Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Kommentar: Streit um Rundfunkbeitrag: Die CDU bewegt sich auf dünnem Eis

Kommentar

Streit um Rundfunkbeitrag: Die CDU bewegt sich auf dünnem Eis

Michael Stifter
    • |
    Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff.
    Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff. Foto: Ronny Hartmann, dpa

    Nur zur Erinnerung: Im Streit um die Erhöhung des Rundfunkbeitrages geht es auf dem Papier um 86 Cent mehr pro Monat. Dass die Debatte trotzdem derart eskaliert, hat aber nichts mit Geld zu tun. Sondern mit Emotionen. In Ostdeutschland fürchtet die CDU, noch mehr Wähler an die AfD zu verlieren, wenn sie mehr Mittel für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk genehmigt, den die Rechtspopulisten systematisch als linke Propagandamaschine verunglimpfen. Und nun blockiert Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff also die Erhöhung, die nur in Kraft treten kann, wenn alle Bundesländer zustimmen.

    Die Koalition in Sachsen-Anhalt ist vorerst gerettet

    Das kann man als ziemlich billiges Manöver empfinden oder sogar als Einknicken vor populistischen Stimmungsmachern. Schließlich geht es um die erste Beitragserhöhung seit mehr als einem Jahrzehnt. Doch auch der Versuch von Grünen und SPD, die Union nun pauschal auf eine Stufe mit der AfD zu stellen, ist doch sehr plump. Zumal die beiden Parteien in ihrem Koalitionsvertrag mit der CDU in Sachsen-Anhalt ja selbst „Beitragsstabilität“ als Ziel unterschrieben hatten.

    Kurzfristig hat Haseloff mit seiner Entscheidung, die Abstimmung über den Rundfunkbeitrag abzublasen, den CDU-Abgeordneten im Landtag zumindest die Peinlichkeit erspart, gemeinsam mit der AfD die Hand zu heben. Seine wackelige Kenia-Koalition ist vorerst gerettet. Das bedeutet aber eben auch, dass die Union das Problem ins Superwahljahr 2021 hineinschleppt.

    Es geht im Kern um die Frage, wie es die CDU mit der AfD hält. Und darauf gibt es im Osten und im Westen Deutschlands sehr unterschiedliche Antworten. Im Westen will man die Union zum Bollwerk gegen rechte Hetze machen. Im Osten sehen viele CDU-Leute kein Problem darin, mit der AfD zu kooperieren. Sie argumentieren, dass die Rechtspopulisten schließlich einen durchaus relevanten Teil der Bevölkerung vertreten. Diese Diskrepanz kann einem Unions-Kanzlerkandidaten im Wahlkampf zum Verhängnis werden. Die CDU bewegt sich hier auf oblatendünnem Eis. Friedrich Merz, der bekanntlich CDU-Chef werden will, hat im Prinzip schon recht, wenn er sagt, seine Partei dürfe ihre eigenen Positionen nicht davon abhängig machen, was die AfD will oder nicht will. Wenn jedes Thema, das die Populisten für sich reklamieren, für alle anderen Parteien zum Tabu erklärt wird, steckt Politik ganz schnell in einer Sackgasse. Und Stimmungsmacher und Demokratieverächter bekommen noch mehr Einfluss.

    Friedrich Merz ignoriert bewusst, dass es um mehr als den Rundfunkbeitrag geht

    Doch im konkreten Fall ignoriert Merz ganz bewusst, dass es ja nicht um irgendein beliebiges Thema geht. Sondern um eine im wahrsten Sinne des Wortes staatstragende Angelegenheit. Die öffentlich-rechtlichen Medien sind dafür da, um politische Bildung zu fördern und unsere Demokratie stabil zu halten. Jene Demokratie, die von Populisten systematisch lächerlich gemacht wird. Natürlich kann man darüber streiten, ob ARDund ZDFihrem Auftrag immer in idealer Weise gerecht werden. Natürlich kann man über aufgeblähte Apparate und den Umgang mit Steuergeldern diskutieren – gerade in einer Zeit, in der die Corona-Krise hunderte Milliarden kostet. Man muss es sogar.

    Dass AfD-Politiker die Öffentlich-Rechtlichen als „Staatsfunk“ verächtlich machen, liegt aber vor allem daran, dass sie in ihnen einen ihrer Hauptfeinde sehen. Die AfD fordert scheinheilig unabhängige Berichterstattung, hat aber in Wahrheit null Interesse daran. Hier müssen die demokratischen Parteien klare Kante zeigen. Hier geht es um mehr als 86 Cent.

    Lesen Sie dazu auch:

    Wie die AfD im Gebührenstreit die CDU in die Zwickmühle bringt

    Die Nervosität in der CDU steigt

    Warum BR-Chef Ulrich Wilhelm aufhört

    Wir wollen wissen, was Sie denken: Die Augsburger Allgemeine arbeitet daher mit dem Meinungsforschungsinstitut Civey zusammen. Was es mit den repräsentativen Umfragen auf sich hat und warum Sie sich registrieren sollten, lesen Sie hier.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden