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Koalition: Drei Parteien, vier Modelle

Koalition

Drei Parteien, vier Modelle

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    Immer mehr Menschen benötigen im Alter professionelle Pflege. Doch die Parteien streiten darüber, wie das in Zukunft bezahlt werden soll.
    Immer mehr Menschen benötigen im Alter professionelle Pflege. Doch die Parteien streiten darüber, wie das in Zukunft bezahlt werden soll. Foto: dpa

    Natürlich schmerzt das Debakel der FDP in Berlin jeden aufrechten Liberalen. Für Gesundheitsminister Daniel Bahr allerdings hatte es einen angenehmen Nebeneffekt: Im allgemeinen Trubel über den Höhenflug der Piratenpartei, den Wahlsieg von Klaus Wowereit und den tiefen Fall der Freien Demokraten ging eine für ihn wenig schmeichelhafte Nachricht am Montag fast unter: Weil es zwischen Union und

    Zum zweiten Mal innerhalb weniger Wochen muss der vom Staatssekretär zum Gesundheitsminister aufgestiegene Bahr die Vorlage seiner Reformpläne verschieben – obwohl Parteichef Philipp Rösler 2011 selbstbewusst zum „Jahr der Pflege“ ausgerufen hat. Seitdem aber ist nicht viel passiert in der Koalition. Nahezu täglich, stichelt die SPD-Expertin Angelika Graf, überböten sich Konservative und Liberale in einer „wilden Kakophonie“ mit immer neuen Vorschlägen. „Das Pflege-Chaos“, sagt sie, „ist perfekt.“

    In vier Jahren in den roten Zahlen

    Zwar sitzen die gesetzlichen Pflegekassen noch auf einem Polster von gut fünf Milliarden Euro – diese Reserven allerdings werden bald aufgebraucht sein, weil die Zahl der Pflegebedürftigen kontinuierlich steigt und auch der medizinische Fortschritt seinen Preis hat. Ohne Reform oder Beitragserhöhung, schätzt der Sprecher ihres Spitzenverbandes, Florian Lanz, „dreht die Pflegeversicherung 2015 ins Minus“. Seit Monaten versuchen die Sozialpolitiker von CDU, CSU und FDP deshalb, eine gemeinsame Linie zu finden – bislang ohne Erfolg. Mittlerweile gibt es mindestens vier verschiedene Modelle, von denen keines auch nur ansatzweise mehrheitsfähig ist. Einig sind sich die Koalitionäre nur in einem: Die Versorgung der 1,2 Millionen Demenzkranken soll verbessert werden.

    Das Modell Bahr:

    Der Minister würde die gesetzliche Pflegeversicherung gerne nach dem Vorbild der Rente um eine private Zusatzvorsorge ergänzen. Ob dieser „Pflege-Riester“ für alle Versicherten verpflichtend eingeführt wird, wie hoch er ausfiele, ob der Staat Geld zuschießt oder die Beiträge von der Steuer abgesetzt werden können: das ist alles noch offen. Solange CDU und CSU ihre Grundsatzfragen nicht geklärt hätten, betont Bahr, werde er auch keine Eckpunkte für die Reform vorlegen.

    Das Modell Spahn:

    Jens Spahn, der Gesundheitsexperte der CDU, will den Beitrag zur Pflegeversicherung um 0,05 Prozentpunkte anheben. Darüber hinaus müsste bei ihm jeder Versicherte noch einen Zusatzbeitrag von fünf Euro im Monat in eine Art kollektive Kapitalrücklage einzahlen. Außerdem sollen für die rein medizinische Pflege in Heimen nicht mehr die Pflege-, sondern die Krankenkassen aufkommen.

    Das Modell Seehofer:

    Um Beitragserhöhungen zu vermeiden, will die CSU das System radikal umkrempeln: Für die Versorgung von schweren Pflegefällen, Demenzkranken und Behinderten wäre dann nicht mehr die Pflegekasse zuständig, sondern der Bund. Nach dem Willen von Parteichef Horst Seehofer würden diese Leistungen, anstatt aus Beiträgen, aus dem allgemeinen Steuertopf finanziert. FDP und CDU lehnen das ab: Seehofer, warnt Spahn, plane eine schuldenfinanzierte Vorsorge.

    Das Modell Özkan:

    Der jüngste und unorthodoxeste Vorschlag kommt von der niedersächsischen Sozialministerin Aygül Özkan: Sie will sich das Geld für die Pflegereform aus der Rentenkasse holen. Deren Beiträge sollen im Januar eigentlich von 19,9 auf 19,6 Prozentpunkte sinken. Mit einem Verzicht auf diese Entlastung, schätzt die CDU-Politikerin, könnten drei Milliarden Euro in die Pflegeversicherung umgeleitet werden.

    Wer auch immer sich am Ende durchsetzt: Viel Zeit bleibt Bahr nicht. Wenn die Reform jetzt noch einmal verschoben werde, warnt Andreas Westerfellhaus, der Vorsitzende des Pflegerates, werde es immer unwahrscheinlicher, dass sie in dieser Legislaturperiode noch in Kraft trete. Dabei hat die FDP vor allem eines versprochen: zu liefern.

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