"Um es klipp und klar zu sagen: Als deutscher Bundeskanzler werde ich keine Soldaten unserer Bundeswehr in die Ukraine entsenden." Mit diesem Satz will Olaf Scholz den Menschen die Angst nehmen, dass doch noch Deutsche auf Putins Schlachtfeld kämpfen müssen. Nur: Das stand ja gar nicht zur Debatte. Niemand hat das gefordert. Alle sind sich einig, dass die Bundesrepublik nicht zur Kriegspartei werden darf.
Warum also dieser Satz? Wo doch die eigentliche Frage eine ganz andere war. Nämlich, warum die Regierung der Ukraine keine Taurus-Marschflugkörper zur Verfügung stellt. Scholz hat darauf offenbar keine schlüssige Antwort. Oder keine, die er öffentlich sagen will. Also weicht er auf ein Mittel aus, das in der Politik zu oft genutzt wird: Emotionen ersetzen Argumente.
Emotionen sind mal Aufputschmittel, mal Beruhigungspille
Es ist ja auch verlockend. Emotionen wirken direkt, mal als Aufputschmittel, mal als Beruhigungspille, je nach Bedarf und Dosierung. Sachliche Argumentation hingegen bedeutet harte Arbeit, provoziert Gegenargumente und anstrengende Auseinandersetzungen. Doch gerade diese offenen Debatten um die besten Antworten sind doch das Lebenselixier der Demokratie. Denn auch, wenn eine deftige Bierzeltrede oder ein knallhartes Interview für Szenenapplaus gut sind, erwarten die Menschen von Politik in Wahrheit etwas anderes – und zwar Lösungen.
Wenn es um Parolen und Polemik geht, fällt oft der Name Hubert Aiwanger. Das hat sich der Freie-Wähler-Chef selbst zuzuschreiben. Mit seiner Dauerschleife von "denen da oben", die vermeintlich keinen Schimmer von "normalen Leuten" haben, hat er Politik allein auf Emotionen herunter reduziert. Das nährt den Verdacht, dass da einer fehlende Substanz durch Lautstärke zu kompensieren versucht.
Seit ein paar Wochen scheint Aiwanger gegen diesen Verdacht anzukämpfen. Am Beispiel der Windkraft lässt sich das gut ablesen. Lange hatte sich der Wirtschaftsminister darauf beschränkt, alles, was grün ist oder grün klingt, als Ideologie abzutun. Nun, da mit dem Windpark Altötting ein bayerisches Vorzeigeprojekt weggefegt zu werden droht, steht er selbst in jenem Sturm, den er mit gesät hat. Aiwanger scheint das zu spüren. Zuletzt machte er weniger mit verbalen Raufereien von sich reden, dafür mehr mit Argumenten in der Sache. Es wäre gut für Bayern, würde sich der Wind dauerhaft drehen.
Markus Söder dosiert Pathos und Polemik nach Belieben
Dazu kann auch Aiwangers Chef beitragen. Markus Söder ist ein Meister der Emotionen. Der Ministerpräsident ist in der Lage, staatsmännisches Pathos, Humor, aber auch harte Polemik nach Belieben zu dosieren. Dass dies nicht immer reicht, zeigte sich gerade auf der Handwerksmesse in München. Söder diskutierte auf offener Bühne mit Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck über Energiethemen und erklärte, wie unvernünftig der Ausstieg aus der Kernkraft war. Ein Klassiker des CSU-Chefs, der meist verlässlich funktioniert. In diesem Fall allerdings konterte ihn sein Kontrahent aus.
Robert Habeck erwischt Söder mit Thema Atomkraft auf dem falschen Fuß
Habeck verwies nicht nur auf die horrenden Kosten für die Sanierung alter und den Bau neuer Atomkraftwerke in Frankreich, die Söder gerne als Vorbild der Vernunft nennt. Der Grüne erinnerte auch daran, dass elf von 14 deutschen Kernkraftwerken von einer Bundesregierung mit CSU-Beteiligung vom Netz genommen wurden und Bayern zwar unbedingt an der Atomenergie festhalten, aber keinesfalls für die Lagerung atomaren Mülls bereitstehen will. Söder reagierte wortlos, machte stattdessen abfällige Geräusche. Emotionen statt Argumente.