Herr Huber, Markus Söder und Friedrich Merz liefern sich gerade ein Fernduell um den härtesten Kurs in der Asylpolitik. Bald wollen die beiden sich friedlich einigen, wer Kanzlerkandidat wird. Merz scheint unbedingt zu wollen. Ist die Sache damit gelaufen
Martin Huber: Zunächst einmal ist es erfreulich, dass Markus Söder bundesweit derart hohe Zustimmungswerte hat. Das zeigt, dass die Deutschen seine Politik wollen.
Aber Söder ist nicht gerade der Typ für das olympische Motto „Dabei sein ist alles“, oder?
Huber: Es ist für einen CSU-Vorsitzenden natürlich schön, wenn er eine solche Strahlkraft hat, dass er für das Kanzleramt gehandelt wird. Wir wollen einen Politikwechsel im Bund. Alles weitere werden die Parteivorsitzenden gemeinsam besprechen.
Anders als im Duell mit Armin Laschet 2021 ist aber diesmal noch niemand aus der CDU aufgestanden, um sich für Söder auszusprechen. Und die Uhr tickt…
Huber: Wir haben eine andere Situation als damals. Heute herrscht zwischen den beiden Parteien inhaltlich große Übereinstimmung. Die Umfragen zeigen, dass Markus Söder auch in der CDU viel Zustimmung genießt.
Aktuell dominiert die Migrationspolitik das Geschehen. Die Union hat die Bundesregierung zur Kurskorrektur gezwungen. Das hätten Sie als Erfolg verkaufen können, stattdessen geht der Streit weiter. Eine verpasste Chance, das Thema abzuräumen und der AfD Wind aus den Segeln zu nehmen?
Huber: Das war keine Kurskorrektur, Grenzkontrollen alleine lösen das Thema nicht. Entscheidend sind die Zurückweisungen an den Grenzen. Ich finde es schon bemerkenswert, dass die Bundesinnenministerin nun überhaupt Grenzkontrollen anordnet, von denen es vor ein paar Wochen noch hieß, das gehe nicht. Das zeigt, ohne unseren Druck hätte sich die Ampel nicht bewegt.
Und trotzdem hat Fraktionschef Merz die Gespräche abgebrochen.
Huber: Weil die Pläne der Regierung nicht weit genug gehen. Wir brauchen keine Placebo-Maßnahmen. Wir müssen an den Grenzen konsequent zurückweisen, viel mehr abschieben und wir müssen auch nach außen hin ein Zeichen setzen, dass unser Land nicht so viele Menschen aufnehmen kann. Recht auf Asyl bedeutet nicht Recht auf Asyl in Deutschland. Es gibt kein Recht, sich als Flüchtling sein Zielland auszusuchen.
Zur Wahrheit gehört: Die Ampel ist bereit, mehr zu tun, als die frühere Bundesregierung unter Führung der Union mit einem Innenminister der CSU getan hat. Und das, obwohl damals die Flüchtlingszahlen viel höher waren.
Huber: Wenn es nach uns gegangen wäre, hätten wir damals viel schärfere Maßnahmen getroffen. Wir konnten wegen der SPD nicht alles durchsetzen, aber unsere Politik hat dazu geführt, dass die Zahlen deutlich gesunken sind. Die Ampel dagegen hat neue Anreize geschaffen, die dazu führen, dass jetzt wieder viel mehr Menschen kommen. Es braucht eine echte Kurskorrektur.
Sie wollen deshalb das Grundgesetz ändern. Wie soll das gehen?
Huber: Es muss klar werden, dass wir nur ein bestimmtes Kontingent aufnehmen können.
Da sind wir wieder bei der Obergrenze, die selbst Horst Seehofer nicht durchsetzen konnte.
Huber: Faktisch wurde sie eingehalten, die Zahlen sind damals stark gesunken.
Welche Zahl würden Sie denn hineinschreiben?
Huber: Entscheidend ist, dass es begrenzte Kapazitäten gibt. Die Integrationsgrenze liegt bei unter 100.000 Asylbewerbern. Wir wollen helfen, aber wir müssen auch darauf achten, was wir stemmen können. Sankt Martin hat dem Bettler ja auch nicht seinen ganzen Mantel gegeben, sondern er hat ihn geteilt. War er deswegen ein schlechter Christ? Nein, ganz im Gegenteil.
Sie wollen alle Migranten zurückweisen, die über ein sicheres Herkunftsland einreisen. Klingt bequem, da Deutschland von sicheren Herkunftsländern umgehen ist. Das heißt: Wenn jemand aus Österreich kommt, schickt Deutschland ihn zurück, Österreich hat aber schon angekündigt, niemanden zurückzunehmen und schickt die Leute dann zum Beispiel nach Italien zurück, wo sie in der EU angekommen waren.
Huber: Genau diesen Kaskadeneffekt müssen wir auslösen. Darum geht es. Es ist geltende Rechtslage, dass man an den EU-Außengrenzen registriert wird. So ist das in den Dublin-Regeln festgeschrieben. Das ist geltendes EU-Recht.
Dann sollen eben wieder Länder wie Italien oder Griechenland die Hauptlast tragen?
Huber: Es war immer klar und steht im Schengener Abkommen: Bedingung für offene Binnengrenzen ist der Schutz der EU-Außengrenzen. Diese sind aber nicht ausreichend geschützt, also müssen wir unsere eigenen Grenzen sichern. Und durch den EU-Asylpakt, den die Grünen abgelehnt haben, werden Grenzländer wie Italien und Griechenland entlastet.
Die CDU will die Migration nicht zum Wahlkampfthema machen, weil das vor allem der AfD helfen würde, die ja immer noch einen drauflegen könnte. Sieht die CSU das auch so?
Huber: Wir wollen das Problem jetzt lösen. Die Migration ist das Thema, das die Leute am meisten beschäftigt. 77 Prozent der Deutschen fordern laut Umfragen einen Kurswechsel in der Asylpolitik, deshalb ist es fatal von der Ampel, die Debatte darüber zu tabuisieren. Die Ampel hat sich nur aus zwei Gründen bewegt: erstens wegen des grausamen Attentats von Solingen. Zweitens, weil wir so viel Druck gemacht haben. Die Ampel hätte auch ohne die Union eine parlamentarische Mehrheit für Veränderungen. Aber die Grünen sind mit ihrer Blockadehaltung eine Gefahr für unsere innere Sicherheit.
Wir haben uns schon gefragt, wann Sie auf die Grünen kommen. Kein Tag, an dem nicht jemand aus der CSU betont, Schwarz-Grün sei ein No-Go. Mit wem wollen Sie regieren, sollte die Union die Bundestagswahl gewinnen? Und sagen Sie jetzt nicht, dass Sie nur für eine starke CSU kämpfen.
Huber: Doch, denn genau das tun wir. Unser Ziel ist, dass wir als Union so stark wie möglich sind und nur einen Koalitionspartner brauchen. Wohin Dreierbündnisse führen, die nicht zusammenpassen, erleben wir doch seit drei Jahren mit der Ampel.
Als Partner bliebe dann nur eine ziemlich ramponierte SPD?
Huber: Wenn die SPD so weitermacht, wird sie nach der Wahl zu einem personellen Neuanfang gezwungen sein. Und ich setze darauf, dass dann Leute ans Ruder kommen, mit denen wir vernünftig zusammenarbeiten können.
Als Wahlkampfstratege wären Sie wahrscheinlich froh, wenn Olaf Scholz bis zur Wahl durchhält. Oder fürchten Sie einen Kamala-Harris-Moment, wenn die SPD mit dem populären Boris Pistorius ins Rennen ginge?
Huber: Wenn ich an Kamala Harris denke, fällt mir viel ein, aber ganz bestimmt nicht Boris Pistorius.
Was machen Sie, wenn es nicht für Schwarz-Rot reicht, die FDP ausfällt und Sie mit Linken, BSW und AfD eine Zusammenarbeit ausgeschlossen haben? Dann bleiben doch nur die Grünen.
Huber: Wer den Politikwechsel will, muss die Union wählen. Schwarz-Grün ist mit uns nicht zu machen.
Aber Schwarz-Rot-Grün?
Huber: Die Grünen gehören nicht in die Regierung, sondern in die Opposition.
Zur Person: Martin Huber ist seit Mai 2022 Generalsekretär der CSU. Der 46-Jährige stammt aus Mühldorf am Inn und sitzt seit 2013 im bayerischen Landtag. Huber ist verheiratet und Vater einer Tochter.
Muss man der CSU wirklich sagen, dass es für die Migrationsfrage keine schnelle Lösung gibt? Oder weiß sie es vielleicht doch, wenn sie alle ihre Gehirnzellen ganz sorgfältig durchleuchtet? Schade, dass Herr Huber hier soviel Raum bekommt, um über etwas zu reden, was rechtlich sehr umstritten ist. Während er über die Strahlkraft Söders schwadroniert und es als Tatsache hinstellt, dass alle Deutschen Söders Politik wollen. Beides bleibt von Stifter leider ohne Widerspruch und Nachhaken. Nein, nicht alle Deutschen wollen Söder, es gibt noch Menschen in diesem Land, die wissen, was Menschenrechte sind und die erkennen, dass unqualifiziertes Herumdoktern am Grundgesetz fatal ist. Will die CSU die Zweidrittelmehrheit mit der AfD erreichen? Scheint fast so ... So viel Unwahres und Unzutreffendes – leider hakt Stifer zu wenig nach und Huber darf Zeug von gestern verbreiten oder Grundrechte in Frage stellen. Ich hoffe, es gibt noch ein paar anständige Bayern, die Huber nicht alles glauben.
Karl Brenner Frau Reichenauer, wie so oft teile ich Ihre Sichtweise wie hier zu Söder, auch wenn ich sogar als Sympathisant der Grünen für eine Reduktion der Einwanderungszahlen in die BRD bin. Es gibt meines Erachtens Vieles, was an der Handhabung der Einreise von Asylsuchenden in die BRD geändert werden muss. Das hat aber bei mir nichts mit dem Solingen-Anschlag zu tun, sondern grundlegend mit den derzeit gültigen Kriterien, die ausschlaggebend sind in der Frage, wer bleiben darf und wer nicht. Herr Huber ist mir aber in seinem Auftreten so unsymphatisch, dass ich diese Frage nicht in seine Hände legen würde.
Sehr guter Kommentar Frau Reichenauer. Es gibt noch viele Bürger in Bayern und Leute innerhalb der CSU, die mit der unnötigen Angstmacherei und Hetze gegen die Grünen von hochrangigen CSU-Politikern nicht einverstanden sind.
Natürlich können nicht alle zu uns kommen, weil es bei uns so schön ist. Aber mir geht es um ein Mindestmaß an Emphatie und auch Rechtsstaatlichkeit, denn es geht immerhin um Menschen. Abschieben ist momentan das Zauberwort. Dazu reißt man Familien auseinander, nimmt Menschen von der Arbeit weg oder bei einem Behördengang in Abschiebehaft und oft erschließt sich mir diese Logik nicht mehr: Ein Beispiel: eine Familie (z.B. eine usbekische) hat kein Asyl, aber Duldung, hat sich hier eine Existenz aufgebaut, sich ganz gut integriert, die Eltern haben Arbeit, die Kinder gehen zur Schule, alle haben vernünftig Deutsch gelernt – und dann kommt der Bescheid zur Abschiebung. Gleichzeitig wirbt man in Usbekistan um Arbeitskräfte, für die alles von vorne beginnt. Ist das logisch? Ist das wirtschaftlich? Die Gefahr von rechts drückt, aber muss man als C-Partei noch eine tiefere Kerbe schlagen? Mit falschen Behauptungen und Aushebelung der Grundrechte? Nein. Da bin ich dagegen.
@ Frau Reichenauer: Ich bin soo dankbar für Ihre treffenden und kompetenten Kommentare. Bei all dem unterirdischen Geschwurbel (leider auch hier in der AZ) eine echte Bereicherung!
Skurrile Aussagen von CSU-Generalsekretär Martin Huber ist man schon gewohnt. Alleine anhand der Antworten von Huber kann jeder sehen wie kleinkariert, unsozial, unchristlich und unrechtmäßig ein Teil der CSU-Politiker agiert. Geht es nur darum den Leuten Angst ein zu jagen oder will man sogar eine AfD noch rechts außen überholen. Ob bei dem Treiben tatsächlich alle CSU Politiker dahinter stehen ist fraglich. Es könnte durchaus demnächst ein herber Schlag gegen eine CSU und deren Vorsprecher MP Söder geben wenn er sich weiterhin erfolglos als Kanzlerkandidat aufdrängt. Gerade seine angebliche Beliebtheit wird ihm zum Verhängnis werden. Es wird keinen billigen Strom von AKW's in Bayern geben, die Klimapolitik der CSU wird sich grundlegend ändern und die Anzahl der Asylbewerber könnte sich wegen weltweiten Machtkämpfen und Klimawandel erhöhen. Ein moderner Menschenhandel innerhalb der EU wird die Folge sein. Kein deutscher Polizist wird deswegen seine Waffe einsetzen.
Markus Söder hat eher die Strahlkraft von radioaktivem Müll. Fast genauso gefährlich, aber gottseidank nicht so lang anhaltend.
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