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Kommentar : Die Ukraine braucht jetzt die versprochene Unterstützung

Kommentar

Die Ukraine braucht jetzt die versprochene Unterstützung

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    Russland hat die Ukraine massiv mit Raketen, Marschflugkörpern und Drohnen angegriffen.
    Russland hat die Ukraine massiv mit Raketen, Marschflugkörpern und Drohnen angegriffen. Foto: Evgeniy Maloletka, AP, dpa

    Wankelmut und Freiheit vertragen sich nicht. Sie gehören nicht zusammen. Würde in der Ukraine deutsche Bräsigkeit herrschen, Kiew wäre schon 2022 gefallen. Russische Truppen standen damals in den Vororten. Die Ukrainerinnen und Ukrainer vertrieben die Invasoren über die Grenze, während in deutschen Talkrunden Philosophen und Experten mit ihrem Sofa-Wissen über die nahe Kapitulation fabulierten.

    Deutschland kann sich keinen Wankelmut erlauben. Vor allem nicht in Sachen Ukraine. Russland baut seine Wirtschaft und seine Gesellschaft für einen großen Krieg um. Selbst das Schulwesen wird militarisiert. Russland ist zu einer lupenreinen, aggressiven, imperialistischen Diktatur verkommen. In Georgien und Moldawien lässt der Präsident Wladimir Putin bereits zündeln. Die Opposition ist geflohen, ermordet oder sitzt im Straflager.

    Andere Länder reagieren konsequenter auf die Bedrohung durch Moskau

    In Schweden haben die Menschen begriffen: Gefahr ist in Verzug. Seit den Napoleonischen Kriegen war das Land neutral. Der Beitritt zur Nato kam, weil in Schweden Putins Ziele genau analysiert werden. Das Gleiche passiert in Finnland. In Polen hat militärisch gesehen wirklich eine Zeitenwende stattgefunden.

    Und in Deutschland? Läuft das Verdrängen. Im neuen Haushaltsplan soll die Ukraine-Hilfe eingekürzt werden. Stattdessen sollen Zinserträge aus eingefrorenen russischen Staatsvermögen das Loch stopfen. Ob das so reibungslos funktioniert, ist ungewiss.

    Gut möglich, dass besagte Entscheidung mit den anstehenden Wahlen in Ostdeutschland zu tun hat. Nehmen wir Thüringen, dort könnten die AfD und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), die für Putin Politik machen, gemeinsam eine Mehrheit der Stimmen erhalten. Beide wollen die Militärhilfe für Kiew streichen. Eine wehrlose Ukraine kann nicht verhandeln, sie müsste kapitulieren.

    Erstaunlicherweise will niemand so recht Sahra Wagenknecht demaskieren. Eine Politikerin, die sich gegen ein Mahnmal der Opfer Stalins und seiner Ideologie stellte. Ein Menschenschlächter, der Millionen von Leben auf dem Gewissen hat. Heute redet sie die Verbrechen eines anderen brutalen Diktators klein: Putin.

    Noch nicht einmal Mao hat sich getraut, eine Partei nach dem eigenen Namen zu benennen

    Eine Partei nach dem eigenen Namen zu benennen, das hat sich nicht einmal Mao getraut. Wagenknecht macht es. In die Ukraine, deren Menschen sie letztendlich der Unterwerfung preisgibt, ist sie bis heute nicht gereist. Es würde sich nicht gut vor laufenden Kameras machen, wenn ihr dort Menschen vor Trümmern erzählen, was russische Besatzung bedeutet: Mord, Folter, Entrechtung, Tausende Vermisste, deportierte Kinder, Vergewaltigungen.

    Vermutlich hoffen die Ampelparteien, mit bräsiger und wankelmütiger Ukraine-Politik doch noch ein paar Stimmen bei den Wahlen im Osten zu holen. Eine kurzatmige Demokratie wird keine Chance haben, gegen eine straffe Diktatur. Freiheit kennt keine Schuldenbremse. Siegt Putin in der Ukraine, kommen Millionen neuer Flüchtlinge, die nicht in einer Diktatur leben wollen. Auch das kostet. Die Bundesregierung sollte das mit einkalkulieren. Auch die jüngsten russischen Großangriffe auf die ukrainische Energie-Infrastruktur. Sie zerstören Lebensadern. Ein kalter und dunkler Winter, so Putins Kalkül, wird für neue Fluchtwellen sorgen, oder zumindest von der Rückkehr abhalten.

    Die Menschen in der Ukraine brauchen endlich die volle Unterstützung, die ihnen versprochen wurde – anstatt Wankelmut und Bräsigkeit.

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    4 Kommentare
    Jochen Hoeflein

    Wen interessiert es, ob Polen sein historisch gewachsene Feindschaft zu Russland auslebt. Und es ist bezweifeln, ob Kiews Versuche Ru Territorium zu besetzen auf Dauer von Erfolg gekrönt ist, derweil im Donbass eine UA Stellung nach der anderen verloren. Die UA Versuche in RU einzudringen haben bisher keine Entlastung an der Frontlinie in der UA erbracht.

    Helmut Eimiller

    „Philosophen und Experten mit ihrem Sofa-Wissen“ ist eine sehr gewöhnungsbedürftige Formulierung in meiner Heimatzeitung. | Und ja, die Menschen in der Ukraine habe ich auch bis zum Bekanntwerden des Haftbefehls gegen einen ukrainischen Taucher (Nord Stream Sabotage) unterstützt, ohne dass ich es vorher versprochen hatte. Aber wer genau hält hier seine Versprechen nicht ein?

    Raimund Kamm

    Danke, Herr Mayer, für diese klaren Worte! In einer Demokratie muss man sich anstrengen, Solidarität für Entfernte zu leisten. Wenn dann noch Politiker wie Lindner (FDP), Kretschmer (CDU) usw. die Unterstützung hintertreiben, wird es schwierig und Populistinnen wie Wagenknecht & Höcke können sich als Rattenfänger betätigen. Raimund Kamm

    Helmut Eimiller

    @Herr Kamm: „Wenn dann noch Politiker wie Lindner (FDP), Kretschmer (CDU) usw. die Unterstützung hintertreiben …“ Diese Formulierung passt ganz und gar nicht zur Frage, ob die Nord-Stream-Sabotage ein NATO-Bündnisfall ist (vgl. br.de; 31.08.24). Ich frage mich zudem, in was für einer EU ich eigentlich lebe, wenn im Mitgliedsland Polen europäische Haftbefehle nicht vollzogen werden. Dieser Tage wurde in der Berliner Zeitung berichtet, dass die „Ukraine-Blase“ einen Shitstorm gegen Lindner ausgelöst hat wegen dessen Unverständnis für die Heimaturlaube der Geflüchteten. Auch Andrij Melnyk wird zitiert, der mit sarkastischem Unterton äußerte: „Mein Lieblingspolitiker nach wie vor. Ein Empathie-Weltmeister.“ Lindner wird’s verschmerzen, zumal ihm in den Leserkommentaren unter msn.com in beeindruckender Weise zugestimmt wird. Außerdem dürfte die „Ukraine-Blase“ zusehends kleiner werden.

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