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Kommentar: Eine ehrliche Antwort wäre besser gewesen als dieser Atomkraft-Kompromiss

Kommentar

Eine ehrliche Antwort wäre besser gewesen als dieser Atomkraft-Kompromiss

Stefan Lange
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    Das stillgelegte Atomkraftwerk Grohnde.
    Das stillgelegte Atomkraftwerk Grohnde. Foto: Julian Stratenschulte, dpa

    Politik lebt von Kompromissen und als ein solcher ist das offizielle Ergebnis des zweiten Strom-Stresstests zu lesen. Zwei der drei noch am Netz verbliebenen Atomkraftwerke als Reservemeiler zu deklarieren, dient der Gesichtswahrung. Weder die Befürworter einer Laufzeitverlängerung noch die Gegner sind blamiert, weil beide irgendwie Recht bekommen haben. Die Meiler sind nicht weg, aber auch nicht mehr richtig da. Wirtschaftsminister Robert Habeck beugt zudem vor: Sollte der Strom im Winter doch noch knapp werden, muss er sich nicht den Vorwurf gefallen lassen, er habe die Chance auf eine zusätzliche Energiequelle frühzeitig vergeben.

    Politik lebt aber noch mehr von Glaubwürdigkeit, und da wäre eine ehrliche Antwort angemessener gewesen. Und die lautet: Ein Weiterbetrieb der Atomkraftwerke Isar 2, Emsland und Neckarwestheim 2 ist ein viel zu großes Risiko. Die letzten Sicherheitsprüfungen sind 13 Jahre her und es gab zuletzt keine mehr, weil das Aus der Meiler eigentlich besiegelt war. Bei einem Weiterbetrieb nach dem 1. Januar 2023 hätte es neue Sicherheitsüberprüfungen laut Gesetz zwingend geben müssen. Die jedoch ziehen sich über Jahre hin. Ein AKW-Weiterbetrieb wäre wie Fahrradfahren ohne funktionierende Bremsen gewesen – es hätte gutgehen können, die Wahrscheinlichkeit eines Unfalls hingegen war deutlich größer.

    Habeck zögerte die Enthüllung der Ergebnisse heraus

    Ob die Bezeichnung „Test“ in diesem Fall berechtigt ist, wird wohl auf ewig Habecks Geheimnis bleiben. Der Wirtschaftsminister wollte die AKW nicht länger laufen lassen und konnte die Sache ein wenig steuern: Ein Test ist schließlich immer nur so gut und aussagekräftig wie die Parameter, die ihm zugrunde gelegt werden. Habeck zögerte die Bekanntgabe des Ergebnisses außerdem so lange wie möglich hinaus. Jeder weitere Tag machte den Weiterbetrieb unwahrscheinlicher. Mit seinen Tricks hat Habeck möglichen Schaden vom Volk abgewendet. Ganz sicher gilt das für seine Partei. Wären die Kraftwerke länger am Netz geblieben, hätte das bei den Grünen zu einem tiefen Riss geführt.

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