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Junge Union bei Deutschlandtag: Kritik an Laschet

Deutschlandtag

Junge Union geht hart mit Laschet um – und dennoch fair

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    Kein leichter Termin für den CDU-Chef: Armin Laschet übernimmt beim Deutschlandtag der Jungen Union in Münster die volle Verantwortung für das Debakel seiner Partei bei Bundestagswahl.
    Kein leichter Termin für den CDU-Chef: Armin Laschet übernimmt beim Deutschlandtag der Jungen Union in Münster die volle Verantwortung für das Debakel seiner Partei bei Bundestagswahl. Foto: Marcel Kusch, dpa

    Es war kein leichter Gang für Armin Laschet. Viel Kritik hatte sich der CDU-Vorsitzende und Wahlverlierer in den letzten Wochen anhören müssen, auch von der Jungen Union, bei deren Deutschlandtag er am Samstag in Münster zu Gast war. Befürchtungen waren im Vorfeld laut geworden, die Delegierten der rund 100.000 Mitglieder zählenden Nachwuchsorganisation von CDU und CSU könnten seinen Auftritt zu einer ebenso scharfen wie lauten Abrechnung nutzen. Doch der erwartete Spießrutenlauf für Laschet blieb aus.

    Söder hat Teilnahme am Deutschlandtag der Jungen Union abgesagt

    JU-Chef Tilman Kuban hob hervor, was offenbar viele im Saal dachten, die ihren gescheiterten Kanzlerkandidaten mit stehenden Ovationen empfingen. „Du zeigst einen ganz starken Charakter“, lobte er Laschets Auftritt. Wahre Größe zeige sich nicht immer nur, wenn die Sonne scheine, sondern auch, wenn es Gegenwind gebe, erklärte der 34-Jährige, und das war durchaus auch als Seitenhieb auf CSU-Chef Markus Söder zu verstehen. Der Bayer hätte nach Laschet reden sollen, seine Teilnahme aber kurzfristig wieder abgesagt. Bereits zum Auftakt am Freitag hatte Kuban ihm deswegen indirekt Charakterschwäche vorgeworfen.

    Laschet ließ es an der von den Delegierten gewünschten Klarheit nicht missen. „Wir haben ein bitteres Ergebnis erzielt“, rief er in den Saal und übernahm die Verantwortung für die Wahlniederlage in einer Deutlichkeit, die viele bisher bei ihm vermisst hatten. „Die Verantwortung für dieses Ergebnis, die trage ich. Als Vorsitzender und als Kanzlerkandidat“, sagte Laschet. Und: „Den Wahlkampf und die Kampagne, die habe ich zu verantworten – und sonst niemand.“

    Viele JU-Mitglieder sind in der Merkel-Ära aufgewachsen

    JU-Mitglied kann sein, wer zwischen 14 und 35 Jahre alt ist, die allermeisten im Saal wuchsen mit einer Politik auf, die von Wahlsiegen und der Ära Merkel geprägt war. Diese Zeiten sind vorbei. „Nun sind wir an einem Punkt, den viele hier im Saal noch nicht erlebt haben, nämlich Opposition“, sagte Laschet. Nachdem er sich lange Zeit nicht zu einem Glückwunsch für den Wahlgewinner Olaf Scholz von der SPD hatte durchringen können, übertrieb er es nach dem Geschmack einiger Delegierter diesmal mit dem Lob für die Konkurrenz, die nächste Woche in Koalitionsverhandlungen einsteigen will. Das zwölfseitige Sondierungspapier von SPD, Grünen und FDP sei „in Ordnung“, erklärte der Aachener und ergänzte: „Da hätten wir manches auch mitmachen können.“

    Wem das zunächst zu sehr nach Demut klang, erlebte postwendend den Kämpfer Laschet. „Wir werden sie messen an den Taten, nicht an zwölf Seiten Sondierungspapier“, drohte er Richtung Ampel-Koalition und machte den Delegierten im Saal Hoffnung auf bessere Zeiten. Die CDU habe in ihrer Geschichte schon erlebt, dass die Oppositionsrolle nicht lange dauern müsse. „Politische Stimmungen können sich schnell wieder verändern“, sagte der nordrhein-westfälische Ministerpräsident, der nächste Woche in diesem Amt von Hendrik Wüst abgelöst werden soll.

    Laschet widerspricht Merz beim Deutschlandtag der Jungen Union

    Vom Deutschlandtag der Jungen Union soll das Signal für einen Neuanfang bei CDU und CSU ausgehen. Dazu hatte sich am Freitagabend schon der Abgeordnete Friedrich Merz geäußert und dabei ganz schlechte Noten verteilt. „Die Union ist mit diesem Wahlergebnis ein insolvenzgefährdeter, schwerer Sanierungsfall geworden“, sagte der CDU-Politiker, der möglicherweise für den Parteivorsitz kandidieren will, dazu aber noch keine Entscheidung getroffen habe, wie er in Münster erklärte.

    Laschet wies Merz‘ Einschätzung entschieden zurück. Die CDU sei „nicht ein totaler Sanierungsfall“, rief er aus. Er schätze Merz und dessen Analysestärke, aber die CDU habe „ein gutes Programm gehabt“, das leider nicht durchgedrungen sei.

    Dass Laschet am Wahlsonntag noch die Regierungsbildung für die Union beanspruchte, war vielfach auf Unverständnis gestoßen. Der Aachener ließ diese Kritik zu, verteidigte sich aber auch. Am Wahlabend sei die Lage nicht so eindeutig gewesen, dass eine Regierungsbeteiligung ausgeschlossen gewesen sei. „Ich glaube immer noch, dass Jamaika ein interessantes Angebot an die Öffentlichkeit gewesen wäre“, sagte Laschet.

    Laschet und Spahn wollen Handyverbot durchsetzen

    Der Neustart soll sich auch an ganz praktischen Dingen zeigen. Beim Gebrauch von Handys etwa. Er hätte sich, sagte Laschet, mehr Se­ri­o­si­tät gewünscht „und nicht, dass aus den Runden heraus getwittert wird“. Tatsächlich hatten viele Christdemokraten aus den Gremiensitzungen Details verraten, die schnell zum Störfaktor wurden. „Dass man den CDU-Bundesvorstand im Liveticker mitlesen kann, war schon der Beginn einer Schwächung im Wahlkampf“, resümierte Laschet und verteidigte das von ihm verhängte Handyverbot in Vorstandssitzungen. Das werde bleiben, solange er Vorsitzender sei, sagte Laschet und bekam Rückendeckung von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, der nach ihm ans Rednerpult trat.  

    Spahn, der Laschet bei dessen Bewerbung um den CDU-Vorsitz unterstützt hatte, sprach von einem Klima des Misstrauens, das sich breitgemacht und zu einer „Krise des Zusammenhalts“ geführt habe. Spahn riet, „einfach mal ein paar Reflexe abstellen. Nicht nur, aber auch auf Twitter, das macht schon einen Unterschied. Und wenn dazu gehört, dass wir die Handys weglassen in den Sitzungen, dann machen wir das.“ 

    So seien dann auch wieder gute Debatten möglich, diese seien „der Sauerstoff der Demokratie“. Der CDU-Vizevorsitzende warb gar dafür, das Wort „alternativlos“ aus den Debatten zu streichen – ein Seitenhieb gegen Kanzlerin Angela Merkel, die den Begriff geprägt hatte.

    Unionsmitglieder fordern stärkere Mitsprache der Basis

    Laschet, Spahn, die Junge Union – einig waren sie sich darin, die Mitglieder in künftige Entscheidungen besser einzubinden. Eine Mitgliederbefragung soll es geben, wenn auch noch nicht feststeht, in welcher Form und zu welchen Fragen. Die Junge Union kann sich zudem Hoffnungen machen, dass sich ihre Idee von einem „Unionsrat“ durchsetzt, der die Arbeit zwischen CDU und CSU koordiniert. CDU-Laschet machte zudem deutlich, dass es im Konrad-Adenauer-Haus, der Parteizentrale, ebenfalls einen Neuanfang geben muss. Spahn allerdings warnte postwendend davor, der KAH-Belegschaft die Schulde für die Wahlmisere in die Schuhe zu schieben. 

    Am Ende war es dann in der Tat die harte, aber faire Auseinandersetzung, die sich die Junge Union erhofft hatte. Nur eins, das wollte Laschet nicht zulassen – Rücktrittsaufforderungen an CDU-Urgestein Wolfgang Schäuble, wie sie auch aus JU-Reihen laut geworden sind. „Ein solch verdienter Mann hat es nicht verdient, dass er von irgendjemand aus dem Amt gedrängt wird. Ich werde das nicht dulden“, erklärte er.

    Als ein verdienter Mann wurde Laschet von den Delegierten verabschiedet. Der viel Gescholtene, der möglicherweise bald auf einem hinteren Abgeordnetensitz im Bundestag Platz nehmen wird, nahm es sichtlich gerührt entgegen.

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