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Italien-Wahl 2022: Der nächste schwarze Tag für Europa

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Italien hat gewählt: Der nächste schwarze Tag für Europa

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    Sie ist die Gewinnerin der Wahl in Italien: Giorgia Meloni.
    Sie ist die Gewinnerin der Wahl in Italien: Giorgia Meloni. Foto: Gregorio Borgia, picture alliance/dpa/AP

    Wie bitter dieser 25. September 2022 ist, sieht man daran: Europa muss jetzt auf Silvio Berlusconi hoffen. So gesehen zahlt sich die offensive Wahlwerbung von EVP-Chef Manfred Weber (CSU) für Europas wohl am meisten diskreditierten Ex-Premier doch noch aus. Weber hofft, dass Berlusconis Forza Italia in der sich formierenden italienischen Stramm-Rechts-Regierung um Wahlsiegerin Giorgia Meloni (Fratelli d’Italia) so etwas wie europäische Staatsräson einbringt. Ein seit Jahrzehnten von der Justiz verfolgter Lustgreis, der Italiens Politik während seiner Regierungsjahre wie kaum ein Zweiter bagatellisiert und die Glaubwürdigkeit des politischen Systems ausgehöhlt hat, wird Europas Hoffnungsträger in Zeiten des Krieges? Na dann.

    Sarkasmus führt nicht weiter, aber Italiens neue Regierung tut das auch nicht. Im Gegenteil: Wie lange dieses nun nach der Macht greifende Bündnis sich hält, wird sich zeigen. Aber wer jetzt schon darauf setzt, dass es keinen allzu großen Schaden anrichtet, darauf hofft, dass die volatile italienische Wählergunst es schon bald richten möge, dass die ewigen Rankünen der Polit-Kaste bald schon wieder eine günstigere Volte zeitigen und moderatere Kräfte ins Amt kommen, verwechselt Hoffnung mit Leichtfertigkeit.

    Victory – Giorgia Meloni ist die große Gewinnerin der Wahlen in Italien.
    Victory – Giorgia Meloni ist die große Gewinnerin der Wahlen in Italien. Foto: Oliver Weiken, dpa

    Man muss das noch mal in seiner Wucht festhalten: 100 Jahre nach Mussolinis Marsch auf Rom wird Italien, das Gründungsland der Europäischen Union, die drittgrößte Volkswirtschaft Europas, von einer rechtsextremen Regierung geführt werden. Das ist so, als hätte Marine Le Pen in Frankreich die Präsidentschaftswahlen gewonnen. Oder irgendjemand von der sogenannten Alternative für Deutschland zöge ins Bundeskanzleramt ein. Diese Leute gratulieren nun eifrig Richtung Süden.

    Italien wird nicht über Nacht zum autoritären Staat werden

    Melonis politischer Fixpunkt ist Viktor Orbán. Der Mann, der in Ungarn seit Jahren den Rechtsstaat schleift und dem die EU-Kommission – vollkommen zu Recht, wenn auch um Jahre zu spät – Milliarden-Zahlungen kürzen will. Italien wird nicht über Nacht zum autoritären Staat werden, einer neuen Regierung sind in dem hoch verschuldeten Land finanziell enge Grenzen gesetzt. Wenn sie die üppigen Zuwendungen aus dem EU-Wiederaufbaufonds nicht gefährden will, muss sie sich mit Brüssel arrangieren. Aber der Bruch ist gewaltig.

    Mit von der Partie ist schließlich auch Italiens Ex-Innenminister Matteo Salvini (Lega). Wer sich erinnert, wie unmenschlich dieser Mann seine Politik der geschlossenen Häfen umsetzte, Flüchtlinge, die sich vom Mittelmeer an die italienische Küste retten wollten, als Mittel zum niederen innenpolitischen Zweck missbrauchte, weiß, was für ein Geist in dieser Allianz vorherrscht. Egal, ob der Putin-Bewunderer Salvini, dessen Lega Stimmen wohl an die Fratelli verloren hat, es in ein Regierungsamt schafft oder ausgetauscht wird.

    Italien stärkt in der EU den Block von Polen und Ungarn

    Jenseits der Gefahren im Innern, in einem Land, in dem investigative Journalisten wie Paolo Berizzi bereits heute um ihr Leben fürchten müssen, wird Italien künftig den Block von Polen und Ungarn in der EU stärken. Und das in einer Phase, in der Einigkeit und Geschlossenheit Europas wichtiger denn je ist. Im Kreml wird man sehr zufrieden sein.

    Zum Schluss das Beunruhigendste: Die Wahlbeteiligung lag historisch niedrig bei rund 64 Prozent. Fast der Hälfte der Wahlberechtigten ist offensichtlich egal, wer regiert. Erwartet wird nichts mehr. Das hat auch mit den Jahren Berlusconis zu tun, der nun – mit den Feinden der Demokratie – wieder an die Macht kommt.

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