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Kommentar: Verteidigungsminister Pistorius ist Profi, aber kein Kenner der Bundeswehr

Kommentar

Verteidigungsminister Pistorius ist Profi, aber kein Kenner der Bundeswehr

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    Der neue Verteidigungsminister Boris Pistorius war zuletzt Innenminister in Niedersachsen.
    Der neue Verteidigungsminister Boris Pistorius war zuletzt Innenminister in Niedersachsen. Foto: Moritz Frankenberg, dpa

    Boris Pistorius hat gedient und kennt eine Kaserne von innen. Das ist schon einmal ein Vorteil, der auf der Gefühlsebene einzahlt. Denn die zurückgetretene Verteidigungsministerin Christine Lambrecht fremdelte auch nach einem Jahr spürbar mit dem Militärischen und tat auch nichts dafür, das zu ändern. Dienstgrade wollte sie nicht lernen, auch bei Truppenbesuchen in der afrikanischen Wüste trug sie hohe Schuhe.

    Das hat Boris Pistorius als Verteidigungsminister anderen voraus

    Der niedersächsische Innenminister kann die entstandene Entfremdung zwischen Soldaten und dem Inhaber der Befehls- und Kommandogewalt heilen. Der SPD-Mann gilt als politischer Profi, der ein Ministerium führen kann. Pistorius war bereits nach der Wahl ein heißer Kandidat für den Posten des Bundesinnenministers. Uniformen, Staatsmacht und Waffen sind nichts, das er innerlich ablehnt, wie es auf dem linken Flügel seiner Partei weit verbreitet ist.

    Was er nicht mitbringt, ist eine tiefe Kenntnis der Behörde Bundeswehr, die sich Franz Kafka in ihrer Absurdität nicht hätte besser ausdenken können. Die Streitkräfte sind ein verschlungenes Dickicht aus Duckmäusertum, Schreibstubenkriegern und unsoldatischer Sicherheitskultur.

    Pistorius muss der Bundeswehr die Angst vor dem Armeesein austreiben

    Heute ist es so, dass sich Beamte ein paar Kämpfer halten und nicht umgekehrt. Pistorius muss also mit der Machete vorgehen statt mit dem Taschenmesser und der Armee die Angst vor dem Armeesein austreiben. Das ist leichter gefordert, als getan und Erfolge werden erst nach Jahren sichtbar werden – wenn der neue Verteidigungsminister es überhaupt schafft.

    Allein die Umkehr des Verhältnisses Verwalter und Kämpfer ist eine ausfüllende Aufgabe für mehrere Jahre. Doch das reicht nicht, um die lahme Truppe zu einer schlagkräftigen zu machen. Der neue Chef im Berliner Bendlerblock muss auch die Neubeschaffung von Hubschraubern, Panzern und Schiffen völlig neu aufsetzen, sonst versickern die 100 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen in den Gängen des Materialbeschaffungsamtes der Bundeswehr wie Wasser im Sand. Auch diese Herausforderung ist herkulisch. Die Ertüchtigung der Bundeswehr ist eigentlich zu groß für einen Minister. Pistorius Vorteil ist aber, dass die Armee ganz unten ist. Es kann nur besser werden. Eigentlich.

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