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Kommentar: Höhenflug der AfD: Rechtsaußen auf Triumphzug

Kommentar

Höhenflug der AfD: Rechtsaußen auf Triumphzug

Rudi Wais
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    Die AfD-Bundesvorsitzenden in Magdeburg: Tino Chrupalla und Alice Weidel.
    Die AfD-Bundesvorsitzenden in Magdeburg: Tino Chrupalla und Alice Weidel. Foto: Klaus-Dietmar Gabbert, dpa

    Mehr als vier Prozentpunkte in Bayern dazu gewonnen, mehr als fünf in Hessen: Vom Wahljahr 2023 wird nicht die Wiederwahl der Ministerpräsidenten Markus Söder und Boris Rhein in Erinnerung bleiben, sondern die Erkenntnis, dass die AfD im Westen Deutschlands inzwischen Werte erreicht, die man lange Zeit nur aus dem Osten kannte. Und es gehört nicht viel Fantasie dazu, um sich vorzustellen, wie das Wahljahr 2024 zu Ende gehen wird. Die Europawahl im Mai, eine klassische Protestwahl, dazu drei Landtagswahlen in den neuen Ländern, allen voran die in Björn Höckes Thüringen: Die Gefahr, dass die Rechtsaußen-Partei von einem Triumph zum nächsten eilt, ist sehr real. Gespenstisch real. 

    Wenn die Wahlen vom vergangenen Wochenende eines gezeigt haben, dann dies: Mit den bisher erprobten Mitteln, sie als Feinde der Demokratie anzuprangern, sie parlamentarisch zu ächten und sich über die Töne zu erregen, die sie anschlägt, ist der AfD nicht beizukommen. Im Gegenteil: Indem sie sich geschickt als Paria der deutschen Politik inszeniert, gewinnt sie sogar noch dazu. Und so lange die etablierten Parteien immer nur mit dem Finger auf die AfD zeigen und nicht auch auf sich selbst, ändert sich daran nichts. 

    Niedrige Renten, teure Energie, explodierende Mieten

    Warum wählt jemand denn AfD? Vor allem wegen der Unfähigkeit der bisherigen Bundesregierungen, Migration nicht als eine Art Schicksal anzunehmen, sondern sie zu steuern und zu begrenzen. Das wirksamste Mittel gegen die AfD ist deshalb eine neue, konsequentere Migrationspolitik, die deutlich über das bisher beschlossene hinaus reicht. Dazu allerdings kommt noch etwas anderes: Das Gefühl vieler Menschen, dass sich die Politik weitgehend von ihren Problemen entkoppelt und in eine Art Paralleluniversum begeben hat, ist Wasser auf die Mühlen der AfD. Vergleichsweise niedrigere Renten, teure Energie, explodierende Mieten, die bevormundende Klimapolitik: Das Deutschland von heute ist nicht mehr das alte Wirtschaftswunderdeutschland mit eingebautem Aufstiegsversprechen, in dem es der nächsten Generation stets besser geht als der Generation vor ihr. Von der Sorge, irgendwie abgehängt zu sein, von der Politik vergessen, ist es dann nicht mehr weit bis zum Kreuz bei der AfD auf dem Stimmzettel. 

    Genau hier beginnt die Verantwortung der anderen Parteien. Die SPD, zum Beispiel, war einmal die Partei der arbeitenden Klasse, ehe sie aus Angst, zu viele Wähler an die Linke zu verlieren, stärker die ins Auge nahm, die keine Arbeit haben – man denke nur an das kräftig erhöhte Bürgergeld. Ein Arbeiter jedoch, der sich von der SPD nicht mehr vertreten fühlt, landet inzwischen leichter bei der AfD als bei den Grünen oder der Union. CDU und CSU wiederum, über Jahrzehnte Garanten für oft langweilige, aber stabile Verhältnisse in Deutschland, waren seit dem Ende der Ära Merkel vor allem mit sich selbst beschäftigt und für viele Wählerinnen und Wähler bei der letzten Bundestagswahl keine Alternative mehr. Von den Grünen ganz zu schweigen, die Politik vor allem aus der Perspektive einer gut situierten, privilegierten Klientel machen. All das, von der vergessenen Stammkundschaft der Sozialdemokraten bis zum Heizungsgesetz von Robert Habeck, ist der Boden, auf dem die AfD gedeiht. 

    Einen Teil der AfD-Wähler hat die etablierte Politik schon verloren

    Ein Teil ihrer Wähler, vor allem in den neuen Ländern, ist für die anderen Parteien vermutlich nicht mehr erreichbar. Der weitaus größere Teil jedoch wählt die Rechten aus Frust und Protest. Ihn zurückzugewinnen, wird nicht leicht, wäre aber jede Mühe wert. Gutes Regieren ist der Anfang von allem. 

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