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Foto: Ulrich Wagner (Archivbild)
Foto: Ulrich Wagner (Archivbild)

Bayerns Wirtschaftsminister plädiert dafür, drei Kernkraftwerke wieder in Betrieb zu nehmen, die längst abgeschaltet wurden – darunter auch das in Gundremmingen.

Energiekrise
26.07.2022

Aiwanger will Rückbau des Atomkraftwerks Gundremmingen stoppen

Von Michael Stifter, Uli Bachmeier

Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger will das schwäbische Kernkraftwerk Gundremmingen wieder in Betrieb nehmen. Ministerpräsident Söder plant bis 2024 mit der Atomkraft.

Während die Bundesregierung noch darüber diskutiert, die verbliebenen drei deutschen Atomkraftwerke länger am Netz zu lassen, um eine drohende Stromversorgungslücke im Winter zu verhindern, ist Hubert Aiwanger schon einen Schritt weiter. Bayerns Wirtschaftsminister plädiert dafür, auch drei Kernkraftwerke wieder in Betrieb zu nehmen, die längst abgeschaltet wurden – darunter auch das in Gundremmingen. Aiwanger will den Abbau der Anlage im Landkreis Günzburg sofort stoppen.

Das Atomkraftwerk Gundremmingen ging Ende 2021 vom Netz

„Wir brauchen jetzt schnellstmöglich eine positive Entscheidung der Bundesregierung zu Gundremmingen, um den Rückbau zu stoppen“, sagte der Freie-Wähler-Chef unserer Redaktion. Das Ende 2021 vom Netz genommene Kraftwerk sei nicht nur wichtig, um die Versorgungssicherheit mit Strom zu gewährleisten, sondern könne auch helfen, Gas zu sparen. Hintergrund: Trotz der stark reduzierten Gaslieferungen aus Russland wird noch immer ein Teil des Gases genutzt, um Strom zu erzeugen.

Aus Aiwangers Sicht ist die Rechnung einfach: „Isar 2 und Gundremmingen decken 25 Prozent der bayerischen Stromversorgung ab, darauf können wir nicht verzichten.“ Isar 2 in Niederbayern gehört zu den drei noch laufenden Kernkraftwerken, die eigentlich Ende des Jahres abgeschaltet werden sollen.

Aiwanger räumt ein: Es würde Monate dauern, Gundremmingen wieder hochzufahren

Etwas komplizierter dürfte die Rechnung in Wahrheit schon werden, denn es ist gar nicht so einfach, einen bereits im Rückbau befindliche Atommeiler wieder hochzufahren. „Ich gehe davon aus, dass es mindestens mehrere Monate bis ein halbes Jahr dauert, Gundremmingen wieder in Betrieb nehmen zu können. Wenn die Entscheidung nicht zeitnah fällt, länger“, räumte auch Aiwanger ein – und warf der Ampelkoalition in diesem Zusammenhang eine Verzögerungstaktik vor. „Der Bund hat in den letzten Monaten mit falschen Einschätzungen viel Zeit vergeudet. Vielleicht sogar absichtlich, um die Wiederinbetriebnahme zu erschweren. Bayern hat seit März auf eine Bewertung der Situation gedrängt, vier Monate wurden nicht korrekt genutzt“, sagte Aiwanger.

Bayern Ministerpräsident Markus Söder fordert seit Wochen gebetsmühlenartig, die drei letzten Atomkraftwerke länger am Netz zu lassen. Dass sein Wirtschaftsminister nun eine noch radikalere Abkehr vom Atomausstieg ins Spiel bringt, stört ihn nicht. „Mehr geht immer, aber das Minimum ist es, die drei zu verlängern – und jetzt nicht nur in irgendeinem komischen Streckbetrieb, der irgendwann nach drei, vier Monaten endet“, sagte Söder am Dienstag nach der Kabinettssitzung.

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Markus Söder will die Atomkraftwerke bis 2024 laufen lassen

Der CSU-Chef denkt ebenfalls schon über den nächsten Winter hinaus. „Wir brauchen jetzt endlich eine verlässliche Strategie, die länger, also für die Dauer des Konflikts, hält“, sagte Söder und berief sich auf den Chef der Bundesnetzagentur, Klaus Müller. „Herr Müller sagt, der übernächste Winter könnte noch schwieriger werden. Das heißt: Wenn zwei harte Winter vor uns stehen, dann machen wir es doch so, dass wir für die zwei harten Winter keine Probleme haben.“ Auf gut Deutsch: Die Atomkraftwerke sollen mindestens bis Frühjahr 2024 weiterlaufen.

Die Opposition im Landtag hält wenig von solchen Ideen. „Ich bin strikt dagegen, abgeschaltete Atomkraftwerke wieder hochzufahren. Gundremmingen muss stillgelegt bleiben. Ich will auf keinen Fall einen Wiedereinstieg in die Atomenergie“, sagte SPD-Fraktionschef Florian von Brunn unserer Redaktion.

Derzeit läuft ein weiterer Stresstest, der im Auftrag von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck ermitteln soll, wie stabil die deutsche Energieversorgung im Winter ist. Sollte dabei herauskommen, dass Bayern ein Blackout drohe, „müssen wir als letztes Mittel prüfen, ob das Kraftwerk Isar 2 begrenzte Zeit weiterlaufen soll“, sagte von Brunn.

Ähnlich hatte sich tags zuvor schon Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann geäußert. Beide betonten aber, es dürfe allenfalls um ein paar Monate gehen und nicht um einen dauerhaften Wiedereinstieg in die Kernenergie.

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