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Kabinett: Kritik an Lauterbach als Gesundheitsminister wächst

Kabinett

Kritik an Lauterbach als Gesundheitsminister wächst

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    So richtig hat er die Sache nicht im Griff: Gesundheitsminister Karl Lauterbach sucht sein Erfolgsrezept.
    So richtig hat er die Sache nicht im Griff: Gesundheitsminister Karl Lauterbach sucht sein Erfolgsrezept. Foto: Carsten Koall, dpa

    Als Karl Lauterbach Gesundheitsminister wurde, kursierten einige Bosheiten in Berlin. "Und wer geht jetzt in die Talkshows?", lautete eine davon. Gut 13 Monate später polarisiert der SPD-Politiker immer noch, die Zahl seiner Fans jedoch hat abgenommen. Dass "Karlchen Überall" zum freiwilligen Maskentragen aufrufe, sei schon okay – er könne ihn gerade ohnehin nicht mehr sehen, ätzt ein liberaler Kollege aus der Koalition. Man könnte diese Äußerung als unqualifiziert abtun, doch ähnlich genervte Bewertungen sind zunehmend auch aus der SPD zu hören. Der 59-Jährige hat seine Sympathiepunkte nicht nur in der Bevölkerung aufgebraucht. Ein großer Wurf könnte helfen, ein gelungenes Krankenhauskonzept beispielsweise. Bisher jedoch warten seine Kritikerinnen und Kritiker vergeblich.

    In Lauterbachs Partei und der Ampel-Koalition insgesamt war vielfach erwartet worden, dass Kanzler Olaf Scholz die Auswechslung von Christine Lambrecht nutzt, um auch das Problem mit seinem zweiten Wackelkandidaten zu lösen. Der Regierungschef vermied jedoch eine größere Kabinettsumbildung und beschränkte sich darauf, Boris Pistorius zum neuen Verteidigungsminister zu machen. Wie lange sich Lauterbach halten kann, ist offen. "Der Karl weiß, dass er liefern muss", sagt einer aus der Regierungsspitze. 

    Beliebtheitswerte von Gesundheitsminister Karl Lauterbach sind im freien Fall

    Lauterbach sei der Gesundheitsminister, "den sich bestimmt die meisten Bürger dieses Landes gewünscht haben", hatte Scholz bei der Berufung des Ministers noch gelobt. Der Epidemiologe und Gesundheitsökonom erklärte damals jedem, der es hören wollte – und das waren viele – die Corona-Lage. Seine Statements waren zwar wenig medizinisch, wogen nicht das Für und Wider ab, sondern gingen immer frontal in eine Richtung. Doch im Volk kam das an und Scholz hoffte, dass ein wenig der Glanz auch auf ihn fallen möge. 

    Stattdessen fielen Lauterbachs Beliebtheitswerte. Die entsprechende Zeitreihe der Forschungsgruppe Wahlen für das ZDF-Politbarometer zeigt: Nach Amtsantritt war er mit 1,4 Punkten eines der beliebtesten Regierungsmitglieder. Derzeit steht hinter Lauterbachs Name eine Null. 

    Mitarbeiter sind unzufrieden mit Gesundheitsminister Lauterbach

    Hinzu kommt, dass Lauterbach sein Ressort offenbar nicht im Griff hat. Unzufriedene Führungskräfte berichten von ständigen Alleingängen. Dass sich sein Vorstoß zur Cannabis-Legalisierung gerade in schwarzen Rauch auflöst, ist nur sein kleinstes Problem. Ein ungleich wichtigeres ist beispielsweise der Umbau der Pflege. In ganz Deutschland ächzen Pflegeheime unter exorbitant steigenden Kosten. Gleichzeitig schießt der Eigenanteil der Pflegebedürftigen in die Höhe, obwohl die Koalition Besserung versprochen hat. "Ohne eine Reform steht das Pflegesystem vor dem Kollaps", kommentierte Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie

    Gerade versucht sich Lauterbach an einer Krankenhausreform, bei der infolge einer geplanten Abkehr vom reinen Fallpauschalen-System die Umgestaltung der Krankenhauslandschaft debattiert wird. Der Sozialverband Deutschland fürchtet Klinikschließungen und lenkt den Blick auf strukturschwache Regionen. Wenn dort Krankenhäuser geschlossen würden, führe das zu "unzumutbaren Entfernungen", beklagt der Verband. SoVD-Vizepräsidentin Ursula Engelen-Kefer erklärte, eine qualitativ hochwertige medizinische Versorgung sei zwar von zentraler Bedeutung. "Jedoch ist eine gute und schnelle Erreichbarkeit unverzichtbar, gerade wenn jede Minute zählt!", sagte sie unserer Redaktion. Das gilt für die Patientinnen und Patienten, aber auch für die Angehörigen. "Menschen, die in infrastrukturell weniger ausgebauten Regionen leben, dürfen nicht schlechter versorgt werden als jene in den Städten und Metropolregionen", erklärte Engelen-Kefer. 

    Kubicki: Lauterbach bleibt nicht ganze Legislaturperiode im Amt

    Die amtliche Statistik aus dem "Deutschlandatlas" untermauert diese Sorge. Im Mittel lässt sich das nächste Krankenhaus der Grundversorgung demnach in 16 Minuten mit dem Auto erreichen. Für etwa 78 Prozent der Bevölkerung sind es maximal 15, für weitere 14 Prozent maximal 20 Minuten. Je ländlicher die Region, desto schwieriger wird es: Die verbleibenden 8 Prozent benötigen mehr als 20 Minuten. 

    Als Lauterbach unlängst seine Pläne zur Reform des Krankenhauswesens vorstellte, nannte er sie eine "Revolution im System" und einen "Schwerpunkt meiner Arbeit auch für die nächsten drei Jahre". FDP-Vize Wolfgang Kubicki hatte da gerade erklärt, er gehe nicht davon aus, dass Lauterbach als Gesundheitsminister die ganze Legislaturperiode im Amt bleibe. Derzeit sieht es eher so aus, als ob Kubicki Recht bekommt.

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