Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Koalitionsgipfel: Dreieinigkeit

Koalitionsgipfel

Dreieinigkeit

    • |

    Berlin Morgens um zwei war alles vorbei. Nach den heftigen Konflikten um das Betreuungsgeld, die Rentenreform und die Praxisgebühr haben Union und FDP den Koalitionsfrieden wieder hergestellt. Mehr als sieben Stunden lang saßen die Partei- und Fraktionsvorsitzenden und die Generalsekretäre in der Nacht zum Montag im Kanzleramt zusammen – und am Ende fühlten sich alle, irgendwie, als Sieger. Die Beschlüsse im Überblick:

    Betreuungsgeld

    Es kommt – wenn auch mit acht Monaten Verspätung. Eltern, die ihre Kinder nach einem Jahr noch nicht in den Kindergarten oder die Krippe schicken, erhalten ab August eine Prämie: Für ein Kind im zweiten Lebensjahr zahlt der Staat dann 100 Euro im Monat, von Januar 2014 an gibt es das Betreuungsgeld auch für Kinder im dritten Lebensjahr, ab August 2014 sind es für beide dann 150 Euro monatlich. Eltern, die den Zuschuss in die Altersvorsorge stecken oder für die Ausbildung der Kinder zur Seite legen, erhalten auf Betreiben der FDP noch einen Bonus von 15 Euro. Durch die verspätete Einführung des Betreuungsgeldes spart Finanzminister Wolfgang Schäuble im nächsten Jahr 250 Millionen Euro und im übernächsten sogar 520 Millionen.

    Praxisgebühr

    Das umstrittene „Eintrittsgeld“ von zehn Euro für den ersten Arztbesuch im Quartal wird im Januar nach neun Jahren wieder abgeschafft. Auf den Vorschlag der Union, stattdessen den Beitragssatz der Krankenkassen zu senken, ließ FDP-Chef Philipp Rösler sich nicht ein. Für die Liberalen ist die Praxisgebühr der Inbegriff staatlicher Regelungswut: jede Menge Bürokratie, aber kein nennenswerter Nutzen. Nach wie vor gehen die Deutschen überdurchschnittlich häufig zum Arzt. Die knapp zwei Milliarden Euro, die den Kassen nun entgehen, bekommen sie aus dem sogenannten Gesundheitsfonds erstattet, in den die Beiträge von Arbeitgebern und Arbeitnehmern fließen und der in diesem Jahr rund zwölf Milliarden Euro Überschuss anhäufen wird.

    Rente

    Geringverdiener, Mütter und Erwerbsunfähige dürfen mit etwas höheren Altersrenten rechnen. Verglichen mit dem Modell von Sozialministerin Ursula von der Leyen, die sie auf bis zu 850 Euro aufstocken wollte, bleibt die neue „Lebensleistungsrente“ auf den ersten Blick zwar hinter den Erwartungen zurück: Wer auch nach 40 Beitragsjahren und der gewünschten privaten Zusatzvorsorge mit seiner Rente nicht über die Grundsicherung von durchschnittlich etwa 700 Euro hinauskommt, soll einen kleinen Zuschlag von zehn bis 15 Euro erhalten, um nicht zum Sozialamt zu müssen. Tatsächlich jedoch kommt die neue

    Verkehr

    Auf Peter Ramsauer werden die meisten anderen Minister neidisch schielen: Während sie sparen müssen, bekommt der Bayer noch einmal 750 Millionen Euro für neue Verkehrsprojekte, die nach Auskunft einer Ministeriumssprecherin vor allem in den Straßenbau und die Wasserstraßen fließen sollen. Im November vergangenen Jahres hatte der CSU-Mann schon einmal eine zusätzliche Milliarde herausgehandelt. Aber auch solche Summen sind nur der berühmte Tropfen auf den heißen Stein: Um marode Brücken, holprige Bundesstraßen und das überlastete Schienennetz nachhaltig zu sanieren, bräuchte Ramsauer nach eigenen Berechnungen vier Milliarden Euro – pro Jahr. Vor allem bei der Bahn ist der Nachholbedarf groß: Mit 53 Euro pro Kopf und Jahr liegt Deutschland nach Angaben der „Allianz pro Schiene“ im EU-Vergleich weit zurück: Österreich investiert etwa 230 Euro, Spanien 114 und Italien 99 Euro.

    Haushalt

    Um den Vorwurf zu entkräften, beim Koalitionsgipfel würden nur Wahlgeschenke verteilt, haben sich Union und FDP auch zu mehr Haushaltsdisziplin verpflichtet. Danach soll der Etat des Bundes „strukturell“ schon 2014 ausgeglichen sein. Das heißt: Der Finanzminister nimmt für die laufenden Ausgaben keine Kredite mehr auf, sondern nur noch für außerplanmäßige Belastungen wie die 4,3 Milliarden Euro teure Rate für den Rettungsschirm ESM oder die Folgen einer Rezession. Um ihr Ziel zu erreichen, kürzt die Koalition unter anderem den Bundeszuschuss für die Krankenkassen um 500 Millionen Euro im nächsten und um zwei Milliarden Euro im übernächsten Jahr. Außerdem soll die bundeseigene KfW-Bank einen Teil ihrer Gewinne abführen, anstatt sie im Unternehmen zu belassen. Im vergangenen Jahr hatte sie einen Überschuss von 2,1Milliarden Euro erwirtschaftet.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden