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Gegen den Erfolg der AfD reichen schärfere Asylgesetze nicht

Kommentar

Gegen die AfD-Erfolge helfen keine einfachen Rezepte

Michael Pohl
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    Was können Regierungen gegen den Aufstieg der AfD tun?
    Was können Regierungen gegen den Aufstieg der AfD tun? Foto: Swen Pförtner, dpa

    Nach dem Triumph der AfD in Thüringen und Sachsen fiel die deutsche Politik sehr schnell in alte Muster zurück und sucht im Streit um eine bessere Asylpolitik ein Mittel gegen das Erstarken der Rechtsaußenpartei. Ein Blick in die jüngere Vergangenheit zeigt, wie riskant diese Taktik ist: Im Jahr 2018 trieb der frisch als Bundesinnenminister nach Berlin gewechselte CSU-Chef Horst Seehofer sogar die gemeinsame Bundestagsfraktion mit der CDU in eine ernsthafte Zerreißprobe im Streit über die Zurückweisung von Flüchtlingen an der deutschen Grenze.

    Und obwohl Seehofer Verschärfungen der Asylgesetze durchsetzte, obwohl die Zahl der Asylbewerber im selben Jahr deutlich unter seine geforderte „Obergrenze“ von 200.000 zurückging: Die CSU erlebte einen Absturz, von dem sie sich nie wieder erholt hat: Erstmals seit über 60 Jahren fiel sie in Bayern bei Landtagswahlen unter die 40-Prozent-Marke. Die AfD zog in Bayerns Landtag. In Thüringen überholte sie ein Jahr später die CDU und brachte das Land an den Rand der Unregierbarkeit.

    Für Union und SPD rächen sich alte Versäumnisse

    Heute ist es die Ampel-Koalition, die auf schärfere Asylgesetze setzt, um die Zahlen auf lange Sicht zu senken. CDU-Chef Friedrich Merz pocht dagegen auf kurzfristig wirkende Maßnahmen, um die Asylbewerberzahlen schnell für jeden sichtbar vor der Bundestagswahl herunterzudrücken. Dabei geht Merz weit über das hinaus, was einst Seehofer forderte.

    Der aktuelle Streit zwischen Union und Ampel dürfte ebenso wie die Ankündigungspolitik der Bundesregierung – wenn überhaupt – nur wenige bisherige AfD-Wähler beeindrucken. Für die SPD und die Union rächt es sich nun, dass sie außerhalb von Asyldebatten nie ernsthafte Versuche unternahmen, Anhänger der Partei zurückzugewinnen. Im Gegenteil: Beide Volksparteien nehmen es sogar tatenlos hin, dass die AfD zur stärksten Arbeiterpartei aufgestiegen ist: Laut Wahlanalysen stimmten 33 Prozent der Arbeiter bei der Europawahl für die AfD. In Thüringen waren es sogar 48 Prozent.

    Die AfD ist selbst in Bayern die stärkste Arbeiterpartei

    Auch in Bayern heißt die Arbeiterpartei Nummer eins AfD. Die SPD schneidet bei ihrer einstigen Kernwählerschaft sogar schlechter ab, als im Rest der Bevölkerung. Auch gemessen am Einkommen ist die AfD laut Studien längst die stärkste Kraft der „kleinen Leute“.

    Sowohl die SPD als auch die Union tun sich inzwischen schwer, diesen Menschen konkrete Politikangebote zu machen und die Lebensverhältnisse der unteren Mittelschicht spürbar zu verbessern. Die SPD konzentriert sich bei Mindestlohn und Bürgergeld auf Niedrigverdiener und Arbeitslose. In der Wohnungspolitik scheitert sie derzeit brachial, nachdem sie an der Seite der Union mit immer höheren Standards die Kosten für den Mietwohnbau in kaum noch finanzierbare Höhen getrieben hat. Heute schickt sie immer mehr Mieter für Wohngeld aufs Sozialamt.

    In der Union sind Sozialpolitiker inzwischen nur noch Exoten

    In der einst von der christlichen Soziallehre geprägten Union sind Arbeitnehmervertreter und Sozialpolitiker längst Exoten unter lauter Mittelstandspolitikern. Parteiübergreifend hilft die deutsche Bildungspolitik seit Jahren so schlecht wie nie beim sozialen Aufstieg. Das untergräbt den Anspruch, dass es Kinder einmal besser haben sollen als ihre Eltern.

    Wenn SPD und Union der AfD die Wählerschaft abgraben wollen, reicht eine bessere Asylpolitik nicht aus. Die Volksparteien müssen wieder die Sorgen und Nöte der Menschen außerhalb des eigenen Dunstkreises ernst nehmen und auch um diese Wähler mit echten politischen Angeboten werben.

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    8 Kommentare
    Jochen Hoeflein

    Aus meiner Sicht hat die ehemalige Kanzlerin mit ihrer Politik die CDU Richtung links-liberal den Grundstein für das Wachsen der AFD gelegt. Konservative Grundelemente der politischen Ausrichtung der CDU wurden aufgegeben. Mit ihrer Flüchtlingsentscheidung in 2015 war endgültig der Beginn konservative Wählerschichten aus der CDU zu vertreiben. An diesen Altlasten beisst die CDU heute noch an der Überwindung der Ära Merkel. Parallel hat die SPD alles getan traditionelle Stammwählerschichten der arbeitenden Bevölkerung zu vertreiben- Bestes Beispiel ein Herr Kühnert ohne jedweden Bezug in Richtung abgeschlossene Ausbildung und Berufserfahrung. Bei den Grüne dito- Studienabbrecher, Geisteswissenschafter ohne Berufserfahrung und Bezug zum realen Berufs- und Wirtschaftsleben. Der beste Nährboden für Populisten jedweder Coleur.

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    Maria Reichenauer

    Mir sind Studienabbrecher, Geisteswisseschaftler etc. TAUSENDMAL lieber als korrupte Langzeitpolitiker oder Prediger rassistischer und völkischer Ideen. Denn nicht erstere haben uns schon einmal in die Bredouille gebracht, sondern letztere. Wer aus unbekannten Gründen ein Studium abbricht oder sich für ein Studium der Geistenswissenschaft entschieden hat, dem kann man deswegen nicht Dummheit, Unfähigkeit oder dergl. unterstellen. Sie sitzen auf einem verdammt hohen Ross.

    Rainer Kraus

    Die AfD ist eigentlich die beste Opposition, die es je gab, denn sie hilft mit ihren Analysen und Protokollen der Union die Fehler der Ampel zu erkennen, zu reparieren und vielleicht sogar der Ampel das Licht, wenn möglich vorzeitig auszuknipsen.

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    Maria Reichenauer

    Die AfD ist nicht die Partei, die repariert, sondern die, die den Karren in den Dreck fährt. Diese Partei analysiert nicht, sie hetzt und spaltet. Das ist ihr Erfolgsrezept. Sie frisst sich mit schlichtem Gedankengut in die Köpfe der Menschen und blockiert deren Denkvermögen. Das ist das Verdienst dieser Partei, deren "Analysen und Protokolle" auf tönernen Füßen stehen. Ein Blick hinter die Kulissen würde reichen, um sie zum ab- und einstürzen zu bringen.

    Peter Pfleiderer

    "Und obwohl Seehofer Verschärfungen der Asylgesetze durchsetzte..." - Asylgesetze sind ohne praktische Relevanz - jeder kann straffrei ohne Identitätsnachweis einreisen, bekommt Bürgergeld ohne Pflichten zum Spracherwerb und kann dann mit unklarer Herkunft nicht abgeschoben werden. Die Gefahr abgeschoben zu werden steigt mit Ehrlichkeit hinsichtlich der Identität und Arbeitsaufnahme. Diesen Zustand beschreibt die Politik dann als "Rechtslage" und wundert sich über steigende Zustimmung für Afd und Bsw.

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    Maria Reichenauer

    Glauben Sie wirklich an die Märchen, die Sie erzählen? Glauben Sie tatsächlich, dass die Welt so einfach funktioniert wie Sie es hier darstellen? Asylgesetze sind dazu da, beiden Seiten gerecht zu werden – dem Antragsteller auf Asyl und dem Land, das Asyl gewährt. Indem Sie bestehendes Recht verunglimpfen, das ja nicht einfach vom Himmel gefallen ist, sondern auf der Basis des Grundgesetzes im Laufe der Jahre entwickelt und auch weiterentwickelt wurde, arbeiten Sie nicht nur den Extremisten in die Hände, sondern lassen Zweifel daran aufkommen, ob das Grundgesetz für Sie noch irgendwelche Relevanz hat.

    Peter Pfleiderer

    "Sowohl die SPD als auch die Union tun sich inzwischen schwer, diesen Menschen konkrete Politikangebote zu machen und die Lebensverhältnisse der unteren Mittelschicht spürbar zu verbessern." - wenn der Kanzler kürzlich beim Bürgerdialog nach einen Bevölkerungszuwachs von 4 Millionen Menschen seit 2012 negative Auswirkungen auf den Wohnungsmarkt verneint wird es schwierig - oder wie es Welke von der Heute-Show sagte, da kann die Afd auch einen Schimpansen aufstellen. - 2015 durfte man es noch schreiben: https://www.augsburger-allgemeine.de/augsburg/Augsburg-Fluechtlinge-verstaerken-die-Wohnungsnot-id35939387.html

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    Maria Reichenauer

    Es geht nicht darum, was man heute angeblich nicht mehr schreiben darf, sondern darum, dass Sie hier alte Kamellen auspacken. Der von Ihnen zitierte Bericht ist 10 Jahre alt – das Problem des knappen bezahlbaren Wohnraums ist also nicht neu. Dass sich in zehn Jahren der Wohnungsmarkt eher verschärft als gebessert hat – dies den Flüchtlingen in die Schuhe zu schieben, ist schäbig und billige Stimmungsmache. Und außerdem: Auslöser der Flüchtlingskrise 2015 war vor allem der Bürgerkrieg in Syrien. Hätten die meisten EU-Länder nicht die Mittel für WHF und UNHCR 2015 drastisch gekürzt und so die Versorgung der Geflüchteten in den Nachbarländern torpediert, wäre die Flüchtlingszahl gar nie so stark angewachsen. Also wer ist schuld an der Krise? Europa selbst. Dass der Ukrainekrieg die Lage erneut verschärft hat, kann man ebenfalls nicht Menschen anlasten, die Schutz suchen.

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