Vieles ist schiefgelaufen in der Asyldebatte der vergangenen Jahre. Reale Probleme wurden beiseite gewischt, weil die Angst zu groß war, dass allein die Diskussion darüber die Rechten stärken würde. Bis heute vermischen selbst Spitzenpolitiker leichtfertig die Themen Asyl und Zuwanderung, schwärmen von Fachkräften, die aus Syrien und Afghanistan kommen. Europäische Ansätze, die so dringend nötig wären, sind noch im Augenblick ihres Beschlusses Makulatur, weil der lange Atem für die Umsetzung fehlt.
Und da die Stimmung gedämpft ist nach den Landtagswahlen im Osten, kommt die Taktik dazu, von dem sich die Politik viel zu erwarten scheint: Erst einmal viel versprechen – ob es am Ende eingehalten wird, interessiert hoffentlich niemanden mehr. Dass die Rechnung nicht aufgeht, zeigen wiederum genau die Wahlergebnisse, wie sie AfD und BSW erzielen. Es ist ein politischer Teufelskreis. Wenn sogar bürgerliche Parteien wie die CDU und CSU, aber auch die SPD dieser Versuchung nicht mehr widerstehen können, sollte die Mitte der Gesellschaft aufhorchen. Fast schon beängstigend sind Sätze, wie sie unter anderem Söder ausspricht. Nicht mehr die Gerichte sollten entscheiden, sondern die Politik. Wer so etwas sagt, stellt nicht weniger als den Rechtsstaat und die wichtigste Säule unserer politischen Ordnung infrage: die Gewaltenteilung.
Migrationsdebatte und die Ampel: Wer sich an Gesetzen stört, muss sie ändern
Ein Ministerpräsident, der Rechtsprechung nach politischem Gutdünken fordert, sollte zumindest einkalkulieren, dass die Macht auch einmal bei jenen landen kann, die ganz eigene Ziele verfolgen. Gerade in Zeiten, in denen der Ton rauer wird, braucht es das Bekenntnis zu klaren Regeln. Alles andere ist Schönwetter-Demokratie. Ohnehin übersieht derjenige, der im Asylstreit Gerichte diffamiert, einen wichtigen Punkt: Richter wenden die Gesetze an, die von der Politik ausgearbeitet worden sind. Sollte die Union zum Schluss kommen, dass mit den juristischen Grundlagen die Probleme unserer Zeit nicht mehr bewältigt werden können, muss sie um Mehrheiten werben, um sie zu ändern. Wer das will, sollte den Mut haben, genau das auszusprechen.
Das gilt auch für Friedrich Merz, der leichthändig mit den Stichworten der „Zurückweisung an Grenzen“ und des „Aufnahmestopps“ hantiert. Dass dies ohne Änderung des Grundgesetzes kaum möglich wäre, erwähnt er höchstens im Kleingedruckten. Das Recht auf Asyl ist nicht nur dort fest verankert, sondern auch in internationalen Verträgen. Sollte sich Deutschland hier wirklich für einen Sonderweg entscheiden, könnte man die Europäische Union zum reinen Wirtschaftsverbund umfunktionieren oder sie gleich zu Grabe tragen. Das ist möglich, die Frage ist, ob es gut wäre.
Wir brauchen in der Asyl-Debatte mehr Europa, nicht weniger
Wie holprig der Boden ist, zeigt ein anderes Beispiel, das der Grenzschließungen. Vielleicht braucht Deutschland jetzt dieses Symbol, um wieder zur Ruhe zu kommen. Auch die Zahl der Flüchtlinge wird dadurch sinken – aber kaum in dem Maß, das sich die Regierung wünscht. Wie schwierig es wird, zeigt schon die erste Reaktion der Österreicher, die gar nicht daran denken, die dort Gestrandeten zurückzunehmen. Das Dublin-Verfahren wird so zur Lachnummer.
Ja, auch Deutschland benötigt eine Asylwende. Es ist das bestimmende Thema unserer Zeit. Doch dazu brauchen wir mehr Europa, nicht weniger. So bitter es ist: Asylpolitik ist eine Politik der kleinen Schritte. Wer anderes vorgibt, der ist nicht ehrlich.
"Wer sich an Gesetzen stört, muss sie ändern" Eine Vielzahl der Bürger stören sich an der NICHTEINHALTUNG von Gesetzen. Da wäre z. B. der Artikel 16a GG, der konsequent nicht angewendet wird. Was kann es noch höheres geben, als die Verfassung? Dann gibt es hunderttausende Ausreisepflichtige, deren Aufenthalt einfach hingenommen wird. Dann gibt es Einreisen von bereits abgelehnten Asylbewerber, deren Verfahren dann wieder neu beginnen. Es gibt eine disfunktionale EU, die den Schengenraum nicht wie vereinbart schützen kann und immer neue Bürokratie statt Lösungen schafft. Die Linken Europas sind auf dem Rückzug und das ist gut so. Wir brauchen mehr Ludwig Erhardt und weniger Rosa Luxemburg.
Von allen Diskussionen abgesehen, in welchen sich nun Juristen darüber streiten, ob Deutschland an den Grenzen gegenüber Asylbewerbern auch einmal "nein" sagen könnte: Es kann nie und nimmer Recht und Gerechtigkeit vorliegen, wenn zwar Europäische Staaten, in denen Asylsuchende gestrandet sind, diese Flüchtlinge einfach nach Deutschland weiterrerreichen, aber umgekehrt Deutschland offenbar jedewede Souvereinität darüber verliert, ob und wen man ins Land lässt. Europa ist kein Bundesstaat sondern ein Bund souveräner Staaten und dazu gehört, daß Staaten daüber entscheiden können müssen, wer ins Staatsgebiet einreisen kann. Sollte dem Europäisches Recht entgegenstehen, dann wird es Zeit, dieses "Recht" zu ändern. Und wenn vor allem die Grünen garnicht genugt Migranten ins Land bekommen können, auch weil die Anhänger dieser Partei angeblich alle so edle und mitfühlende Menschen sind , dann mögen die doch bitte sehr auch gleich genug Wohnungen zur Verfügung stellen, gern auch private.
Die Lage ist mit der übergeordneten Kompetenz in Fragen Migration und Flüchtlinge total verkorkst. Allein wenn man sieht wie sich derzeit die "leider" wiedergewählte Frau v.d. Leyen aufführt um die Kommissionsmitglieder zu bestimmen wie am Basar mit Hauen und Stechen. Die Bildung einer souveränen "Regierung" stelle ich mir anders vor. Der Fische geginnt vom Kopf an zu stinken. Vielleicht wäre die Rückführung der EU auf einen reinen Wirtschaftsverbund mit einem starken Management die beste Lösung. Warum muss die EU auch noch eine Werteordnung vorgeben an die sich die Mitgliedsländer halten oder auch nicht?
Frau Hufnagel, vielen Dank für diesen klugen Kommentar. Den Rechten und AfD-Anhängern scheint er nicht so gut zu gefallen, aber angesichts der allgemeinen Hysterie sollte man gelegentlich auch mal wieder seinen Verstand gebrauchen. Die Ampel ist bei der Migrationspolitik nun auf einem guten und gangbaren Weg. Bei Söder gewinnt man zunehmend den Eindruck, dass er sich wegen seines Kanzlerkandidatenfrusts aus der seriösen Politik verabschiedet hat.
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