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Kommentar: Wie die Demokraten selbst die Demokratie in eine Krise stürzen

Kommentar

Wie die Demokraten selbst die Demokratie in eine Krise stürzen

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    Joe Biden will um jeden Preis Präsidentschaftskandidat bleiben – und ebnet Donald Trump damit den Weg.
    Joe Biden will um jeden Preis Präsidentschaftskandidat bleiben – und ebnet Donald Trump damit den Weg. Foto: Evan Vucci, dpa

    Über Donald Trump zu schimpfen, ist in den vergangenen Jahren fast zu einer eigenen Kunstform avanciert. Kein Wort ist zu drastisch, kein Vergleich groß genug, um die Abscheu vor jenem Mann auszudrücken, der eine Politik der Launenhaftigkeit, der Lügen und der Liebe zu den Diktatoren dieser Welt betreibt. Ohne Zweifel: Trump macht es seinen Kritikern leicht. Doch wer in diesen Tagen in die USA blickt, muss erkennen, dass die personifizierte Verantwortungslosigkeit nicht nur im Trump-Tower sitzt, sondern genauso im Weißen Haus.

    Es war auch der Demokrat Joe Biden, der mit seinem unbedingten Willen, eine zweite Amtszeit anzustreben, für das beispiellose Chaos gesorgt hat, das nun herrscht. „Gestern Abend hat sich nichts Grundlegendes an dieser Wahl geändert“, sagte ein Mitglied aus Bidens Wahlkampfteam am Tag nach dem verstolperten TV-Duell beschwichtigend. Er hat recht: Dass der 81-Jährige dem fordernden Amt des Präsidenten nicht mehr gewachsen ist, hat sich lange vorher abgezeichnet. Niemand in der Partei hatte den Mut, das auszusprechen, was doch jeder sah: einen Greis, der dem Amt keine weiteren Jahre gewachsen ist. Niemand wollte an Bidens Eitelkeit kratzen.

    Selbstüberschätzung und Ego bringt Demokratien ins Wanken

    Es ist das Ego großer Männer, das gerade dabei ist, den Westen in eine existenzielle Krise zu stürzen, wie er sie lange nicht gekannt hat. Die Demokraten dieser Welt selbst zerstören die Demokratie. In Großbritannien hat sich seit dem Brexit Frust breitgemacht – weil ein konservativer Premierminister namens Cameron aus innerparteilichen Gründen ein populistisches Referendum wagte. Das Ergebnis lässt sich heute in einem zu Recht als historisch bezeichneten Wahlergebnis besichtigen: Es ist nichts anderes als ein gigantisches Misstrauensvotum.

    In Frankreich löste ein liberaler Präsident ohne äußere Zwänge die Nationalversammlung auf und nimmt für sein politisches Spielchen in Kauf, dass die Ränder links wie rechts triumphieren und das Land im Zweifel unregierbar machen. In Berlin sitzt eine Koalition, bei der das Nichtregieren zum traurigen Prinzip geworden ist. Die Feinde der Demokratie, egal, ob sie Xi oder Putin heißen, müssen nur warten, bis sich ihre Gegner selbst erledigen.

    Die Machtverhältnisse in der Welt verschieben sich

    Wer das Vertrauen in die eigene Fähigkeit, Probleme zu lösen, verspielt, muss sich nicht wundern, wenn es auch von den Wählerinnen und Wählern angezweifelt wird und diese jenen eine Chance geben, die ihnen zumindest zuhören. Die Folge ist fast eine tektonische Verschiebung der Machtverhältnisse.

    Man mag sich gar nicht vorstellen, wie der Westen, wie wir ihn kennen, spätestens im kommenden Jahr mit einer massiven Lähmung überzogen werden könnte. In Europa, das sich schon in guten Zeiten schwertut, wird die so wichtige deutsch-französische Achse noch tiefere Risse bekommen, wenn im Parlament in Paris die Rechten die Macht übernehmen. Die USA werden unter einem möglichen Präsidenten Trump zu einer sicherheitspolitischen Willkürherrschaft mutieren – abhängig von den Launen eines Mannes, der aus seiner Abscheu gegenüber dem angeblichen „Drückeberger“ Deutschland kein Geheimnis macht. Ausgerechnet der Supreme Court hat ihm mit seinem Urteil sogar noch den Rücken gestärkt – dass er der Versuchung widerstehen wird, zu einer Art amerikanischer König, der über allen Gesetzen steht, aufzusteigen, ist unwahrscheinlich.

    Für Bundeskanzler Olaf Scholz sollte das, was um ihn herum geschieht, eine eindringliche Warnung sein. Gerade Deutschland ist auf seine Partner angewiesen. Es steht viel auf dem Spiel. Und doch wirkt Scholz wie ein Schlafwandler, der sich im fiebrigen Traum selbst vorsagt, dass schon alles gut werde, dass es schon nicht so schlimm komme. Am Ende aber sind es die Eitelkeiten von wenigen, die der Demokratie und dem Rechtsstaat schweren Schaden zufügen.

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    1 Kommentar
    Wolfgang Leonhard

    Frau Hufnagel, im fiebrigen Albtraum befanden Sie sich wohl selbst, als Sie diesen Leitartikel schrieben. Natürlich, die Zeiten sind schwierig, aber das waren sie auch früher schon und es hilft nicht, in Hysterie zu verfallen und alles Positive auszublenden: In Polen und in Großbritannien wurden die Rechtspopulisten aus dem Amt gejagt, in Frankreich hat sich nun eine große Koalition der Demokraten zusammengefunden, um die Rechten um le Pen zu verhindern und in Deutschland geht es nun plötzlich auch wieder voran.

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