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Kommentar: Die Rente mit 63 Jahren war ein Wahlkampfmanöver

Kommentar

Die Rente mit 63 Jahren war ein Wahlkampfmanöver

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    Die Rente mit 63 Jahren war ein Wahlkampfmanöver
    Die Rente mit 63 Jahren war ein Wahlkampfmanöver Foto: Julia Steinbrecht, KNA

    Eines vorneweg. Persönlich sei jedem nach einem langen Arbeitsleben von 45 Jahren der frühere Ruhestand ohne Abzüge gegönnt. Und ja, eine Kritik an der Rente mit 63 geht mit einem Schreibtischjob leichter von der Hand als bei harter körperlicher Arbeit.

    Dennoch war ihre Einführung aus gesellschaftlicher Sicht ein Fehler, der bewusst und sehenden Auges begangen wurde. Die 2014 eingeführte Rente mit 63 war ein Wahlkampfprojekt der SPD. Seinerzeit war die rapide Alterung Deutschlands bereits ein viel diskutiertes Thema. Das hielt die Sozialdemokraten nicht davon ab, die Frührente gemeinsam mit CDU und CSU einzuführen. Die SPD bekam ihr Herzensprojekt, weil die CSU mit der Mütterrente eines der ihren bekam.

    Rente mit 63: Es kam, wie es die Bevölkerungsstatistik vorausgesagt hatten

    Es ging zu wie auf dem Basar – zulasten der Jüngeren. Im vergangenen Jahr wechselten 262.000 Beschäftigte nach 45 Arbeitsjahren eher und abzugsfrei in den Ruhestand. Beim Beschluss des Gesetzes rechnete die damalige Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) mit rund 200.000 Männern und Frauen, die jedes Jahr von der von ihr geschaffenen Möglichkeit Gebrauch machen. In den zurückliegenden Jahren lag die tatsächliche Zahl stets deutlich über Nahles‘ damaliger Schätzung.

    Fast zehn Jahre nach dem Start der Rente mit 63 hat sich der Fachkräftemangel derart verschärft, wie es die Statistiker vorausgesagt haben. Überall fehlen Leute. Die Rente mit 63 Jahren hat den Personalengpass verstärkt. Immerhin folgt auch beim vorgezogenen Ruhestand das Eintrittsdatum der Alterung der Gesellschaft. Mittlerweile ist die Rente mit 63 eine Rente mit 64, bevor sie 2029 zur Rente mit 65 wird. Der reguläre Renteneintritt liegt dann aber bei beinahe 67 Jahren.

    Forderung Spahns zur Abschaffung der Rente mit 63 dient seiner Profilierung

    Nun verhält es sich so, dass jede Koalition Schwierigkeiten hat, einen politischen Fehler zu korrigieren. Eine Kürzung sozialer Leistungen ist beinahe ein Ding der Unmöglichkeit und nur in schweren Krisen des Staates möglich, wie die Hartz-Reformen zeigen. Sie konnten nur beschlossen werden, als Deutschland der kranke Mann Europas war und fünf Millionen Arbeitslose von Stütze lebten. Ansonsten wäre der Vorwurf der sozialen Kälte politisch nicht durchzustehen. Das politische System der Bundesrepublik ist nur selten zu strategischen, langfristigen Weichenstellungen fähig.

    Die Forderung Jens Spahns zur Abschaffung der Rente mit 63 dient seiner eigenen Profilierung, die zwei Jahre vor der Wahl Aufmerksamkeit bringt, aber pünktlich vor dem Wahlkampf wieder weggesperrt wird. Das eigentliche Problem der Rente mit 63 ist, dass seit ihrer Einführung die Arbeitgeber noch nicht mal annähernd genügend getan haben, damit ihr Personal länger durchhält. Wegen des drückenden Mitarbeitermangels ändert sich das aber gerade. 

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