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Kommentar: Die Union und ihr nerviges Schaulaufen in der K-Frage

Kommentar

Die Union und ihr nerviges Schaulaufen in der K-Frage

Peter Müller
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    Friedrich Merz (CDU), CDU-Bundesvorsitzender und Unionsfraktionsvorsitzender.
    Friedrich Merz (CDU), CDU-Bundesvorsitzender und Unionsfraktionsvorsitzender. Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Das Stück steht regelmäßig auf dem Spielplan, alle vier Jahre, mindestens. Es geht um die sogenannte K-Frage, also darum, wer die Unions-Parteien als Kanzlerkandidat in die nächste Bundestagswahl führt. Auch in den vergangenen, eigentlich „stillen“ Tagen drängten zahlreiche Akteure in diesem Drama ins Rampenlicht, und nicht jeder machte dabei eine glückliche Figur. CDU-Chef Friedrich Merz etwa sinnierte, er müsse erstmal die „Zustimmung meiner Familie“ einholen, CSU-Landesgruppenvorsitzender Alexander Dobrindt wiederum erklärte Merz zum „klaren Favoriten“ – und Mitbewerber Henrik Wüst aus Nordrhein-Westfalen? Der hielt sich mit einem nichtssagenden Vorschlag zur Asylpolitik in den Schlagzeilen. Motto: Hauptsache, im Gespräch bleiben. 

    Sicher, der Preis der Kanzlerkandidatur ist dieses Mal besonders verlockend. Angesichts des desolaten Zustandes der Ampelregierung scheint es so gut wie ausgemacht, dass die Union den nächsten Bundeskanzler stellt. Und wenn man diese Frage früh klärt, dann, so könnte man anfügen, dann lässt sich auch ein unfeines Ringen auf offener Bühne wie 2021 zwischen Markus Söder und Armin Laschet vermeiden. Zumal nunmehr einer wie Wolfgang Schäuble fehlt, der die Dinge klärt, wenn sie aus dem Ruder zu laufen drohen.

    Bis zur Bundestagswahl sind es noch eineinhalb Jahre

    Doch die Union sollte sich nicht zu früh freuen. Gut möglich, dass die monatelange Selbstbeschäftigung mit der Frage, wer die Partei im Spätsommer 2025 (!) in den Wahlkampf führen soll, auf die Wählerinnen und Wähler weniger vorausblickend wirkt als abschreckend. Die Menschen plagen andere Sorgen als die Frage, ob Merz' Gattin und seine erwachsenen Kinder dessen Kandidatur goutieren – und das gilt nicht nur für die Bürgerinnen und Bürger, denen in Niedersachsen oder Sachsen-Anhalt die Flut in diesen Tagen Hab und Gut fortreißt

    Deutschland steht 2024 vor gewaltigen Herausforderungen. Der Nahe Osten versinkt im Chaos, im Krieg gegen die Ukraine droht Putin die Oberhand zu gewinnen und völlig offen ist, was passiert, wenn Donald Trump Ende des Jahres ins Weiße Haus zurückkehrt. Das wäre, auch angesichts der Auswirkungen auf die Wirtschaft, für jede Bundesregierung ein anspruchsvolles Umfeld, vor allem, wenn gleichzeitig aufgrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts neue Sparpakete nötig werden. Nein, das Jahr 2024 taugt ganz gewiss nicht zur Generalprobe für parteitaktische Ränkespiele.

    Natürlich kritisiert die Union die Ampel – doch realitätsferne Forderungen helfen nicht weiter

    Im Gegenteil: Jetzt wäre die Zeit, Verantwortung zu übernehmen. Das gilt für die Regierung. Aber eben auch für die Opposition. In der Kommunalpolitik ist eine Zusammenarbeit über die Lager hinweg gang und gäbe. Daran könnten sich die Akteure im Bund ein Beispiel nehmen. 

    Natürlich ist es gute Recht von CDU und CSU, auf den desolaten Auftritt der Ampel hinzuweisen. Doch wer den Bundeskanzler als Person diskreditiert („Sie können es nicht!“) oder mit realitätsfernen Neuwahlforderungen (warum sollte auch nur eine Ampelpartei dabei mitmachen?) die Bevölkerung kirre macht, der kommt nicht seiner Aufgabe als Oppositionsführer nach. Der trägt vielmehr dazu bei, das Vertrauen in das politische System insgesamt zu untergraben. 

    Viele Menschen haben den Streit inzwischen so statt, dass sie in der Union gar keine Alternative zur Ampel sehen, sondern gleich nach ganz rechts abwandern. Friedrich Merz sollte das bedenken. Sonst disqualifiziert er sich für das Amt des Bundeskanzlers, bevor er überhaupt antritt. 

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