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Kommentar: Europa schwächt den Euro selbst

Kommentar

Europa schwächt den Euro selbst

Stefan Stahl
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    Der Euro steckt in einer Krise.
    Der Euro steckt in einer Krise. Foto: dpa

    Nach der Geburt im Januar 1999 zeigte sich der Euro von seiner stabilen Seite, stand er doch bei 1,17 US-Dollar. Das war ein achtbarer Wert. Die neue europäische Währung erwies sich zunächst als kräftiges Geld-Baby. Dann setzten die Kinderkrankheiten ein. Der Euro schwächelte – und das lange. Im Vergleich zur amerikanischen Währung ging es 2001 so richtig bergab. Es sollte bis 2002 dauern, ehe die Krankheitsphase überwunden wurde und ein Euro zumindest wieder einen Dollar wert war.

    Die damalige Anfälligkeit des europäischen Geldes mutete Expertinnen und Experten mysteriös an. Selbst die Sachkundigen der Deutschen Bank stocherten im Nebel. Umso klarer lässt sich die heutige Euro-Schwäche diagnostizieren. Dass die längst erwachsene Währung bei nur knapp einem Dollar notiert, ist Ausdruck der Schwäche der Euro-Länder. Sie taumeln mit zehn Prozent Inflation auf eine Rezession zu und zahlen die Quittung für ein energiepolitisches Versagen, das in der Folge des Angriffs Russlands auf die Ukraine offenbar wurde: Euro-Staaten, allen voran Deutschland, haben sich zu abhängig von Gas und anderen Rohstoffen

    Abhängigkeit vom Gas: Putin und sein Macht-Spielzeug

    Unser Wohlstand fußte zu einem beachtlichen Teil auf dem günstigen russischen Gas. Dadurch konnten die Preise für hierzulande produzierte Chemieprodukte, Glaserzeugnisse, aber auch Backwaren günstig gehalten werden. Als Europa sich auf die Seite der Ukraine schlug, entzog Putin uns sein Macht-Spielzeug, was in hiesigen Breiten Wohlstand kostet, die Inflation befeuert, eine Rezession unausweichlich macht und damit dem Euro als Symbol des alten Kontinents Kraft entzieht.

    Insofern ist die Währung ein Opfer des knallharten Wirtschaftskrieges zwischen Russland und der Europäischen Union geworden. Hinzu gesellte sich ein weiteres hausgemachtes Versagen: Die Spezialistinnen und Spezialisten um EZB-Chefin Christine Lagarde schätzten die Inflationsrisiken so falsch ein wie Putin die Widerstandskraft der Ukrainer. Deshalb hat die Europäische Zentralbank die Teuerung zunächst laufen lassen und viel zu spät die Zinsen erhöht.

    Die amerikanische Notenbank schritt früher und entschlossener gegen die ausufernde Teuerung ein. Das trägt zur Stärke des Dollars gegenüber dem Euro bei. Was aber die US-Währung vor allem zum muskelbepackten Währungs–Popeye macht, ist die weitgehende Energie-Unabhängigkeit des Landes. Anders als der Euro-Raum kommt Amerika ohne russisches Gas aus. Und in Krisenzeiten, in denen der Krieg in der Ukraine eskalieren könnte, erweist sich der Dollar gegenüber anderen wichtigen Währungen als sicherer Hafen. So spielt er seine Stärke auch gegenüber dem japanischen Yen aus.

    Europa muss eine Energie-Union werden

    Dabei könnte der Euro für geraume Zeit gegenüber dem Dollar den Kürzeren ziehen. Denn Europa hat sich auf eine Reise begeben, um dank erneuerbarer Energie die Abhängigkeit vom kalten, fossilen Krieger Putin vergessen zu lassen. Dazu muss die EU zu einer Energie-Union werden. Erst wenn in Griechenland oder Spanien massenhaft erzeugter Solarstrom rasch dank ausgebauter Superleitungen in den Norden gelangt und Windenergie von dort in großen Mengen zügig in den Süden fließt, ist Europa wieder stark und erlangt seine Souveränität zurück. Dann würde Europa ein Öko-Währungs-Popeye und wäre moralisch Klimasündern wie den USA, Russland, China oder Indien überlegen.

    Der Weg dorthin ist weit. Gerade in Deutschland wurde zu viel kostbare Zeit unter Gerhard Schröder und Angela Merkel vergeudet.

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