwei-Staaten-Lösung ist der einzige Weg, um die langfristige Sicherheit sowohl des israelischen als auch des palästinensischen Volkes zu gewährleisten", schrieb Biden. "Auch wenn es im Moment den Anschein hat, als sei diese Zukunft nie weiter entfernt gewesen, ist sie durch die Krise dringender denn je geworden."

    Der palästinensische Präsident Mahmud Abbas rief am Samstagabend zu einem sofortigen Ende des Kriegs im Gazastreifen auf. In einer Fernsehansprache forderte er Biden dazu auf, "zu intervenieren und diese Aggression sofort zu stoppen".

    (dpa)

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