Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Finanzstreit der Ampel-Koalition: Lindners Haushaltsdrama

Haushalt

Christian Lindner und sein Murmeltier-Haushalt

    • |
    • |
    Christian Lindner muss das Geld zusammenhalten. Das wird schwieriger als zuletzt erwartet.
    Christian Lindner muss das Geld zusammenhalten. Das wird schwieriger als zuletzt erwartet. Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Es gibt da diesen Film aus den Neunzigerjahren, in dem sich ein und derselbe Tag immer und immer wiederholt. Die gleichen Leute, die gleichen Gespräche, die gleichen Probleme, kein Ausweg in Sicht. „Und täglich grüßt das Murmeltier“ heißt der Klassiker. Nicht auszuschließen, dass Christian Lindner manchmal im Halbschlaf daran denkt. Das Murmeltier des Bundesfinanzministers heißt Haushalt. Immer, wenn alle denken, jetzt sei die Sache durch, geht alles wieder von vorn los. Die neueste Folge beginnt am Donnerstagnachmittag mit einer kurzen Meldung: „Finanzministerium hält neue Gespräche zum Haushalt für nötig.“ Was recht unspektakulär klingt, birgt Sprengstoff für die Koalition aus SPD, Grünen und FDP, die ihren Dauerzoff ums Geld doch gerade erst beigelegt hatte.

    Ein Gutachten alarmiert Finanzminister Christian Lindner

    Dass die mühsam in nächtlichen Sitzungen erzielte Einigung auf einen Haushalt fürs kommende Jahr nun doch wieder ins Wanken gerät, hat mit einem Brief zu tun, den der „Wissenschaftliche Beirat beim Bundesministerium der Finanzen“ an Lindner am Mittwoch geschickt hatte. Der FDP-Politiker hatte um Expertise zum vorliegenden Haushaltsentwurf der Ampel gebeten – als Rückversicherung, damit es nicht wieder ein böses Erwachen gibt. Es ging darum, ob bestimmte Vorhaben zur Schließung von Finanzlücken rechtlich in Ordnung und wirtschaftlich machbar sind. Das Antwortschreiben, das unserer Redaktion vorliegt, liest sich kompliziert, aber ein schlichter Satz dürfte den Minister alarmiert haben: „Der Beirat äußert vor dem Hintergrund der Schuldenbremse erhebliche Zweifel.“ Da war es plötzlich wieder, Lindners Murmeltier.

    Die gleichen Leute werden also in den kommenden Wochen in den gleichen Gesprächen das gleiche Problem lösen müssen wie schon im vergangenen Winter, wie schon vor einem Monat. Es geht darum, woher die Milliarden kommen sollen, mit denen die Koalition ihre Politik finanzieren will – und noch schwieriger: wo gespart werden muss. Im Dezember wäre daran um ein Haar die Bundesregierung zerbrochen.

    Rückblende: Nach einem spektakulären Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das die Finanzplanung der Ampel zu großen Teilen pulverisiert hatte, mussten Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), sein Vize Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner, damals nachsitzen. Weil sich die drei von der Zankstelle auch in vorweihnachtlichen Marathonsitzungen nicht einig wurden, ging die Ampel ohne gütigen Haushalt ins neue Jahr. Eine Blamage zwar, aber im Januar stieg dann endlich weißer Rauch auf und die Schicksalsgemeinschaft schien über dem Berg zu sein.

    Erst im Juli hatten sich SPD, Grüne und FDP auf den Haushalt geeinigt

    Doch weil nach dem Haushalt immer auch vor dem Haushalt ist, gingen die Debatten in bester Murmeltier-Manier im Frühjahr von vorne los. Wieder musste Sparpotenzial gefunden werden, wieder mussten sich Scholz, Lindner und Habeck einsperren, wieder dauerte es lange, bis sie am 5. Juli endlich die frohe Botschaft verkünden konnten: Es ward ein Haushalt geboren. Doch nun steht der Kompromiss plötzlich wieder infrage. Und alle drei Parteien bringen sich in Stellung für die nächste Runde. Der Finanzminister nutzte seinen Startvorteil und ging als erster auf die Strecke. Es müsse auch über die „Treffsicherheit von Sozialausgaben“ geredet werden, hieß es aus seinem Haus.

    SPD-Chefin Saskia Esken schien da bereits in den Startlöchern gestanden zu haben. Jedenfalls nahm sie umgehend die Verfolgung auf und kritisierte Lindners Kommunikation, die offenbar nicht mit den anderen Regierungsparteien abgestimmt war. „Das ist rücksichtslos und überschreitet für mich die Grenze des Erträglichen in einer Koalition“, polterte Esken. Auch die Grünen wollen sich nicht abhängen lassen. Fraktionsvize Andreas Audretsch warf Lindner eine „Kopf-in-den-Sand-Politik“ vor und warnte davor, auf Kosten des sozialen Zusammenhalts oder des Klimaschutzes zu sparen. Und täglich grüßt das Murmeltier.

    Markus Söder: „Überall offene Fragen und ungedeckte Schecks“

    Für die Opposition ist das neuerliche Drama eine Steilvorlage. „Der Bundeshaushalt ist löchrig wie ein Schweizer Käse. Überall offene Fragen und ungedeckte Schecks. Die Ampel kann nicht seriös regieren. Das Chaos geht weiter“, sagte CSU-Chef Markus Söder unserer Redaktion. Von wegen Sommerpause. Schon Mitte August sollte der Haushaltsentwurf eigentlich an den Bundestag weitergeleitet werden. Die Abgeordneten müssen genügend Zeit haben, sich vor den Beratungen mit all den Zahlen zu beschäftigen. Andernfalls sitzt der Regierung womöglich schon wieder das Verfassungsgericht im Nacken. Doch der Zeitplan dürfte angesichts der neuesten Wendung kaum noch zu halten sein.

    CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt warf der Koalition vor, dass sie sich mit der Verkündung des nun wieder offenen Haushalts-Kompromisses nur in die Sommerpause habe retten wollen. „Scholz, Habeck und Lindner haben die Öffentlichkeit mit ihrer Schein-Einigung beim Haushalt getäuscht, um sich mit ungedeckten Schecks in die Verlängerung zu tricksen“, sagte er unserer Redaktion. „Diese Täuschung ist jetzt aufgeflogen und Ampel-Haushalt fällt in sich zusammen, noch bevor er das Parlament erreicht“, fügte er hinzu.

    „Die Ampel muss jetzt notwendige Prioritäten, zum Beispiel bei den Verteidigungsausgaben, setzen und die zusätzlichen Milliarden Euro Ausgaben für das vollkommen verkorkste Bürgergeld zusammenstreichen“, forderte Dobrindt. „Es braucht endlich eine solide Haushaltsführung oder Neuwahlen, um das Ampel-Chaos zu beenden.“

    Der Kinofilm mit dem Murmeltier findet übrigens doch noch irgendwann sein Happy End. Vielleicht ein gutes Omen für die Ampel?

    Diskutieren Sie mit
    1 Kommentar
    Marianne Böhm

    Die Ampel besteht aus drei Parteien die überhaupt nicht zusammen passen, ihre Parteibücher sind sich völlig fremd.. einfach eine Zweckgemeinschaft. Sie demonstrieren Einigkeit und müssen sich ständig gegen ihre eigene Überzeugungen entscheiden. So etwas hat keinen Bestand und wird niemals gut gehen... man kann ja sehen die wurschteln ständig vor sich her.. es werden Entscheidungen getroffen die einfach nicht zusammen passen.. und zu scheitern verurteilt sind.. Diese Koalition war das schlimmste was man dem deutschen Volk antun konnte.. vor allen nach Angela Merkel die vorher 16 Jahre alles kaputt gespart hat. Das können dann nur Ideologen ideologisch angehen..

    Um kommentieren zu können, müssen Sie angemeldet sein.

    Registrieren sie sich

    Sie haben ein Konto? Hier anmelden