Wenn Monika Hohlmeier an den Moment zurückdenkt, in dem gar nichts mehr ging, verschwimmen die Bilder und Erinnerungen. "Ich habe meine Termine am Ende offenbar im Autopiloten-Modus durchgezogen und erst im Krankenhaus realisiert, wie schlecht es um mich stand", sagt die CSU-Europaabgeordnete im Gespräch mit unserer Redaktion und fügt nach einer kurzen Pause hinzu: "Das hätte auch ganz anders ausgehen können." Knapp zwei Monate ist das her. Die Tochter von Franz Josef Strauß schwebte damals in Lebensgefahr, ohne es zu ahnen. Ein schwerer Autoimmunschub, der Stoffwechsel spielte verrückt, es drohte ein Zuckerschock.
Monika Hohlmeier: "Es war wirklich sehr ernst"
"Meine Ärztin hat mir gesagt: Du gehst jetzt nirgendwo mehr hin, außer in die Notaufnahme. Es war wirklich sehr ernst in diesem Moment", erzählt Hohlmeier. Schon Wochen zuvor hatte sie gespürt, dass etwas nicht stimmt, hatte sich "unendlich erschöpft" gefühlt, starke Schmerzen gehabt und irgendwann auch schlecht gesehen. Doch sie zog ihr Programm weiter durch, wollte sich keine Schwäche eingestehen.
Erst als sie in einer Münchner Klinik liegt, beginnen sich die Gedanken im Kreis zu drehen. "Mein Körper hat mir schonungslos die Grenzen der eigenen Belastbarkeit aufgezeigt, das hat mich ganz schön verunsichert in den ersten Tagen im Krankenhaus", erinnert sich Hohlmeier. Am Ende sind es ihre Tochter und ihr Sohn, die ihr die Augen öffnen und sie zur Vernunft bringen.
"Mami, wir lieben Dich und wir brauchen Dich"
"Als Erstes habe ich meinem Herrgott gedankt und als Zweites habe ich die Mahnung meiner Kinder ernst genommen, die gesagt haben: Mami, wir lieben Dich und wir brauchen Dich –- hör sofort auf, Dich selber umzubringen", erzählt die 61-Jährige. Sie legt eine Vollbremsung hin, sagt alle Termine ab, zieht vorübergehend ins Haus ihres Sohnes, lässt den Europawahlkampf sausen.
Nach zahlreichen Untersuchungen wird klar, was zu ihrem Kollaps geführt hatte. Infolge einer Autoimmunreaktion spielte die Bauchspeicheldrüse verrückt. Die Folge: extrem hohe Blutzuckerwerte. Schließlich wird der seltene Diabetes-Typ-1 diagnostiziert. Schon ein Stück Torte hätte sie damals in akute Lebensgefahr bringen können. Denn Hohlmeier ahnte ja nichts von der Bedrohung. Noch ein paar Monate zuvor hatte eine Untersuchung "brillante Zuckerwerte" ergeben.
Nun muss sie ihre Ernährung radikal umstellen, mehrfach am Tag Insulin spritzen und ständig den Blutzuckerspiegel kontrollieren. "In solchen Momenten merkt man, dass Politik und Arbeit nicht das Wichtigste sind", sagt Hohlmeier, die als Tochter der CSU-Ikone Franz Josef Strauß schon in frühester Kindheit erlebt hat, wie sich das ganze Leben um Politik drehte.
Nachdem ihre Mutter Marianne 1984 bei einem Autounfall ums Leben gekommen war, stand sie ihrem Vater, damals Ministerpräsident, zur Seite. Sie begleitete ihn auch zu offiziellen Terminen und schlug anders als ihre beide Brüder selbst den Weg in die Politik ein, brachte es bis zu Kultusministerin in Bayern. Doch ein Skandal in der Münchner CSU, deren Chefin sie war, bremste die Karriere aus.
Nur langsam kommt Hohlmeier wieder auf die Beine
Loslassen konnte sie trotzdem nicht von der Politik. Hohlmeier zog nach Oberfranken, wurde 2009 Abgeordnete des Europaparlaments, für das sie am Sonntag erneut kandidiert. "Es ist eine lehrreiche Erkenntnis, zu sehen, dass sich die Welt auch ohne einen weiterdreht", sagt sie. Die erzwungene Auszeit zeigt Wirkung. "Es geht inzwischen deutlich aufwärts, ich kann immerhin wieder ein bisschen am Schreibtisch arbeiten, Briefe und Mails beantworten." Hohlmeier darf auch wieder selbst Auto fahren. Den Wahlabend will sie "für ein, zwei Stunden" in der CSU-Landesleitung in München verfolgen. Ganz ohne Politik hält sie es dann doch nicht aus.