Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Kommentar: Die Ampelkoalition hat einiges geschafft, die großen Fragen schiebt sie auf

Kommentar

Die Ampelkoalition hat einiges geschafft, die großen Fragen schiebt sie auf

    • |
    • |
    Die Spitzen der Ampelkoalition haben noch einmal ein Scheitern ihres Bündnisses abgewendet. Bundeskanzler Olaf Scholz, Wirtschaftsminister Robert Habeck und Finanzminister Christian Lindner bei der Vorstellung ihres Haushaltsentwurfs.
    Die Spitzen der Ampelkoalition haben noch einmal ein Scheitern ihres Bündnisses abgewendet. Bundeskanzler Olaf Scholz, Wirtschaftsminister Robert Habeck und Finanzminister Christian Lindner bei der Vorstellung ihres Haushaltsentwurfs. Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Das Gute vorneweg: Die Ampelkoalition hat in ihrem Haushaltsentwurf Greifbares für Bürger und Unternehmen stehen. Um 23 Milliarden Euro sinkt die Steuerlast, weil die kalte Progression ausgeglichen wird, wenn der Bundestag dem Vorschlag der Regierung folgt. Als kalte Progression wird der Effekt beschrieben, dass Lohn- oder Einkommenserhöhungen durch höhere Steuersätze aufgefressen werden, wenn der Staat nicht aktiv dagegen arbeitet.

    Firmen werden Investitionen und Forschungsausgaben in der Steuererklärung stärker berücksichtigen können, was es für sie lukrativer macht, Geld in die Zukunft zu stecken. Wer nicht in den Ruhestand gehen und weiterarbeiten möchte, für den lohnt es sich künftig mehr, da die Arbeitgeberbeiträge für die Sozialversicherung direkt auf das eigene Konto überwiesen werden. Die Fleißigen des Landes haben mehr von Überstunden, weil Zuschläge von Steuern und Abgaben befreit werden. Wenn das Lichten des Bürokraten-Dschungels tatsächlich erfolgt (das verkünden Politiker seit Jahrzehnten), könnten alle Beschlüsse im Verbund die Wachstumskräfte beleben.

    Es ist dem Verantwortungsgefühl von Scholz, Habeck und Lindner zu verdanken, dass die Ampel überlebt hat

    Nun zum Schlechten: Entgegen der landläufigen Meinung hat die Koalition nicht gespart, dass es quietscht, sondern plant, im nächsten Jahr mehr Geld auszugeben. Finanzminister Christian Lindner (FDP) ging in seiner Vorplanung von Gesamtausgaben des Bundes in Höhe von 450 Milliarden Euro in die Verhandlungen mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Heraus ging Lindner mit Ausgaben im Umfang von 480 Milliarden Euro. Trotz dieser spürbaren Zugabe lieferten sich die Ampel-Chefs ein Tauziehen über 23 Runden. In der Nacht zum Freitag wackelte das Dreierbündnis wieder einmal bedenklich, der Bruch der Koalition lag in der Luft. Es ist dem Verantwortungsgefühl der Drei zu verdanken, dass die Ampel überlebt hat.

    Das Hinschleppen von SPD, Grünen und FDP im letzten Jahr dieser Legislaturperiode wird den großen Problemen dieses Landes nicht gerecht. Die Misere lässt sich in drei zentralen Bereichen des Staates ablesen, daran ändert auch kein EM-Optimismus etwas. Streitkräfte, Schulen und die Deutsche Bahn erfüllen in keiner Weise ihre Aufgaben. Die Bundeswehr ist blank, die Schulen versetzungsgefährdet und die Bahn (fast immer) zu spät. Der Bedarf an Milliarden zur Ertüchtigung ist gigantisch und mit normalen Bordmitteln aus dem Haushalt nicht zu bewältigen. Das heißt, Bund und Länder werden dafür Schulden machen müssen.

    Die nächste Koalition kann die Schuldenbremse formal einhalten und gleichzeitig massiv mehr Geld ausgeben

    Weil für die FDP die Einhaltung der Schuldenbremse höchste Wichtigkeit hat, wird das Fittmacher-Programm aus Milliardenschulden mit ihr in der Ampelkoalition nicht zu machen sein. Deshalb wird es die nächste Regierung anpacken müssen, wahrscheinlich unter Führung von CDU und CSU. Auch die Union bekennt sich zur Schuldenbremse, wenn auch weniger laut als die Liberalen.

    Die gute Nachricht ist, dass die nächste Koalition die Schuldenbremse formal einhalten und gleichzeitig massiv mehr Geld ausgeben kann. Im jetzigen Haushaltsentwurf sind die nötigen Finanztricks angelegt. Wenn der Bund der Bahn und auch der Autobahn GmbH Geld in Form von Eigenkapital zur Verfügung stellt, wird das nicht auf die Gesamtverschuldung angerechnet. Gleiches gilt für Kredite an beide Unternehmen. Auf diese Weise ließen sich viele Milliarden auftreiben, ohne die Schuldenbremse aus dem Grundgesetz reformieren zu müssen. Für FDP und Union sind die legalen Buchungstricks eine Option, um gesichtswahrend von ihren Treueschwüren wegzukommen. Gleichzeitig bliebe die Regel in Kraft, um der Politik ein Mindestmaß an Disziplin beim Geldausgeben aufzuerlegen.

    Diskutieren Sie mit
    1 Kommentar
    Walter Koenig

    "Streitkräfte, Schulen und die Deutsche Bahn erfüllen in keiner Weise ihre Aufgaben. " Tja, Herr Grimm, für die Streitkräfte und die Bahn waren 16 lange Jahre Minister der CDU und der CSU verantwortlich, die Schulen widerum sind Ländersache. In Zeiten wie diesen kann auch die Ampel jahrzehntelange Fehler und Versäumnisse nicht einfach mal so eben beseitigen.

    Um Kommentieren zu können müssen Sie angemeldet sein

    Registrieren sie sich

    Sie haben ein Konto? Hier anmelden