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Europäische Union: EU-Gegner Ungarn auf der großen Bühne

Europäische Union

EU-Gegner Ungarn auf der großen Bühne

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    Der ungarische Ministerpräsident und erklärte Gegner der EU, Viktor Orbán, führt sein Land in die Ratspräsidentschaft.
    Der ungarische Ministerpräsident und erklärte Gegner der EU, Viktor Orbán, führt sein Land in die Ratspräsidentschaft. Foto: Meng Dingbo, Xinhua, dpa

    Ungarn bereitet die Übernahme Brüssels vor. Es ist das erklärte Ziel von Viktor Orbán, daraus macht er keinen Hehl. „Wir müssen in die Tiefe gehen, Positionen besetzen, Verbündete gewinnen und die Europäische Union in Ordnung bringen“, hatte der ungarische Ministerpräsident unlängst angekündigt. Nun sieht er seine Chance gekommen. Ab 1. Juli übernimmt sein Land turnusgemäß den Vorsitz im Rat der EU, also dem Gremium der 27 Mitgliedstaaten. Was kommt dann, kurz nach der Europawahl, auf die Gemeinschaft zu? Gleich um die Ecke von EU-Kommission und Parlament sind aktuell noch Bauarbeiter am neuen „Ungarischen Haus“ zugange.

    Der imposante Palast soll demnächst zu Hochglanz renoviert eröffnet werden und als Treffpunkt und Veranstaltungsort für kulturelle Events dienen – oder als große Bühne für Orbáns Regierung? Die Freude über deren sechsmonatige Schlüsselrolle hält sich in vielen Brüsseler Kreisen in Grenzen. Ausgerechnet ein rechtspopulistischer Autokrat und EU-Skeptiker soll an der Spitze von einem der wichtigsten EU-Organe stehen? 

    Kann ausgerechnet Budapest vermitteln?

    Es gehört zu den Aufgaben einer EU-Ratspräsidentschaft, Vermittlerin zwischen den Mitgliedstaaten mit all ihren unterschiedlichen nationalen Interessen zu sein. Kompromisse schmieden, Brücken bauen, die Agenda setzen – es sind nicht gerade Kompetenzen, mit denen der Dauerrebell im Klub der 27 in den vergangenen Jahren aufgefallen ist. Zuletzt nahm Budapest beinahe wahllos wichtige Gesetzesvorhaben auf EU-Ebene in Geiselhaft, um Zugeständnisse für sich zu erpressen. Kann ein Land, das so vorgeht, die politische Führung in Europa einnehmen? „Da wird der Bock zum Gärtner gemacht“, kritisierte der Grünen-Europaabgeordnete Daniel Freund. „Ungarns Ratspräsidentschaft gehört aufgeschoben, mindestens bis Demokratie und Rechtsstaat in Ungarn wieder funktionieren.“

    Das EU-Parlament bezweifelte bereits im vergangenen Jahr in einer Resolution, dass der osteuropäische Staat in der Lage sei, „diese Aufgabe angesichts der Nichtachtung von Recht und Werten“ der Union „in glaubwürdiger Weise" zu erfüllen. In Budapest sorgte der Vorstoß der Abgeordneten für Spott und Häme. Es gebe „keine rechtliche Möglichkeit für die EU“, Ungarn an der Übernahme der Präsidentschaft zu hindern, hieß es damals. Doch Experten widersprechen. „Der EU-Rat kann die Präsidentschaften durch einen normalen Beschluss neu ordnen, gegen den Orbán kein Veto einlegen kann“, sagt Garvan Walshe vom European Policy Centre (EPC), einer Brüsseler Denkfabrik. Aber das Gremium habe, so scheine es, die Gelegenheit dazu verpasst.

    Die Bevölkerung Ungarns ist gespalten

    Dabei ziehen sogar viele von Orbáns Landsleuten die Ratspräsidentschaft in Zweifel. Laut einer Umfrage des Instituts für Motivforschung, die Europas Grüne in Ungarn in Auftrag gegeben haben und dieser Redaktion exklusiv vorliegt, findet sogar fast die Hälfte der Befragten (46,3 Prozent), dass ihr Land nicht diese einflussreiche Rolle übernehmen sollte. Von jenen 32,4 Prozent der Ungarn, die dagegen hinter dem Vorsitz stehen, hoffen mehr als 41 Prozent, dass das Land seine eigenen Interessen statt jene der EU vertreten möge. Gespalten zeigt sich die Bevölkerung derweil in Sachen Blockadepolitik. 37,4 Prozent der Studienteilnehmer sind der Meinung, Ungarn sollte weiterhin von seinem Vetorecht Gebrauch machen, 36,4 Prozent lehnen das ab. Walshe prognostiziert, dass das Orbán-Regime versuchen werde, „die Präsidentschaft auszunutzen, um die Aufmerksamkeit auf Themen wie Migration zu lenken, von denen es besessen“ sei.

    Wie viele seiner Parlamentskollegen blickt Freund deshalb sorgenvoll in die zweite Jahreshälfte. „In dieser Zeit fallen zentrale Zukunftsentscheidungen für die EU an: Topjobs, Arbeitsprogramm der Kommission, Ukraine-Hilfen und Russland-Sanktionen.“ All diese Entscheidungen könne Orbán sabotieren oder verzögern, befürchtet der Grüne. Die Mitgliedstaaten dürften sich angesichts dieser Gefahr nicht wegducken. Tatsächlich heißt es aber von Brüsseler Diplomaten, dass der Vorsitz Ungarns nicht infrage gestellt werde. Belgiens Premierminister Alexander De Croo, dessen Land aktuell die Führung innehat, teilt nach eigenen Angaben zwar die Besorgnis des Parlaments über die Rechtsstaatlichkeit in Ungarn, bezeichnete es aber unlängst als „absolut keine gute Idee“, dem Partner die Ratspräsidentschaft zu entziehen. Diese sei nicht nur ein Privileg, sondern auch eine Pflicht.

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