EZB-Präsidentin Christine Lagarde ist eine spät berufene Inflationsbekämpferin. Zu lange hoffte sie, die Teuerung werde sich schon wieder beruhigen. Doch das Gegenteil ist der Fall. So schwenkt die Notenbank-Chefin mit einem guten halben Jahr Verspätung endlich auf den Kurs der Vernunft ein. Sie bewegt sich doch. Dabei blieb ihr angesichts einer ausufernden Inflation, die ohne Gegenwehr im Euro-Raum auf neun oder sogar zehn Prozent steigen könnte, keine andere Wahl. Sie musste die Zinsen jetzt kräftig um 0,5 Prozentpunkte erhöhen. Der Druck war zu groß.
Die Zinsen müssen weiter steigen, um die Inflation zu bremsen
Wer wie Lagarde erst auf den letzten Drücker handelt, muss am Drücker bleiben und die Zinsen in vielen weiteren Schritten von je 0,5 Prozentpunkten bis zum Frühjahr auf etwa 4,0 Prozent nach oben schrauben. Nur so lässt sich die giftige Teuerung mittelfristig spürbar nach unten schubsen.
Dabei ist die EZB-Chefin nur zum Teil auf den Pfad der Tugend eingekehrt. Denn hinter ihrem neuen kompliziert klingenden Programm „Transmission Protection Instrument“ verbirgt sich eine simple und gefährliche Stoßrichtung: Sollte der ewig unbelehrbare und letztlich wohl unregierbare Schuldenmacher Italien durch die steigenden Zinsen in finanzielle Nöte kommen, hilft ihm die EZB wieder mit Anleihenkäufen. Lagarde schafft eine Art „Lex Italia“. Das ist Staatsfinanzierung. Dazu hat die Zentralbank kein Mandat.