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Krieg in der Ukraine: Das steckt im "Öl-Embargo light" der EU-Staaten

Krieg in der Ukraine

Das steckt im "Öl-Embargo light" der EU-Staaten

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    Die EU-Staaten haben sich beim geplanten Öl-Embargo gegen Russland auf einen Kompromiss verständigt.
    Die EU-Staaten haben sich beim geplanten Öl-Embargo gegen Russland auf einen Kompromiss verständigt. Foto: Igor Russak, dpa

    Es war bereits Mitternacht, als EU-Ratspräsident Charles Michel endlich die „starke Entscheidung“ verkündete. Die 27 Staats- und Regierungschefs hatten sich nach all den wochenlangen zähen Verhandlungen geeinigt: Das Öl-Embargo gegen Russland kommt –zumindest ein bisschen. Denn während Michel, der den zweitägigen Sondergipfel anberaumt hatte und dementsprechend auf einen Erfolg angewiesen war, die Vereinbarung am Dienstagmorgen als „geeinte Botschaft“ pries, schimpften andere über eine „Kapitulation“ vor Ungarn.

    Ohne Zweifel durfte sich Ministerpräsident Viktor Orbán am Dienstag als Gewinner fühlen. Passenderweise feierte der rechtsnationale Regierungschef auch noch seinen 59. Geburtstag und konnte mit einem großen Geschenk seiner 26 europäischen Amtskollegen zurück nach Budapest reisen.

    Erdöl das von Russland über Druschba-Pipeline kommt gibt es weiterhin

    Der Kauf von russischem Öl, das mit Schiffen in die EU transportiert wird, soll zwar nach Übergangsfristen von sechs Monaten für Rohöl und acht Monaten für raffinierte Produkte wie Diesel und Benzin beendet werden. Doch das Erdöl, das über die von Russland betriebene Druschba-Pipeline nach Ungarn, Tschechien und in die Slowakei kommt, aber auch Polen und deutsche Raffinerien versorgt, darf weiterfließen. Maximal können über die Röhre 1,2 bis 1,4 Millionen Barrel des fossilen Brennstoffs täglich in die

    Das Teil-Embargo betrifft dementsprechend zwei Drittel der Einfuhren. Weil Deutschland und Polen angekündigt haben, sich bis zum Jahresende von russischem Pipeline-Öl unabhängig zu machen, dürfte das die Importe weiter reduzieren. Sollten die beiden Länder ihre Zusagen einhalten – und hier dürfte angesichts der explodierenden Energiepreise noch nicht das letzte Wort gesprochen sein – könnten bis Ende 2022 90 Prozent der Importe in die EU gestoppt werden.

    Kritiker des Kompromisses monierten, dass die Kriegskasse von Wladimir Putin mit diesen „halbgaren Sanktionen“, wie es der Grünen-Europaabgeordnete Rasmus Andresen nannte, weiter gefüllt werde. Die Vizepräsidentin des EU-Parlaments, Nicola Beer (FDP), sprach von einem „Öl-Embargo light“. Seit der Invasion am 24. Februar überwies die EU rund 30 Milliarden Euro allein für Öl nach Moskau. Doch wie lange noch? Das bleibt die große Frage. Die technischen Details müssen die EU-Botschafter in den nächsten Stunden und Tagen ausverhandeln. Im Raum stehen an die jeweiligen Wünsche der einzelnen Mitgliedstaaten angepasste Übergangsphasen sowie Entschädigungszahlungen. Trotz der Streitigkeiten nannte Olaf Scholz das Treffen einen „sehr erfolgreichen Rat“, und mancher Beobachter fragte sich, ob der deutsche Bundeskanzler wirklich beim selben EU-Gipfel weilte.

    Energie wird noch teurer: Rohölpreise stiegen bereits am Dienstag

    Für Verwirrung sorgten in Brüssel die zahlreichen Schlupflöcher, die das vermeintliche Embargo an allen Ecken und Enden aufweist. Und die Sorge vor Wettbewerbsverzerrungen ist groß. Darf etwa Ungarn das Öl als Benzin verkaufen? Theoretisch zwar nicht, aber wie und wer kann das auf dem gemeinsamen Binnenmarkt kontrollieren? Oder was passiert, wenn Ungarn Öl nach Serbien ausführt und der Brennstoff über Umwege wieder in die EU gelangt? Eine weitere Ausnahme freut vor allem Griechenland und Zypern. Denn deren Tanker dürfen auch künftig russisches Öl transportieren, etwa nach Asien.

    Für alle deutschen Verbraucher und die Industrie dürfte auch das „Öl-Embargo light“ bei den Kosten durchschlagen. Denn russisches Öl muss auf dem Weltmarkt ersetzt werden, die Nachfrage treibt die Preise. Tatsächlich legten die Rohölpreise am Dienstag deutlich zu. Doch tun sich auch Experten mit Prognosen schwer.

    So erklärte der Wirtschaftsverband Fuels und Energie: „Klar ist, dass mit einem Öl-Embargo auf russisches Öl Bezugsquellen auf dem Weltmarkt für Deutschland wegfallen. Wie sich in der Folge die Preise mittelfristig entwickeln, lässt sich nicht vorhersagen.“ Ähnlich äußerte sich der Düsseldorfer Ökonom Jens Südekum, fügte aber auch hinzu: „Ich gehe nicht davon aus, dass es schockartige Preissprünge geben wird.“

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