i
Foto: Chris Emil Janssen, Imago Images
Foto: Chris Emil Janssen, Imago Images

Verteidigungsminister Boris Pistorius macht seinen Job nach Ansicht vieler Beobachter gut.

Bundeswehr
27.02.2023

So schlägt sich der neue Verteidigungsminister Boris Pistorius

Von Stefan Lange

Boris Pistorius ist seit wenigen Wochen im Amt. Sogar die Opposition lobt den neuen Chef im Bendlerblock. Der hängt sich mächtig rein und könnte so beliebt werden wie einst Peter Struck.

Es ist jetzt gut zwei Wochen her, da hätte sich Boris Pistorius fast in die Galerie der peinlichsten Bundespolitiker eingereiht. Der Verteidigungsminister war in Polen zu Besuch und erklärte sich bereit, die Fragen eines US-Kamerateams auf Englisch zu beantworten. Der SPD-Politiker berichtete, dass der Umfang der Panzerlieferung für die Ukraine noch nicht feststehe. Es gehe dabei auch um die Wartung der Maschinen, sagte Pistorius und benutzte dafür richtigerweise das Wort "maintenance". Anschließend wollte er noch den Aspekt der Panzerreparaturen ansprechen. "Reparations", sagte der Minister, korrigierte sich aber sofort selbst: "Nee, reparations sagt man nicht, wie sagt man?", rief er einem Mitarbeiter zu, der ihm aushelfen konnte. Das Problem: "Reparations" sind Reparationszahlungen wie die 1,3 Billionen Euro Entschädigung, die Polen seit Jahren als Wiedergutmachung von Deutschland verlangt.

Viele andere Spitzenpolitiker und Spitzenpolitikerinnen hätten in dieser Situation alles andere getan, als auf offener Bühne Schwächen bei den Englischkenntnissen zuzugeben. Nicht aber Pistorius, die Anekdote sagt viel aus über den Mann, der seit dem 19. Januar deutscher Verteidigungsminister ist. Erdverbundenheit und Fleiß haben dazu geführt, dass der 62-Jährige so schnell Fuß gefasst hat, wie schon lange kein Minister vor ihm. 

Opposition lobt Boris Pistorius

Bereits einen Tag nach seiner Vereidigung musste er am Treffen der westlichen Verbündeten in Ramstein teilnehmen und machte seine Sache dort dem Vernehmen nach sehr gut. Erst am Montag davor hatte Bundeskanzler Olaf Scholz ihn angerufen und gebeten, die Nachfolge der glücklosen Christine Lambrecht anzutreten. Pistorius, bis dahin Landesinnenminister in Niedersachsen, sagte zu und machte sich sofort auf den Weg nach Berlin. Aus Regierungskreisen heißt es, Pistorius habe die sofort wichtigsten Akten studiert und noch am Dienstag eine große Zahl relevanter Akteure in der Verteidigungspolitik persönlich besucht. 

i
Foto: Carsten Hoffmann, dpa
Foto: Carsten Hoffmann, dpa

Verteidigungsminister Boris Pistorius (rechts) bei seiner Ankunft in der Panzertruppenschule im niedersächsischen Munster am Schützenpanzer Marder. Die Truppe mag ihn - und umgekehrt gilt das auch.

Sein Vorgehen beeindruckt sogar die Opposition. "Verteidigungsminister Pistorius hat bislang viele richtige Aussagen getroffen und korrekt analysiert, was nötig ist, um die vom Kanzler angekündigte Zeitenwende wirklich umzusetzen", sagte der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter. Gleichzeitig kritisierte er, Pistorius habe bislang nur ansatzweise zeigen können, dass er sich vom Kanzleramt abhebe. 

Boris Pistorius muss Aufrüstung hinbekommen

Pistorius muss hohen Ansprüchen genügen. Nach drei Jahrzehnten der Abrüstung dreht sich die Spirale in die andere Richtung. Die deutsche Armee soll für die Landes- und Bündnisverteidigung aufgerüstet werden. Dafür braucht sie Waffen und Militärtechnik, die schwer zu besorgen sind. Das Beschaffungswesen der Truppe ist eine Dauerbaustelle, Lambrecht und alle vor ihr bissen sich daran die Zähne aus. Gleichzeitig muss Pistorius schweres Gerät für die Ukraine besorgen. Mit Mühe und Not bekam er 18 Kampfpanzer Leopard 2 A6 zusammen, die mit Panzern aus Portugal und Schweden ein gemischtes ukrainisches Bataillon mit insgesamt 31 Kettenfahrzeugen stellen. Die Lieferung reißt nicht nur Lücken in den eigenen Beständen, sie reicht auch nicht: Der Westen hat der Ukraine zwei Bataillone versprochen.

Lesen Sie dazu auch

Pistorius verbringt deshalb viel Zeit, um mit der Rüstungsindustrie über Nachschub zu verhandeln. Parallel hat er alle Truppenteile mindestens ein Mal besucht und kümmert sich darüber hinaus um die anderen Bundeswehr-Baustellen: Die Truppe fiel in der Vergangenheit beispielsweise durch rechtsextremistische Vorfälle im Kommando Spezialkräfte (KSK) auf. Nach dem Debakel in Afghanistan muss Pistorius die Frage beantworten, ob es in Zukunft noch Auslandseinsätze geben soll. Sogar über eine neue Wehrpflicht wird debattiert.

Wird Boris Pistorius so gut wie einst Peter Struck?

In den Augen von Olaf Scholz hat sein neuer Minister das Zeug, die anstehenden Aufgaben zu bewältigen und sich dabei nicht unbeliebt zu machen. "Ich bin überzeugt, dass das jemand ist, der mit der Truppe kann, und den die Soldatinnen und Soldaten sehr mögen werden", sagte der Kanzler, der offenbar den richtigen Riecher hatte. Pistorius hat "Stallgeruch", er kennt die Bundeswehr aus eigenem Erleben, leistete seinen Wehrdienst in der Steuben-Kaserne in Achim bei Bremen ab. Bei seinen zahlreichen öffentlichen Auftritten mit der Truppe zeigt sich, dass er die Bundeswehr tatsächlich mag, während viele vor ihm mit ihr fremdelten

Noch ist er nicht besonders lange im Amt, doch der Niedersachse schickt sich an, in die Fußstapfen von Peter Struck zu treten. Der inzwischen verstorbene SPD-Politiker war von 2002 bis 2005 Chef im Bendlerblock und gilt vielen in der Truppe immer noch als der beste oberste Vorgesetzte überhaupt.

Facebook Whatsapp Twitter Mail