Die Glaubwürdigkeit des Europäischen Parlaments ist erst einmal dahin. Wie können die EU-Abgeordneten in naher Zukunft noch ernsthaft die Bekämpfung von Korruption einfordern? Wie wollen sie die Europäische Kommission und die Mitgliedstaaten unter Druck setzen, damit Regierungen wie jener in Budapest wegen Vetternwirtschaft weiterhin Gelder vorenthalten werden? Kaili und Co. haben der Volksversammlung einen Bärendienst erwiesen. Dass Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban die Europaparlamentarier jetzt mit Häme übergießt, muss wehtun.
Dabei ist jeglicher Vergleich zwischen den beiden Situationen natürlich schief. In Ungarn hat der Autokrat ein korruptes System installiert, im EU-Parlament gab es Einzelfälle von vermeintlich korrupten Politikern, die noch dazu strafrechtlich verfolgt werden. Die Verdächtigen sitzen in Untersuchungshaft, während sich Orbans Kumpels genüsslich und ohne juristische Folgen die Taschen füllen. Deshalb ist gerade jetzt ein genauer Blick auf den Umgang des Parlaments mit dem Skandal angebracht.
Wie etwa trägt das Parlament zur Aufklärung der Affäre bei? Und welche Konsequenzen zieht es aus diesen Machenschaften? Gibt es eine Überprüfung der Lobbying-Vorschriften und eine Verschärfung der Transparenz-Regeln? An den Antworten dieser Fragen bemisst sich am Ende, ob die demokratischen Kontrollmechanismen funktionieren.