Das Heizungsgesetz von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck ist das brisanteste Projekt der Ampel-Koalition. In ganz Deutschland hat der Grünen-Politiker durch das geplanten Einbauverbot von Öl- und Gasheizungen Hausbesitzer stark verunsichert. De facto liefe es bei einem Tausch der Heizung in vielen Fällen auf eine Wärmepumpe hinaus, für die alte Häuser aber umfangreich gedämmt werden müssten. Auf die Eigentümer kämen zehntausende Euro an Ausgaben zu.
Von diesen Kosten verschont werden könnte, wer sein Haus an das Fernwärmenetz anschließen kann. Diese Ausnahme soll am Montag auf dem sogenannten Fernwärmegipfel in Berlin beschlossen werden. Verfolgt ein Energieversorger verbindlich den Ausbau der Fernwärmeversorgung, sollten daran interessierte Gebäudeeigentümer „von der Pflicht zum Einbau einer die 65-Prozent-Vorgabe für erneuerbare Energien erfüllenden Heizung befreit werden“, heißt es in der Beschlussvorlage des Treffens von Politik und Energiebranche. Sie liegt unserer Redaktion exklusiv vor. Die 65-Prozent-Vorgabe meint, dass eine neue Heizung zu 65 Prozent mit Erneuerbaren Energien betrieben wird. Neben Holzpellet-Heizungen sind das derzeit vor allem die Wärmepumpen.
Durch den Einbau steigt zudem der Wert einer Immobilie.
100.000 Wohnungen pro Jahr an die Fernwärme anschließen
Folgt das Treffen der Vorlage, dann heißt es, dass die Hausbesitzer ihre alten Öl- und Gaskessel durch neue ersetzen können. Im Idealfall tut es die bestehende Heizung bis der Fernwärmeanschluss gelegt ist. Rund zehn Prozent aller Wohnungen werden hierzulande per Fernwärme versorgt.
Die Ampel-Koalition hat sich vorgenommen, diesen Anteil deutlich zu steigern. Jährlich sollen 100.000 Wohnungen angeschlossen werden und damit bis 2045 etwa 30 Prozent der Gebäude mit Fernwärme zu beheizen. Damit das gelingen kann, sollen Städte verpflichtet werden, eine Wärmeplanung zu erstellen. Kommunen mit über 100.000 Einwohnern sollen dafür bis Ende 2026 Zeit erhalten, Kommunen über zehntausend Einwohner bis Ende 2028.
Für das Heizungsgesetz haben Habeck und Bauministerin Klara Geywitz (SPD) harte Kritik einstecken müssen. Selbst der Regierungspartner FDP bekämpft das Projekt. Der klimaschutz- und energiepolitische Sprecher der Unionsfraktion, Andreas Jung, rief die Ampelkoalition auf, den Ausbau der Fernwärme entschieden voranzutreiben. „Wir brauchen jetzt klare Perspektiven für Nah- und Fernwärme statt weiter einseitige Priorität für die Pumpe“, sagte Jung unserer Redaktion. Robert Habeck und Klara Geywitz „müssen vom Gipfel mit neuen Horizonten kommen, sonst geht danach das Tal der Tränen weiter.“
Der CDU-Vize hält vor allem zwei Vorgaben für falsch, die Bau- und Wirtschaftsminister festschreiben wollen. Die Biomasse soll nur eine beschränkte Rolle bei der Fernwärme spielen. Und bis 2030 soll die Hälfte der Fernwärme mit Erneuerbaren Energien erzeugt werden. „Sollte die Ampel an den strikten Vorgaben in ihren Plänen festhalten, werden die Wärmenetze abgestellt statt umgestellt“, monierte Jung.
Die Energiebranche verlangt 3 Milliarden Euro Zuschuss pro Jahr
Mit seiner Kritik ist er nicht allein. Stadtwerke und Versorger halten es für unrealistisch, die Fernwärme in wenigen Jahren zur Hälfte klimaverträglich zu machen. Heute wird das Wasser, das in den Rohren zu den Häusern geschickt wird, in den meisten Fällen durch Kraftwerke mit Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) oder eine Müllverbrennungsanlage erhitzt. Die KWK-Kraftwerke werden häufig noch mit Gas oder Kohle befeuert. Werden diese Brennstoffe aber wie vorgesehen künftig durch grünen Wasserstoff abgelöst, kann auf einen Schlag viel Kohlendioxid eingespart werden. Der Ausbau des Fernwärmenetzes ist allerdings voraussetzungsreich und teuer.
Neue Kraftwerke müssen gebaut, Straßen aufgebaggert und Rohre verlegt werden. Die Investitionen dafür sind enorm. Der Stadtwerkeverband VKU verlangt deshalb eine Förderung von drei Milliarden Euro von der Bundesregierung pro Jahr bis 2035.
Derweil steigt durch den Einbau einer Wärmepumpe der Wert einer Immobilie.