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Kommentar: Corona gehört jetzt zum Leben dazu

Kommentar

Corona gehört jetzt zum Leben dazu

Stefan Lange
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    Ein Mitarbeiter hält in einem Coronatest-Labor PCR-Teströhrchen in den Händen.
    Ein Mitarbeiter hält in einem Coronatest-Labor PCR-Teströhrchen in den Händen. Foto: Uwe Anspach, dpa

    Im Laufe dieser Woche könnte es passieren. Nach Angaben des Robert Koch-Instituts sind in Deutschland bisher 149.458 Menschen an den Folgen einer Covid-19-Ansteckung gestorben. Die Angabe stammt vom Wochenende und wird erst in den nächsten Tagen wieder aktualisiert. Zuletzt starben im Schnitt pro Tag 100 Menschen durch eine Corona-Infektion, bald wird also die 150.000er-Grenze überschritten sein. Jeder Todesfall ist eine Tragödie und für die Angehörigen der Corona-Opfer spielt es in ihrer Betroffenheit keine Rolle, wie viele andere Menschen noch an dem Virus gestorben sind. Die Zahl gibt gleichwohl Anlass, in den Wirren von Ukraine-Krieg, Inflation und Energiekrise innezuhalten und über den Stand der Pandemie nachzudenken.

    Ein Mitarbeiter hält in einem Corona-Testlabor PCR-Teströhrchen in den Händen.
    Ein Mitarbeiter hält in einem Corona-Testlabor PCR-Teströhrchen in den Händen. Foto: Uwe Anspach, dpa

    US-Präsident Joe Biden hat es schon getan und ist zu einem verblüffenden Ergebnis gekommen. In einem Interview mit dem Sender CBS erklärte der 79-Jährige das Thema für beendet. "Die Pandemie ist vorbei", sagte Biden. Zwar gebe es "immer noch ein Problem mit Corona. Wir arbeiten immer noch daran", sagte der Demokrat und ergänzte: "Aber die Pandemie ist vorbei. Wie Sie sehen, trägt niemand mehr Masken. Alle scheinen in ziemlich guter Verfassung zu sein. Ich glaube also, dass sich das Blatt wendet." Wie gesichert diese Erkenntnis ist, erklärte Biden nicht. Die Zahl der Infektionen und Todesfälle nimmt nach Daten der Johns-Hopkins-Universität jedenfalls täglich weiter zu.

    Nach der Pandemie kommt die Epidemie

    Aus der deutschen Bundesregierung sind solche Äußerungen nicht zu hören. Die Behörden in den USA haben ebenfalls eine andere Auffassung als ihr Präsident. Die Auflagen wurden zwar gelockert, aber insgesamt gilt in den Vereinigten Staaten weiter der nationale Gesundheitsnotstand.

    Die Definition der Weltgesundheitsorganisation WHO bestätigt diese Annahme. Eine Pandemie ist demnach dadurch gekennzeichnet, dass die gesamte Weltbevölkerung einem bislang unbekannten Erreger potenziell ausgesetzt ist und die hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass ein Teil von ihr daran erkrankt. Es kommt nicht darauf an, wie ansteckend oder tödlich die jeweilige Krankheit ist. Erst wenn Teile der Welt Corona durch Impfungen und Medikamente in den Griff bekommen, ist die Pandemie beendet und geht wieder in eine Epidemie über. Die Zahl der Maskentragenden spielt dabei übrigens keine Rolle.

    US-Präsident Joe Biden bei einem Pressestatement im Weißen Haus.
    US-Präsident Joe Biden bei einem Pressestatement im Weißen Haus. Foto: Susan Walsh, AP/dpa

    Auch wenn Biden wie einige andere, die aus der Pandemie politisches Kapital schlagen wollen, etwas anderes insistiert: Corona ist nicht vorbei, geht nicht vorbei und wird dieses Land und die gesamte Welt noch viele Jahre weiter begleiten. Das Virus mutiert, es bleibt eine Herausforderung, bis noch bessere Impfstoffe und Medikamente zumindest für eine weitere Eindämmung sorgen.

    Nicht nur in Europa, sondern weltweit. Schon jetzt darf der Umgang mit dem Virus gelassener sein, denn viele Schreckensszenarien der Vergangenheit haben sich als übertrieben erwiesen. Die Forschung läuft auf Hochtouren und wird mit Milliardensummen finanziert. Aber vorbei ist die Pandemie bald höchstens formal. Im Alltag wird Covid-19 weiterhin Menschen töten und hundertfaches Leid verursachen. Corona gehört jetzt zum Leben dazu, ist ein weiteres Risiko mehr. Der Gedanke fällt noch schwer, aber man gewöhnt sich offenbar dran.

    Deutschland beklagt tausende Tote jährlich infolge des Konsums von Alkohol und Zigaretten. Fettleibigkeit, Grippe, Diabetes oder auch der Straßenverkehr treiben die Sterberate ebenfalls nach oben. Es gab und gibt zahlreiche Kampagnen, Aufklärung und den warnend erhobenen Finger beim Arztbesuch. Niemand im Land hat sich damit abgefunden, aber alle leben damit. Am Ende wird es mit Corona auch so sein.

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