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Bundeswehr: Pistorius forciert die Debatte um die Wehrpflicht

Bundeswehr

Pistorius forciert die Debatte um die Wehrpflicht

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    Denkt laut über die Wiedereinführung der Wehrpflicht nach: Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) bringt ein schwedisches Modell zum Dienst an der Waffe ins Spiel.
    Denkt laut über die Wiedereinführung der Wehrpflicht nach: Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) bringt ein schwedisches Modell zum Dienst an der Waffe ins Spiel. Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Die Wehrpflicht war politisch eigentlich schon mausetot. Das bedeutet nicht, dass es nicht Sicherheitspolitiker, Experten oder Soldaten gab, die deren Aussetzung 2011 schon immer für falsch hielten. Doch diese Stimmen wurden kaum gehört – bis Russland seinen Großangriff auf die Ukraine begann. Seit der Krieg Europa und die Welt in Atem hält, wachsen die Zweifel, ob es sich die deutschen Streitkräfte leisten können, auf die verpflichtende Variante der Personalplanung zu verzichten. Seit dem Wochenende denkt auch der Verteidigungsminister Boris Pistorius offen und offiziell laut über ein Comeback der Wehrpflicht nach. 

    Der SPD-Politiker lässt angesichts des Mangels an Soldaten und Soldatinnen Modelle einer Dienstpflicht prüfen und nimmt dabei auch das schwedische Wehrpflichtmodell in den Blick. "Dort werden alle jungen Frauen und Männer gemustert, und nur ein ausgewählter Teil von ihnen leistet am Ende den Grundwehrdienst. Ob so etwas auch bei uns denkbar wäre, ist Teil dieser Überlegungen", sagte Pistorius der Welt am Sonntag. Er prüfe alle Optionen. "Aber jedes Modell, egal welches, braucht auch politische Mehrheiten." Genau an diesem Punkt wird es schwierig. 

    Karl-Theodor zu Guttenberg trieb die Aussetzung der Wehrpflicht voran

    Wie eng die Personaldecke ist, zeigt sich nicht zuletzt an den Schwierigkeiten, eine gesamte Brigade zum Schutz der Nato-Ostflanke aufzustellen. Im Jahr 2027 sollen 4000 deutsche Soldaten, ausgerüstet mit den modernsten verfügbaren Waffensystemen, in Litauen stationiert werden. Diesen Zeitplan erläuterte Pistorius am Montag zusammen mit seinem litauischen Amtskollegen Arvydas Anusauskas in Vilnius. Ein sehr herausforderndes Projekt. 

    Die Pflicht zum Wehrdienst war in Deutschland 2011 nach 55 Jahren ausgesetzt worden. Ausgerechnet ein CSU-Politiker zog damals die Fäden. Der damalige Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg schien das Ende des verpflichtenden Dienstes an der Waffe auf absehbarer Zeit abserviert zu haben. Pistorius hatte das kurz nach seinem Amtsantritt als Fehler bezeichnet, den man aber nicht im Handumdrehen korrigieren könne. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte einer Debatte über eine Rückkehr zur Wehrpflicht im Februar eine Absage erteilt. 

    Die deutsche Bevölkerung scheint nicht abgeneigt. Im März 2023 sprachen sich bei einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Ipsos gut 61 Prozent der Befragten für die Wiedereinführung der Dienstpflicht aus. Allerdings anders, als es Generationen von jungen Männern kennengelernt haben. 43 Prozent der Befragten fanden, dass eine künftige Wehrpflicht für alle Geschlechter gelten sollte, lediglich 18 Prozent würden eine Wiedereinführung nur für Männer bevorzugen.

    Der Koalitionsvertrag bietet keine klaren Handlungsanweisungen

    Im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP heißt es: "Die Bundeswehr muss demografiefest und langfristig auch mit Blick auf die Altersstruktur ausbalanciert sein." Pistorius: "Wir haben eine Task Force Personal eingerichtet im August. Ich habe jetzt das erste Extrakt der Arbeit gesehen, es geht um 65 sehr konkrete Vorschläge für Anwerbung, Rekrutierung, Ausbildung und Einstiegsvoraussetzungen." Mit der Umsetzung werde man Anfang des Jahres starten, sagte der Minister. 

    Schweden hatte die Wehrpflicht 2010 ausgesetzt. Vor dem Hintergrund einer verschlechterten Sicherheitslage kehrte das Land 2018 zur Wehrpflicht zurück. Nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine im Februar 2022 entschloss sich Schweden gemeinsam mit Finnland, die Aufnahme in die Nato zu beantragen.

    Aus der FDP kommt Widerstand

    Vom liberalen Koalitionspartner erntete Pistorius erwartbaren Widerspruch. Der verteidigungspolitische Sprecher der FDP im Bundestag, Alexander Müller, warnte, die Wiedereinführung der Wehrpflicht wäre ein "enormer Eingriff in die Freiheitsrechte, der nicht im Verhältnis zur Bedrohung Deutschlands steht". Für eine Grundgesetzänderung fehle die politische Mehrheit. Zuvor hatte sich bereits die streitbare Chefin des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), klar gegen eine Neuauflage der Wehrpflicht positioniert. 

    Vorschläge, junge Menschen zum Dienst an der Gesellschaft heranzuziehen, gibt es eine ganze Reihe, schließlich war mit dem Aus der Wehrpflicht auch die Alternative weggefallen, Zivildienst zu leisten. Auf ihn folgte der Bundesfreiwilligendienst. Die CDU setzt im Entwurf ihres neuen Grundsatzprogramms auf ein "Gesellschaftsjahr". "Durch ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr würde auch die Bundeswehr einen Attraktivitätsschub bekommen", sagte CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann den Zeitungen der Funke Mediengruppe. (mit dpa)

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