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Heizen: Wie die EU das Kaminfeuer erlöschen lassen könnte

Heizen

Wie die EU das Kaminfeuer erlöschen lassen könnte

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    Ein Kaminfeuer sorgt für behagliche Wärme ohne russisches Gas. Neue EU-Vorgaben für die Luftqualität könnten damit Schluss machen.
    Ein Kaminfeuer sorgt für behagliche Wärme ohne russisches Gas. Neue EU-Vorgaben für die Luftqualität könnten damit Schluss machen. Foto: Angelika Warmuth, dpa

    Der Krieg in der Ukraine führt Deutschland schmerzlich vor Augen, wie abhängig es von Energielieferungen aus dem Ausland ist. Was passiert, wenn Putin dem Westen den Gashahn abdreht oder Deutschland sich für den Boykott des Brennstoffs entscheidet? Wer zu Hause einen Kamin, einen Kachelofen hat oder mit Holzpellets heizt, muss sich nicht fürchten, im nächsten Winter zu frieren. Holz liefert demnach Freiheitsenergie, um einen Spruch von FDP-Chef Christian Lindner abzuwandeln.

    Doch diese Freiheit ist bedroht. Denn die Europäische Union arbeitet an neuen Grenzwerten für saubere Luft. Diese fußen auf Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation WHO. Erlangen diese Gesetzeskraft, dann könnte Deutschland gezwungen sein, das Heizen mit Holz zu verbieten und neue Fahrverbote für Dieselautos in Städten zu erlassen. Wie aus einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage der Unionsfraktion hervorgeht, unterstützt die Bundesregierung das Vorhaben der EU-Kommission. "Die Grenzwerte sollten dabei schrittweise an die 2021 aktualisierten Richtwerte der Weltgesundheitsorganisation angenähert werden", heißt es in dem Schreiben, das unserer Redaktion vorliegt.

    Deutschland würde die neuen Werte überall verfehlen

    Das Umweltbundesamt hat schon einmal nachgerechnet, ob Deutschland die Vorgaben erfüllen könnte. Die klare Antwort lautet Nein. An 99 Prozent der Messstellen würden die Grenzwerte für Feinstaub gerissen, der unter anderem beim Verbrennen von Holz entsteht. Wie aus der Antwort der Bundesregierung weiter hervorgeht, wird derzeit geprüft, ob die entsprechende Verordnung für "kleine Feuerungsanlagen", wie es im schönsten Behördendeutsch heißt, angepasst werden soll.

    Schön anzusehen, aber nicht gut für die Umwelt: Auch Öfen in privaten Haushalten verursachen Feinstaub und schädliche Emissionen.
    Schön anzusehen, aber nicht gut für die Umwelt: Auch Öfen in privaten Haushalten verursachen Feinstaub und schädliche Emissionen. Foto: Matthias Balk, dpa

    Die CSU-Klimapolitikerin Anja Weisgerber hat gemeinsam mit ihrer CDU-Kollegin und früheren Forschungsministerin Anja Karliczek die parlamentarische Anfrage gestellt. Dass sich die Bundesregierung angesichts der gefährdeten Energieversorgung Europas und Deutschlands nicht ausdrücklich zu Holz als Brennstoff bekennt, hält Weisgerber für völlig unverständlich. "Die Bürger werden damit im Unklaren darüber gelassen, ob sie mit ihren Kamin- und Kachelöfen oder Pelletheizungen in Zukunft weiterhin heizen dürfen. In einer Zeit steigender Heizkosten bei Gas und Öl sorgt die Bundesregierung für noch mehr Verunsicherung", sagte die Bundestagsabgeordnete unserer Redaktion. Das Heizen mit Holz und Holzpellets müsse auch künftig möglich sein.

    Umweltbundesamt für Kamin-Verbot

    Das dem Umweltministerium unterstellte Umweltbundesamt sieht das freilich anders. Vor einiger Zeit löste Behörden-Chef Dirk Messner einen Schlagzeilenwirbel aus, weil er das Heizen mit Holz verbieten will. "Am Ende des Tages sollten wir uns verabschieden von der Verbrennung von Holz in unseren Haushalten", hatte Messner im Februar gesagt. Daraufhin meldeten sich bei Klempnermeistern irritierte Hausbesitzer, ob sie ihre Pelletheizungen wieder ausbauen müssen.

    Die Bundesregierung jedenfalls glaubt selbst nicht daran, dass Deutschland die verschärften Vorschriften bis 2030 einhalten könnte. Bis zum Jahr 2030 sei das nicht generell möglich, räumte sie auf die Anfrage der beiden Unions-Politikerinnen ein.

    In den zurückliegenden Jahren hatte sich Deutschland mit Luftgrenzwerten, die nicht erreicht wurden, ziemlich geplagt. Die Diskussion um Diesel-Fahrverbote beschäftigte Autofahrer in der gesamten Republik. Durchgesetzt hatte sie schließlich die Deutsche Umwelthilfe, die reihenweise Großstädte verklagte. Millionen Dieselautos bekamen Software-Updates verpasst, damit weniger Schadstoffe aus dem Auspuff kommen. In Stuttgart wurde sogar ein weiträumiges Fahrverbot für ältere Selbstzünder verhängt. Umwelthilfe-Chef Jürgen Resch hat bereits angekündigt, dafür zu sorgen, dass die neuen Bestimmungen für saubere Luft eingehalten werden. Er plädiert auch für ein Verbot von Öfen ohne Filter.

    Wenn die aktuell gültigen Grenzwerte angelegt werden, dann hat sich die Luftqualität in Deutschland in den vergangenen Jahren deutlich gebessert. Nur noch München und Ludwigsburg haben 2021 sie verfehlt.

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