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Energiekrise: Scholz-Besuch zeigt die neue Macht der Scheichs

Energiekrise

Scholz-Besuch zeigt die neue Macht der Scheichs

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    Große Kulisse: Bundeskanzler Olaf Scholz im Gespräch mit dem Kronprinzen des Königreichs Saudi-Arabien, Mohammed bin Salman.
    Große Kulisse: Bundeskanzler Olaf Scholz im Gespräch mit dem Kronprinzen des Königreichs Saudi-Arabien, Mohammed bin Salman. Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Der Besuch von Olaf Scholz auf der Arabischen Halbinsel verdeutlicht eine grundlegende Kräfteverschiebung in der internationalen Politik. Der Kanzler bringt die Zusage mit nach Hause, dass seine Gastgeber noch in diesem Gas und Diesel liefern. Doch die Golf-Staaten, die jahrzehntelang als brave Verbündete des Westens agierten, setzen ihren Öl- und Gasreichtum für eigene Interessen ein – auch wenn das für Amerika und Europa unangenehm sein sollte.

    Durch die Folgen des Ukraine-Krieges sind die rohstoffreichen Länder noch mächtiger geworden – und werden es auch bleiben. Europa braucht eine Antwort auf den Aufstieg von Staaten wie Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) und Katar. Nach dem Zweiten Weltkrieg verankerten die USA und

    Der alte Deal mit dem Westen gilt schon lange nicht mehr

    Dann kündigten die USA ihre Seite des Deals auf – jedenfalls sahen die Araber das so. Für Amerika, das dank der umstrittenen Fracking-Methode im eigenen Land heute viel weniger Öl aus Nahost braucht als früher, ist die Region nicht mehr so wichtig. Die USA begannen deshalb mit dem Rückzug aus dem Nahen Osten. Präsident Barack Obama verunsicherte die arabischen Herrscher auch, indem er die Aufstände des Arabischen Frühlings lobte, den Giftgaseinsatz der syrischen Regierung gegen die Opposition unbestraft ließ und mit dem Iran, dem Erzfeind Saudi-Arabiens, einen Atomvertrag aushandelte.

    Den Arabern gilt der Westen heute als unzuverlässig und besserwisserisch, während China viel Öl kauft, ohne nach den Menschenrechten zu fragen. Die Enttäuschung über die USA, das nahende Ende des Ölzeitalters und der Generationswechsel in den Golf-Staaten – Saudi-Arabien, die VAE und Katar werden heute von Männern regiert, die Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg geboren wurden – führten zu einer Kursänderung.

    Die Golf-Staaten halten die Preise hoch und investieren in die Zukunft

    Die Golf-Staaten stecken Milliardensummen in neue Technologien wie die Energiegewinnung aus Wasserstoff und halten gleichzeitig die Ölpreise hoch. Sie kooperieren mit Russland und scheren sich nicht um die Bitte des Westens, mehr Öl auf den Markt zu bringen, um die Preise zu senken. Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman wurde zwar eine Zeit lang vom Westen geschnitten, weil er den Dissidenten Jamal Khashoggi ermorden ließ.

    Doch spätestens seit die USA und Europa wegen des Ukraine-Krieges dringend niedrigere Ölpreise brauchen, wird ihm wieder der rote Teppich ausgerollt. Staatsfonds vom Golf kaufen europäische Fußball-Spitzenklubs, finanzieren Formel-Eins-Rennen und organisieren ab November die erste Fußball-Weltmeisterschaft auf arabischem Boden in Katar.

    Wenn es ums Geld geht, vergisst Europa seine Werte

    Wenn es ums Geld geht, vergisst Europa seine eigenen Werte. Im Jahr 2002 gingen nur drei Prozent der deutschen Rüstungslieferungen an arabische Länder – bis zum Jahr 2019 hatte sich der Anteil auf 30 Prozent verzehnfacht. Nach dem Khashoggi-Mord stoppte Deutschland den Export eigener Waffen nach Saudi-Arabien; das gilt aber nicht für Gemeinschaftsprojekte mit Verbündeten. Andere EU-Mitglieder wie Frankreich liefern ohnehin weiter Waffen an Riad.

    Darauf hoffen, dass die Golf-Araber nach dem Ukraine-Krieg wieder an Bedeutung verlieren, sollten Deutschland und die anderen europäischen Staaten nicht. Die neue Herrscher-Generation am Golf wird die Region auf Jahrzehnte prägen. Je rascher Europa ein Konzept für den Umgang mit der Region entwickelt, desto besser.

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