Noch-Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und Lothar Wieler, Chef des Robert Koch-Instituts, haben am Freitag über die aktuelle Pandemielage informiert. Die ist immer noch sehr ernst. Umso wichtiger, das betonen Wieler und Spahn immer wieder, sei es daher, sich impfen zu lassen und Kontakte einzuschänken.
Die Lage auf den Intensivstationen bleibt weiterhin sehr ernst
Bei der Pressekonferenz am Freitag griff Spahn den Begriff einer "Pandemie der Ungeimpften" auf. Zwar könnten sich auch Geimpfte anstecken und das Coronavirus weitergeben, doch seien die Inzidenzen bei den Ungeimpften deutlich höher. Auch auf den Intensivstationen gebe es mehr Ungeimpfte. Spahn machte klar: "Wären alle erwachsenen Deutschen geimpft, wären wir nicht in dieser Lage."
Und diese Lage ist nach wie vor ernst. Laut Spahn ist aktuell über ein Prozent der Deutschen mit dem Coronavirus infiziert. Man erwarte in den nächsten Wochen weiterhin mehr als 5000 Coronakranke auf den Intensivstationen. "Die Lage auf den Intensivstationen wird - wenn die Maßnahmen greifen - rund um Weihnachten ihren traurigen Höhepunkt erreichen."
RKI-Chef Lothar Wieler rechnet damit, dass die Wirkung der Maßnahmen bei konsequenter Umsetzung in etwa zwei Wochen sichtbar würde. Dabei warnte der RKI-Chef: "Wenn die Zahlen wieder runtergehen und die Maßnahmen gelockert werden, werden die Zahlen wieder steigen." Man müsse dafür sorgen, dass die Inzidenzen auf Dauer sinken würden. Denn bei hohen Inzidenzen könne man Menschen schlechter schützen.
Spahn: Impfkampagne hat enorm an Fahrt aufgenommen
Die Impfkampagne gewinnt laut Spahn wieder "enorm an Fahrt". Das erste Mal seit Juli gebe es wieder über eine Million Impfungen an einem Tag. Über zwölf Millionen Menschen hätten bereits ihre Auffrischungsimpfung erhalten. Jede dritte Person über 60 habe bereits eine Booster-Impfung bekommen.
Spahn betonte bei der Konferenz in Berlin: "Boosterimpfstoff ist genug vorhanden." Das Erreichen der gesteckten Impfziele scheitere nicht am Impfstoff. "Es ist für die Ziele der nächsten vier Wochen genug Impfstoff vorhanden." Trotz und wegen der neuen Variante sei Impfen das beste Mittel gegen die Pandemie.
Zahlen könnten niedriger sein, weil die Fälle nicht mehr alle erfasst werden können
RKI-Chef Wieler zeichnete bei der Pressekonferenz ein düsteres Bild von der aktuellen Situation: "Die Fallzahlen sind nach wie vor viel zu hoch". In manchen Bundesländern sehe man an sinkenden Fallzahlen die Wirkung der Maßnahmen. In anderen Bundesländern könnten die Zahlen auch daher kommen, dass die Kapazitäten erschöpft seien und Labore und Gesundheitsämter nicht mehr hinterherkämen. Es sei zu früh, um einen Trend festzumachen oder gar auf schärfere Maßnahmen zu verzichten.
Zur Untererfassung der Fälle sagte Jens Spahn, dass schon seit Beginn der Pandemie nicht alle Fälle erfasst würden, weil manche Infektionen nicht erkannt würden. Jetzt seien Labore bei PCR-Tests am Limit, weil Personal knapp sei und es einen sehr hohen Teil an positiven Tests gebe. Dies deute auf eine Untererfassung hin. Auch bei den Gesundheitsämtern sprach Spahn Probleme an: Besonders in Städten und Kreisen mit sehr hohem Infektionsgeschehen könnten nicht alle Meldungen tagesaktuell erfasst werden. Erst wenn Entlastung eintrete, kämen Nachmeldungen hinzu.
Selbst mithilfe der Bundeswehr und mehr Personal in den Gesundheitsämtern sei die Lage bei Inzidenzen über 1000 kaum mehr zu bewältigen. Dann würden bei der Kontaktnachverfolgung vor allem vulnerable Personen und größere Veranstaltungen berücksichtigt werden.
Wieler: Omikron-Variante könnte noch ansteckender sein
Auch zur neuen Corona-Variante äußerte sich der RKI-Chef. Die neue Variante Omikron sei in Deutschland angekommen, sagte Wieler. "Omikron könnte noch ansteckender sein und auch Geimpfte und Genesene leichter infizieren." Das passiere in einer Zeit, in der das Gesundheitssystem schon stark belastet sei. Daher sei es sehr wichtig, die Maßnahmen umzusetzen und Kontakte zu reduzieren.